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Freitag, 2. März 2012

(32) Shit happens and more...




„Morgen“.

„Morgen, Bro“. Jazz und Alice sahen sich kurz an und begannen zu kichern. Ich runzelte die Stirn, war allerdings zu müde, um auch nur irgendwie auf diesen Scheiß zu reagieren. Verdammt, nicht einmal die Dusche hatte es heute geschafft, mich munter zu kriegen. Träge schlenderte ich zur Kaffeemaschine und goss mir mein Lieblingsgetränk ein. Naja, zumindest das der antialkoholischen Front.

Ich lehnte mich gegen den Kühlschrank, schloss meine Augen, führte die Tasse zu meiner Nase und inhalierte tief diesen wundervollen Geruch. „Mmmmh...“, schnurrte ich selig vor mich hin und überlegte tatsächlich, mich noch eine Runde ins Bettchen zu schmeißen, doch meine Süße würde mir dafür kräftig in den Hintern treten.

Es war gerade mal kurz nach acht. An einem Samstag. Verflucht noch mal, normalerweise drehe ich mich um diese Zeit gerade das erste Mal um. Wenn überhaupt. Aber gegen meinen weiblichen Vier-Sterne-General hatte ich wohl keine Chance. Möglicherweise war es auch ein schwerer Fehler, Bella davon zu erzählen, dass Mom nie lange schläft, denn kaum hatte sich das erste Mal meine linke kleine Zehe bewegt, sprang meine Süße hochmotiviert auf, hüpfte wie eine Irre im Bett herum und meinte, ich müsste SOFORT Esme anrufen.

„Willst du dich nicht setzen, bevor du im Stehen einschläfst?“, gluckste Alice. Scheiß Frühaufsteher. (Beta-A/N:  Falsch: Scheiß Alice) Träge klappten meine Lider nach oben, und langsam wanderte mein Kopf in ihre Richtung. Die kleine, schwarzhaarige Hexe grinste mich an, beugte sich zu Jaspers Ohr, flüsterte etwas hinein, und dann begannen beide wieder zu kichern.

„Wer flüstert, der lügt“, maulte ich zu den beiden, stieß mich lustlos vom Kühlschrank ab und ließ mich seufzend auf den Stuhl fallen, der mir am nächsten war. Gott, war ich paniert.

„Hör mal, Bro“, begann Jasper mit einem fetten Grinsen im Gesicht, „wenn dich diese nächtliche Fickerei so fertig macht, solltest du es vielleicht bleiben lassen. Bist eben auch nicht mehr der Jüngste“. Alice begann lauthals zu lachen und hob ihre flache Hand. Mein verräterisches Bruderherz stieg natürlich sofort darauf ein, klatschte ab und das High Five war  perfekt.

Fuck, ich hatte nun wirklich keinen Bock auf so ein schlüpfriges Gespräch, doch so ganz konnte ich diesen Scheiß auch nicht auf mir sitzen lassen. „Wenn du es nicht bringst, kann ich auch nichts dafür“, konterte ich also und schüttelte heftig meinen Kopf, sodass mein nach wie vor ziemlich nasses Haar wie irre durch die Gegend spritzte. Nun war es an mir, breit zu grinsen, und überrascht stellte ich fest, dass ich nun munter war.

„Man, hör auf, du Idiot“, fauchte Alice, sprang hoch und flüchtete zur Tür. Jazz lachte sich schlapp und winkte seine Süße wieder zu sich, kaum, dass ich mit dem Schütteln fertig war.

„Und außerdem...“, zischte Alice, setzte sich auf Jaspers Schoß und zeigte angepisst mit dem Zeigefinger auf mich, „...du hast doch keine Ahnung, wovon du sprichst!“ (Beta-A/N:  Aber du, oder was? Mit dir ist er doch bloß zusammen, weil er Angst hat, dass du ihn sonst wegen irgendetwas verklagst.) Sie unterbrach kurz, um Jazz ein laszives Grinsen zu schenken und fuhr fort. „Gewöhnt euch einfach an, im Bett zu vögeln. Die Geräuschkulisse, die ihr jedes Mal im Bad verursacht, ist kaum zu ertragen“, fauchte sie weiter, verdrehte die Augen und sank demonstrativ laut seufzend gegen Jaspers Brust. Der wiederum grinste über das ganze Gesicht, und seine Augen funkelten, als würden ihnen jeden Moment tausende von Lachtränen entweichen.

Woah, nun war es aber genug. „Bro, du weißt, dass ich dich sehr liebe und schätze, und bitte versteh das jetzt nicht falsch, aber bevor du zu mir gezogen bist – was ich so nebenbei noch keine einzige Sekunde bereut habe - , war das MEIN Appartement. Also, entweder deine Hexe gewöhnt sich an  unsere Geräusche, oder...“

„Guten Morgen, meine Lieben“, tänzelte meine Süße fucking gut gelaunt zur Tür herein und unterbrach unser angespanntes Gespräch.

...oder was? Hatte ich wirklich gerade vor, meinen eigenen Bruder vor die Tür zu setzen? Ich würde das wirklich sehr ungern tun, aber Alices konstante Stänkerei ging mir auch schon mächtig auf den Sack. Vielleicht war das Appartement ja wirklich zu klein für uns Vier.

„Hey, Baby“, sagte Bella nun zu mir, senkte ihren Kopf über meine rechte Schulter und drückte mir einen Kuss auf den Mund. „Hast du dein Handy schon bei der Hand?“

„Stress mich nicht“, war alles, was ich mehr geknurrt als gesprochen über die Lippen bekam. Plötzlich ging mir alles und jeder auf die Nüsse, also hielt ich es für besser, den Raum zu verlassen. Ich stand auf, knallte meine Tasse lautstark in Spüle, drehte mich um und ging ohne weiteren Kommentar in mein Zimmer zurück. Dort angekommen griff ich nach meinen Lucky Strike, öffnete die Terrassentür, trat an die kühle Morgenluft und rauchte mir eine an.

Bella folgte mir nicht, und ich wusste auch, warum. Jazz hatte ihr sicher geraten, mir ein paar Minuten zu geben, damit ich mich wieder beruhigen könnte, ganz bestimmt. Scheiße verdammte, ich war gerade drauf und dran, meinen Bruder aus dem Appartement zu schmeißen, aber ich liebte ihn doch. Auch Alice war mir sehr ans Herz gewachsen, und ich mochte sie wirklich sehr. Ich war auch derjenige, der ihr nahegelegt hatte, ihr Appartement zum Verkauf anzubieten und zu uns zu ziehen. Dennoch sah ich nicht ein, warum Bella und ich uns beim Sex zurückhalten sollten. Ich liebte es, wenn sie meinen Namen schrie und Geräusche machte, die mir beinahe die Sinne raubten. Und ja, ich liebte es auch, sie im Bad zu nehmen, verdammt, einfach dort, wo immer wir es wollten. Eher würde die Hölle zufrieren, bevor ich mein Mädchen bat, beim Vögeln leise zu sein. Ende der Debatte!

Wenn es sich also wirklich nicht vermeiden lassen würde, müssten Jazz und Alice ausziehen, so leid es mir auch tat.

Mit einem tiefen Seufzen stieß ich den blaugrauen Rauch in die Luft und sah der kleinen Wolke hinterher, bis sie nicht mehr zu sehen war. „Fuck“, fluchte ich gegen den wolkenverhangenen Himmel, trat angepisst gegen das Geländer, zog an meiner Zigarette und stieß den Qualm wieder aus.

„Hey, Edward, was ist denn plötzlich los mit dir? Ich hab mit Alice gesprochen, sie hat es doch nicht so gemeint“. Bella stand hinter mir und wickelte die Arme um meinen Bauch. Lang hatte sie es wohl nicht ausgehalten, mich in Ruhe zu lassen...

Ein kleines Schmunzeln huschte über meine Lippen, als ich mich in ihrer Umarmung drehte und zärtlich auf sie nieder lächelte. „Schon gut, so schlimm ist es nicht. Aber weißt du...“, ich schnippte meine Kippe in die Botanik, legte meine Hände auf ihren geilen, kleinen Arsch und zog sie eng an mich, „...ich will zur Hölle nicht, dass sich auch nur die kleinste Kleinigkeit an unseren Sexgewohnheiten ändert. Und wenn Alice das nicht passt, dann sind wohl Zwei zu viel in diesem Appartement, tut mir leid. Du weißt, dass ich meinen Bruder sehr liebe, aber ich werde es nicht zulassen, dass du...“.

„Shhhh, das musst du nicht“, unterbrach sie mich, stellte sich auf ihre Zehenspitzen und hauchte mir einen Kuss auf den Mund. „Jazz wird zu Alice ziehen. Sie hat ihre Wohnung zwar schon zum Verkauf angeboten, aber sie meint, dass sie das jederzeit rückgängig machen kann, und das wird sie auch“.

„Fuck, jetzt hab ich meinen eigenen Bruder aus dem Appartement vertrieben, nur weil ich es liebe, dich beim Sex zum Schreien zu bringen. Ganz toll“, sagte ich seufzend und legte meinen Kopf auf Bellas Schulter.

„So darfst du das nicht sehen“, beruhigte sie mich. „Vielleicht ist es ganz gut, wenn jeder von uns seine Privatsphäre hat. Auf Dauer wäre das ohnehin nicht gut gegangen. Überleg mal, was ist, wenn Babys kommen, dann brauchen wir den Platz“.

Woah, Moment mal … Babys??

„Du ...“, mein Kopf schoss hoch, und ich starrte sie an. „Du willst ein Kind? Von mir? Ist das dein Ernst?“. Fuck, darüber hatte ich mir ja noch gar keine Gedanken gemacht.

„Ja klar, warum denn nicht?“. Leicht verwirrt sah sie mich einen Augenblick an, senkte den Kopf und seufzte gegen meine Brust. „Die biologische Uhr tickt, und ich liebe dich. Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen, als ein Baby von dir zu bekommen. Aber wenn du nicht willst, ich meine, wenn es dir…“.

„Nein, Bella, nein“, unterbrach ich sie sofort. Mit Tränen der Enttäuschung in den Augen hob sie langsam ihren Kopf und schaute mich traurig an. Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und lächelte. „Natürlich möchte ich ein Baby. Von dir. Es ist nur … ich hab bis jetzt noch nicht darüber nachgedacht. Mein Leben war – wie du sicher wissen wirst“, ich legte ein kurzes, aber ziemlich freches Grinsen ein, „ziemlich chaotisch in den letzten Wochen. Welchen Grund hätte ich also gehabt, darüber nachzudenken, Daddy zu werden? Aber zugegeben – dieser Gedanke ist mehr als schön, und du weißt, wie sehr ich dich liebe. Also ja – lass uns Alice und Jazz rausschmeißen und deren Zimmer anders verplanen“.

Je länger ich sprach, desto mehr zogen sich ihre nach unten hängenden Mundwinkel nach oben und beendeten ihre Wanderung in einem bezaubernden und unglaublich glücklichen Lächeln.

„Ja?“, hauchte sie und fummelte an meinen Händen vorbei, um sich die verbliebenen Tränen von ihren Wangen zu wischen. Sanft schupste ich sie allerdings weg und streichelte das salzige Nass mit meinen Daumen weg.

„Ja“, flüsterte ich zurück, versank für einen kurzen Moment in den dunkelbraunen Untiefen ihrer wunderschönen, strahlenden Augen und näherte mich langsam ihrem Mund. „Ja, meine Bella“, wiederholte ich leise und küsste sie mit all der Liebe, die ich für sie empfand. Und, Gott – das war eine ganze Menge!!

Nach diesem unendlich zärtlichen Kuss schmiegte sie sich seufzend an meine Brust, doch als ich bemerkte, dass sie fror, schlang ich meine Arme um Rücken und Beine, hob sie hoch und trug sie wieder hinein.

„Mmmmh….du übst also bereits, mich über die Schwelle zu tragen?“, gluckste sie, kuschelte sich an meinen Hals und drückte kleine, heiße Küsse darauf.

„Baby, reiß dich zusammen. Du bist eine verheiratete Frau“, erwiderte ich gespielt streng, doch dieser Schuss ging wieder einmal nach hinten los.

„Shit“, keuchte sie und bat mich unmittelbar darauf, sie auf den Boden zu stellen. „Du hast recht. Entschuldige bitte, das war eben mehr als geschmacklos. Ich wollte nicht…“

„Shhh…“, stoppte ich ihr schlechtes Gewissen, „…ich weiß, wie du das gemeint hast. Das ist doch nicht schlimm“.

Sie schüttelte leicht den Kopf, atmete tief durch und wechselte abrupt das Thema. „Lass uns Esme anrufen, ja?“

„Okay“. Mit hochgezogener Augenbraue grinste ich sie an, überrascht über diesen raschen Gesinnungswechsel, aber dennoch  - sie hatte recht. Ich nahm sie an der Hand, drückte einen sanften Kuss darauf und zog sie in die Küche. Alice saß noch immer auf Jaspers Schoß, und die beiden blickten uns ziemlich verlegen an.

„Es tut mir leid, Edward“, nuschelte unsere kleine Hexe und fummelte nervös am Shirt meines Bruders herum. „Ich wollte dich wirklich nicht verärgern, aber ich denke, es wäre wirklich das Beste, wenn Jazz und ich wieder zu mir ziehen würden“.

Ich nickte und lächelte sie an. „Yeah, das denk ich auch, denn früher oder später werden wir euer Zimmer für unseren Nachwuchs brauchen“. Ich grinste meine Süße an, zog sie zu mir und drückte ihr einen Kuss auf den Mund.

„Ihr – WAS??“, quietschte Alice, sprang von Jaspers Schoß, rannte zu Bella und fiel ihr um den Hals. „Du kriegst ein Baby?? Das glaub ich jetzt nicht! Oh mein Gott, wie süß!!“

Die Augen meines Bruders weiteten sich, sein Mund klappte auf, und mit einem breiten Grinsen sank er gegen die Lehne seines Stuhles. Bella und ich lachten laut aufgrund der Reaktion der beiden, und klärten sie erst mal auf.

„Nein, Alice, ich bin nicht schwanger. Deshalb hat Edward die Worte ‚früher oder später‘ benutzt. Wir haben nur gerade eben besprochen, dass wir uns ein Baby wünschen. Irgendwann! Aber NOCH ist es nicht soweit, also komm wieder runter“, stellte Bella richtig.

„Oh … okay“, murmelte unsere kleine Hexe fast ein bisschen enttäuscht, nahm ihre Arme von Bellas Hals und trottete zurück zu Jazz, wo sie sich seufzend auf seinen Schoß fallen ließ. „Ich hab schon gedacht … naja, egal. Lasst uns Esme anrufen, ja?“. Plötzlich war sie wieder total aufgeregt und hibbelte auf ihrem Lover rum. Gott, diese Frau… (Beta-A/N: … ist absolut nervig, schrecklich, bescheuert, einfach überflüssig.)

„Gute Idee“, warf meine Liebste ein. „Edward?“ Mit hochgezogener Augenbraue sah sie mich an, und ich wusste, nun gab es kein Zurück mehr. Immerhin hatte ich versprochen, die Sache mit Mom zu klären, also nahm ich mein Handy zur Hand und setzte mich hin. Ich zog Bella auf meine Schenkel, da ich einfach das Gefühl hatte, Halt zu brauchen für das, was mich nun erwarten würde. Seufzend und gottverdammt nervös tippte ich die Kurzwahl meiner Mutter ein und holte tief Luft, als das erste Freizeichen in mein Ohr tutete. Dann das zweite … und das dritte …

Gerade, als ich wieder auflegen wollte, hörte ich ein Knacken in der Leitung und ein geschnieftes „Edward? Hi, mein Schatz“. Augenblicklich verkrampfte sich mein Herz. Verdammt, sie weinte schon wieder.

„Mom … guten Morgen. Wie geht es dir?“, fragte ich kleinlaut und ärgerte mich sofort über meine saudumme Frage. Wie sollte es ihr schon gehen? Blöder Idiot!

„Geht so“, sagte sie leise und seufzte tief. „Was ist mit euch? Alles in Ordnung?“

„Ja, bei uns ist alles einigermaßen okay. Ähm ... Mom, warum ich anrufe…“, fuhr ich also fort, um endlich zum Punkt zu kommen. „Jasper und ich würden uns sehr freuen, wenn wir dich zum Essen ausführen dürften. Ich denke, es täte dir ganz gut, mal wieder raus zu kommen und Ablenkung zu finden. Es … tut mir so leid, wie sich alles entwickelt hat, und Dad … Gott, ich denke, er meint es nicht so. Vielleicht…“

„Oh Schatz, ja, sehr gern!“, unterbrach sie mein Gestammel, „Ich wäre echt glücklich, wenn ich mit meinen beiden Söhnen einen netten Abend verbringen könnte“. Ich konnte das Lächeln in ihrer Stimme förmlich hören, und das machte mich fucking froh.

„Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn wir dich am Mittwoch gegen 19.30 Uhr abholen würden, nur wir drei, Mom. Das Restaurant bleibt vorerst ein Geheimnis, lass dich einfach überraschen. Also – wie siehts aus? Wäre das okay für dich?“

„Mittwoch … hm … warte. Da war doch was…“, überlegte sie, und ich hörte plötzlich auf zu atmen. Fuck, es war bereits alles organisiert. Dad hatte zugestimmt und alles lief bestens. Bitte sag, dass du dich irrst, bitte, bitte, bitte. „Oh nein, mein Date ist am Freitag, ich hab mich wohl geirrt“.

Yeah, sie hatte sich ge … Moment mal ... wie bitte?? Ein Date?? „Wie … welches Date?“, fragte ich total perplex. Alice, Bella und Jazz starrten mich entgeistert an und fühlten sich vermutlich gerade so beschissen wie ich. Verdammt, wir wollten sie wieder mit Dad verkuppeln, und sie traf sich mit einem anderen Mann??

„Ach, nichts Wichtiges. Weißt du noch? Dieses Konzert, vor welchem wir uns in Port Angeles getroffen haben? Ich habe an diesem Abend einen sehr netten Herrn kennen gelernt, er hat neben mir gesessen. Gestern haben wir uns zufällig wieder gesehen, und er hat mich gefragt, ob ich mit ihm ausgehen würde. Ganz unverbindlich. Aus reiner Gutmütigkeit hab ich zugesagt, obwohl … ich weiß nicht. Irgendwie fühle ich mich gar nicht gut dabei. Du weißt, dass ich Carlisle … ach, vergiss es einfach. Es wird wohl nie wieder so, wie es war. Ich muss ihn … vergessen“, seufzte sie, und ich merkte sofort, dass sie erneut mit den Tränen kämpfte.

„Hey, nicht weinen“, sagte ich leise und liebevoll. „Du musst dich nicht mit diesem Typen treffen, wenn du es nicht wirklich willst“, fügte ich hinzu, hielt meinen drei Zuhörern den gestreckten Daumen entgegen und zwinkerte ihnen zu.

„Ja, ich weiß, aber ich bin so … verdammt einsam“. Sie schniefte einmal auf und weinte. Fuck.

„Böse Mom – du fluchst“, sagte ich schnell, um sie ein bisschen aus ihrer Verzweiflung zu reißen, und es gelang mir auch.

„Ich hab auch den besten Lehrmeister, mein Sohn“, erwiderte sie und kicherte. Zwar nur für ein paar Sekunden, aber immerhin.

„Also, ist nun alles klar? Können wir am Mittwoch gegen halb acht zu dir kommen und eine gottverdammt heiße Lady in ein feines Restaurant entführen?“ Nun begann sie wirklich, zu lachen und stimmte zu.

„Oh, du alter Charmeur“, gluckste sie, „Und du fluchst schon wieder“. Ich merkte deutlich, dass ihre zwischenzeitlich miese Laune wieder viel besser war, richtete ihr liebe Grüße von den anderen aus und verabschiedete mich.

„Yeah, wir haben sie“, rief ich begeistert, nachdem ich das Gespräch beendet und mein Handy auf den Tisch gepfeffert hatte. Zufrieden schlang ich die Arme um meine Süße und bedeckte ihren Hals mit zärtlichen Küssen.

Die nächsten Stunden verliefen sehr gemütlich und ausgesprochen harmonisch. Alices und Jaspers Auszug aus dem Appartement war nun beschlossene Sache, doch niemand war dem anderen irgendwie böse deswegen. Wir freuten uns einfach darüber, dass die ‚Operation Mom&Dad‘ bisher so gut gelaufen war, und jeder einzelne von uns war davon überzeugt, unsere Eltern wieder zusammen bringen zu können.

Zu Mittag bestellten wir uns eine ordentliche Fuhr beim Chinesen, die wir genüsslich verzehrten und waren gegen drei Uhr Nachmittag auf dem Weg zum ‚Pagliacci‘, um für die Tischreservierung zu sorgen. Immerhin wollten wir nichts an diesem Abend dem Zufall überlassen, und nachdem wir bereits einmal so ein Essen organisiert hatten, wussten wir ganz genau, was Sache war.

„Wisst ihr, irgendwie ist das schon komisch. Dieses Arrangieren von geheimen und schicksalsträchtigen Dates scheint zu unserem Haupthobby zu mutieren, und ich fühle mich fast wie dieser kleine Typ, der ständig mit Pfeil und Bogen in das Leben Unschuldiger pfuscht“, gluckste Jazz, nachdem er seinen Volvo per Knopfdruck verschlossen hatte und wir über Straße gehen wollten, um das ‚Pagliacci‘ zu betreten.

„Oh ja, mein liebster Amor, du hast mich eiskalt mit einem Pfeil durchbohrt“, schnurrte Alice, stellte sich auf Zehenspitzen und drückte ihrem Liebsten einen Kuss auf den Mund. (Beta-A/N: *bösguck* Halt die Klappe, Alice.)

„Mich hat auch einer erwischt, aber sowas von“, hauchte meine Süße und strahlte mich an.

Jazz und ich lachten, verdrehten die Augen, packten unsere Mädels, zogen sie ruckartig an uns und verwickelten beide in einen kurzen, aber sehr intensiven Kuss. Mit einer leicht veränderten Atmung trennten wir uns wieder von einander und beschlossen einstimmig, endlich unsere Pflicht zu tun.

Wir wuselten vorsichtig über die stark befahrene Straße und betraten unmittelbar darauf das beste italienische Restaurant ganz Seattles. Es duftete herrlich nach Oregano und Pizza, als wir zu einem edel bekleideten Typen gingen, der offensichtlich für den Empfang zuständig war.

„Hey, Bella, ich muss mal. Kommst du mit?“, flüsterte Alice meiner Süßen ins Ohr. Verdammt, dieses Klischee, wonach Frauen nicht allein pissen gehen konnten – es war tatsächlich wahr.

„Klar, bin dabei“, versicherte mein Mädchen leise, und nach einem kurzen Abschiedskuss waren mein Bruder und ich allein.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte uns der Typ sehr höflich und lächelte uns an.

„Ja, das können Sie. Wäre es möglich, für den kommenden Mittwoch um zwanzig Uhr zwei Tische zu reservieren?“. Ich stellte also erst mal die Grundsatzfrage, und diese wurde bejaht. Also besprachen wir noch die weiteren Details und Wünsche, die allesamt erfüllt werden konnten.

Ein romantischer, etwas abgelegener Tisch für Zwei, und in einem Nebenraum ein weiterer für Drei. Ersterer für Jasper und Dad, an welchem letztendlich – wenn alles so verlief, wie wir es uns erhofften – unsere Eltern ihre Versöhnung feiern sollten, und Zweiterer für Mom, Jasper und mich. Immerhin wollten wir nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und zumindest am Anfang so tun, als wären die Verabredungen echt. So könnte es ganz gut … Fuck, da fiel mir etwas auf.

„JAZZ!!“.

„Was?!?“. Sein Kopf schoss ruckartig zu mir. Verwirrt starrte er mich an, nachdem ich seinen Namen hektisch ausgestoßen und mit den Händen aufgeregt in der Luft herumgefuchtelt hatte, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.

„Wir müssen dich klonen, aber schnell!“

„Was … spinnst du? Was redest du da?

„Hör mal – du bist mit Mom UND Dad verabredet. Gleichzeitig. Na? Klingelts?“

„Ach, mach dir doch nicht ins Hemd. Du sagst Mom einfach, ich bin auf der Toilette, und ich setze mich schnell zu Dad. Diese Phase wird ohnehin nicht lange dauern, da unsere Eltern sehr rasch zueinander finden werden, du wirst schon sehen. Und wenn nicht freiwillig, dann helfen wir eben nach. Die beiden entkommen uns nicht, keine Sorge.“

„Okay“, sagte ich erleichtert und stieß schwallartig die Luft aus, die ich offensichtlich gerade eben angehalten hatte. Gott, ich liebte meinen Bruder für seine brillanten Ideen.  „Hört sich gut an, Bro“.

„Ich weiß. Ich bin eben der Beste“, sagte er breit grinsend, zuckte mit den Schultern und fuhr sich lässig durchs Haar.

Ich schlug ihm lachend mit der flachen Hand leicht gegen seinen Hinterkopf und schlang kurz darauf meinen Arm um Bella, die gerade von der Toilette kam. Sie und Alice kicherten sich gerade – warum auch immer – einen ab, aber ganz ehrlich, ich wollte es gar nicht wissen.

Wir besprachen mit dem Kellner die letzten Details und baten ihn unter anderem, den Zweiertisch ganz besonders romantisch zu schmücken – mit Kerzen und all dem Scheiß. Ich ließ meine Augen noch ein letztes Mal durch den Raum schweifen und nahm zufrieden zur Kenntnis, dass unsere Mädels ziemlich verborgen am linken Ende der Bar warten könnten, bis ihr Einsatz an der Reihe war. Dann bedankten wir uns für die tolle und unkomplizierte Hilfe und machten uns auf den Weg zur Tür.

Noch bevor wir sie öffnen konnten, ging sie auf und zwei Mädels betraten lachend und offensichtlich nicht mehr ganz nüchtern das Lokal. Eine davon kam mir irgendwie bekannt vor, doch nachdem mich andere Frauen nicht mehr interessierten, ignorierte ich die beiden, nahm meine Süße an der Hand und wollte gerade an ihnen vorbei, als …

„Ooooh, Edward ‚Die Zunge‘ Cullen. Wie schön, dich wiederzusehen, hättest du vielleicht ein paar Minuten Zeit? Ich denke nicht, dass ich viel länger brauchen werde“, säuselte genau die, die ich zu kennen schien, und ich erstarrte. Ich hatte den Eindruck, dass mir Bella augenblicklich  jeden einzelnen Finger meiner rechten Hand brechen würde, als diese Dumpfbacke gleich weitersprach. „Ich bin auch frisch geduscht“, schnurrte sie weiter, trat ein paar Schritte nach vorn und fummelte mit einem viel zu langen, knallroten Fingernagel über meine Brust. Von oben nach unten. Ganz langsam.

Bella begann zu zittern, ich konnte es spüren.

Der Fingernagel wanderte weiter Richtung Süden, ich war wie gelähmt.

Bella schnaubte neben mir, und ich war der Meinung, das Splittern von Fingerknochen zu hören.

Ich konnte mich nach wie vor nicht bewegen, als ich entsetztes Keuchen neben mir vernahm, das wohl von Alice und Jasper stammte, doch kurz, bevor der böse Fingernagel meinen Schritt erreichte, erwachte die Rachegöttin in meiner Süßen, und sie trat einen Schritt nach vorn.

Mit einem gezielten Schlag entfernte sie die lästige Hand dieser noch  lästigeren Tussi, baute sich vor ihr auf und funkelte sie dermaßen zornig an, dass die besoffene Unbekannte zurücktaumelte und sicheren Abstand hielt.

Bella rückte allerdings auf, stellte sich unmittelbar vor sie und grinste das Dummchen teuflisch an.  „Tja, Baby, du bist zu spät dran. Tut mir wirklich leid für dich, aber Edward ‚Die Zunge‘ Cullen gehört mir. Mir ganz allein. Vielleicht war ja der Blowjob, den du ihm verpasst hast, nicht wirklich das Wahre, ich weiß es nicht. Aber offensichtlich hast du keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, was für ein Pech aber auch“. Bella drehte sich um, legte ihre rechte Hand in meinen Nacken, zog meinen Kopf zu sich und gab mir einen kurzen, aber dermaßen heißen Zungenkuss, dass ich laut in ihren Mund stöhnte, und ließ wieder von mir ab. Dann widmete sie sich wieder dem Dummchen, welches sie mit offenem Mund anstarrte und hektisch zwischen mir und Bella hin und her schaute.

„Also, Süße, wie du siehst, seine Zunge gehört mir“. Dann beugte sie sich ganz nah zu ihrer vermeintlichen Rivalin und sprach in einer Lautstärke weiter, die uns andere mithören ließ. „Und wenn du es genau wissen willst -  der Rest auch“. Mein Schwanz war durch diesen höllischen Kuss längst zum Leben erwacht, doch als meine Rachegöttin als Draufgabe nun auch noch fest darüber strich, war es um mich geschehen…

„Scheiße Cindy, lass uns gehen“, sagte plötzlich die Freundin der noch immer wie eine Kuh glotzenden Tussi, packte sie am Arm und zog sie von uns weg. Hm … Cindy also. Keine Ahnung, ich konnte mich nicht an sie erinnern. Bella lag wohl richtig, sie hatte offensichtlich keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

„Scheiße, wie geil“, amüsierte sich mein glucksendes Brüderchen über das grade Gesehene, während seine Kleine Bella mit einem seltsamen Blick bedachte, um den ich mich allerdings nicht weiter kümmerte. Viel zu sehr war ich von all dem hier überfordert, aber auch gottverdammt stolz.

Die beiden Mädels machten sich also vom Acker, und mit einem breiten Grinsen nahm ich zur Kenntnis, dass ich die wohl heißeste und anbetungswürdigste Frau dieses verfluchten Planeten an meiner Seite hatte. Stolzer als je zuvor nahm ich mein Mädchen an der Hand und wollte Alice und Jasper folgen, die soeben das Lokal verlassen hatten, doch als ich meiner Süßen liebevoll in die Augen schaute, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.

Ein kalter Blick schoss mir entgegen, vermischt mit Wut, Abscheu und Zorn. Bella zog mich förmlich aus dem Restaurant und zischte Alice und Jazz zu, dass sie schon mal fahren sollten und wir uns ein Taxi nehmen würden. Ich stolperte absolut verwirrt neben ihr her und folgte ihr hinter das Haus, wo sich ein kleiner, finsterer Hinterhof befand.

Unsere zwei Begleiter schauten uns mit aufgerissenen Augen nach, bewegten sich jedoch nicht. Zur Hölle, was war denn nun schon wieder los?

„Verfluchte Scheiße, Edward! Das ist sowas von widerlich“, schnaubte Bella außer Atem vor Wut, knallte mich gegen eine steinerne Mauer und begann, angewidert zu spucken. Immer wieder wischte sie sich mit der Hand über ihre Zunge und machte würgende Geräusche.

Alles, was ich gerade zusammenbrachte, war, sie mit geweiteten Augen und offen stehendem Mund anzustarren, doch langsam dämmerte mir, was hier vor sich ging. Fuck, natürlich, das hatte ich nun davon. Edward ‚Die Zunge’ Cullen…

„Aber du wusstest doch … Scheiße Bella, ich hab dir doch davon erz…“

„JA, DAS HAST DU“, schrie sie mich an, „ABER DAS IST SO WIDERLICH, ZUR HÖLLE, ICH KÖNNTE KOTZEN!“, brüllte sie weiter und erweckte auf mich tatsächlich den Eindruck, als würde sie jeden Moment ihr Frühstück auf den Boden befördern.

Wie gelähmt stand ich daneben und schaute ihr zu. Keine Ahnung, was sie nun hören wollte, oder was sie von mir erwartete, ich sah ihr einfach zu bei dem, was sie tat, und das war nicht schön. Sie ekelte sich vor mir, aber sowas von, doch leider Gottes hatte sie recht. Tatsächlich hatte ich während ihrer Flitterwochen komplett die Kontrolle über mich verloren, aber verflucht noch mal, ich wusste nicht, wie ich diese schreckliche Zeit sonst überstehen hätte sollen.

„DU WIDERST MICH AN“, fauchte sie weiter, doch nun war es genug. Ich wollte diesen Scheiß nicht mehr hören, und in meiner Brust begann es bereits, zu brodeln.

„Hast du dir eigentlich jemals Gedanken darüber gemacht, wie es mir ging, als du mit meinem eigenen Vater in den Flitterwochen warst?“, konterte ich also, schrie allerdings nicht, da ich die Sache in einer normalen Lautstärke klären wollte. Bella stoppte jegliche Bewegung, richtete sich auf und starrte mich an.

„Was?“, keuchte sie und lehnte sich erschöpft gegen die Wand.

„Der Alkohol, die Drogen, die Frauen, Bella … Was meinst du, warum ich das alles getan habe? AUS SPASS??“, und nun schrie ich doch. „Ständig hatte ich dich vor Augen. In den Armen meines Dads, du auf ihm, er über dir, glücklich, stöhnend. SEHR LUSTIG, ODER? Wie war es denn, huh? Erzähl mal, wir haben noch gar nicht darüber gesprochen. Hat er dich wohl in den siebten Himmel gevögelt? Hat er seinen Job gut gemacht, VERFLUCHTE SCHEISSE??“

„Du willst wissen, wie es war? Auf den Malediven? DU WILLST ES WIRKLICH WISSEN?“, schrie sie nun wieder, stieß sich von der Mauer ab und funkelte mich seltsam an. „Ich kann es dir gerne erzählen“. Bella wurde ein wenig leiser, aber die Lautstärke gefiel mir immer noch nicht. „Ich war etwa tausend Mal öfter im Meer als Carlisle, und soll ich dir auch sagen, warum? Ja? Dann pass mal gut auf: Weil im verfluchten Wasser niemand sehen konnte, dass ich weinte, und weil ich meine vom Weinen geröteten Augen auf das Salzwasser schieben konnte. DESHALB!“ Unzählige Tränen sprudelten förmlich aus ihren Augen, als sie sich vollkommen erledigt wieder gegen die Mauer fallen ließ, und ich keuchte auf.

„Ich weiß, dass ich eine gottverdammte Schlampe bin und so ziemlich alles falsch gemacht habe, was ich konnte, aber ich hab dich vermisst, Edward. So sehr, dass ich kaum essen oder schlafen, geschweige denn mit Carlisle Sex haben konnte. Ein Mal, ein verfluchtes, einziges Mal hab ich mit meinem Mann geschlafen, in meinen, und vor allem SEINEN Flitterwochen, und es tat weh. So weh…“, schluchzte sie und sank nieder. Weinend hockte sie vor der Mauer, vergrub ihr Gesicht in den Händen und sah mich nicht mehr an.

Ihr verzweifelter Anblick brachte mein Herz dazu, sich zu verkrampfen, und am liebsten hätte ich mit ihr geheult. Stattdessen besann ich mich wieder darauf, mich zu bewegen und ging langsam auf sie zu.

„Baby, bitte verzeih mir“, flüsterte ich und streichelte über ihr Haar. „Ich … es war nicht so gemeint. Weißt du, diese zwei Wochen, die du mit meinem Dad auf den Malediven verbracht hast, waren die schlimmsten meines Lebens, und ich hatte keine Ahnung, wie ich sie überleben sollte“. Sie schluchzte laut auf und hob langsam den Kopf. Ich versank sofort in ihren unglaublich traurigen und vom Weinen geröteten Augen und hockte mich vor sie. „All der Alkohol, die Drogen und diese verfluchten Schlampen, ich brauchte das, um zu … vergessen … es tut mir so leid, bitte …“, und dann drückte sie mir ihren gestreckten Zeigefinger auf den Mund.

„Ich liebe dich“, sagte sie leise, während ich ihre Hand mit meiner umfasste und sanft von meinen Lippen zog. „Ich liebe dich auch, meine Bella, du hast ja keine Ahnung, wie sehr“, erwiderte ich und lächelte sie an. Dann richtete ich mich wieder auf und zog sie mit hoch. Mein linker Arm legte sich um ihre Taille, mit der rechten Hand drückte ich sanft ihren Kopf gegen meine Brust. „Ich wollte dich schon so lange danach fragen, wie deine Flitterwochen waren, aber ich traute mich nicht. Die Angst, Erzählungen über wundervolle vierzehn Tage über mich ergehen lassen zu müssen, war einfach zu groß, aber nun ist es raus. Ich danke dir für deine Ehrlichkeit. Bitte verzeih mir all das, wozu ich mich in meiner grenzenlosen Schwäche hinreißen ließ, es tut mir so leid“.

„Lass uns einfach nicht mehr darüber reden, ja? All dieser Scheiß gehört zu unserer Vergangenheit, und wir können nichts davon ungeschehen machen. Allerdings wartet eine wundervolle Zukunft auf uns, lass sie uns genießen … bitte“. Sie löste sich sanft von mir und lächelte mich zuversichtlich an.

Yeah, mein Mädchen hatte recht. Wir sollten all diesen Bullshit hinter uns lassen und von vorne beginnen. Edward und Bella. So, wie es von Anfang an hätte sein sollen, nur wir beide, und sonst nichts.

Natürlich gab es noch einiges zu klären, bevor uns wirklich eine perfekte, gemeinsame Zukunft offen stand, aber ich liebte diese wundervolle Frau und war mehr als bereit, alles für sie zu tun, wirklich alles. Dennoch musste ich noch etwas klären, denn diese Ungewissheit erdrückte mich.

„Baby?“

„Hm?“ Sie seufzte tief und vergrub sich wieder an meiner Brust.

„Ich will dich nicht … verdammt, bitte verzeih, dass ich meine Klappe einfach nicht halten kann, aber da gibt es noch was, das ich unbedingt wissen muss“. Sie hob ihren Kopf, runzelte die Stirn und sah mich an. „Was denn?“

„Dad … ich meine, wie hat er drauf reagiert, weil du nicht mit ihm schlafen wolltest? Fuck, Bella, das waren eure Flitterwochen, und gerade in dieser Zeit treibt man es wie die Karnickel. Wie hast du …“.

„Es war ganz komisch.“, unterbrach sie mein Gestammel, und ich war ihr wirklich sehr dankbar dafür. Irgendwie fehlten mir die passenden Worte, um diese letzte Frage auszuformulieren, doch Gott sei Dank wusste sie gleich, wovon ich sprach. „Nach diesem einen Mal hatte ich das Gefühl, dass auch Carlisle plötzlich tief in seinem Innersten fühlte, dass … ich weiß es nicht genau. Es war, als wüsste er genauso gut wie ich, dass wir nicht zusammen gehörten, und dass diese Eheschließung nicht richtig war. Dein Dad war während der ganzen Flitterwochen unglaublich lieb zu mir, verwöhnte mich, zeigte mir all die Herrlichkeiten der Insel, aber die Leidenschaft zwischen Mann und Frau, sie fehlte, war plötzlich nicht mehr da.

Es war auch nicht so, dass nur ich keinen Sex mehr wollte. Auch er hatte kein Interesse daran und ließ mich einfach in Ruhe. Weißt du, diese zwei Wochen waren wirklich wunderschön, die Insel ein Traum, aber dennoch … alles war plötzlich anders. So oft ich konnte, ging ich ins türkisblaue Meer, um mich – wie ich Carlisle sagte – abzukühlen. Den wahren Grund dafür kennst du bereits.“ Sie schaute mich kurz an, ich seufzte und zeigte ihr lediglich mit meinen Augen, dass ich sie verstand.

„Wir hielten Händchen, schlenderten über die endlosen, weißen Sandstrände, sprachen über Gott und die Welt … Nun – langer Rede, kurzer Sinn – Mein Mann und ich liefen herum wie zwei Freunde, wie … verflucht, Edward, wie…“, sie keuchte auf und sackte in sich zusammen, sodass ich meine Arme fest um ihre Hüften schlang.

„Wie Vater und Tochter“, vollendete ich ihren begonnen Satz und sie nickte.

„Fuck“, zischte über meine Lippen, und Bella schaute mich fast verlegen an.

„Daran hat sich bis heute nichts geändert“, fuhr sie fort, als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte. „Wir lebten miteinander, nebeneinander, aber das war’s. Unser Verhältnis war sehr liebevoll, doch wir beide wussten ganz genau, dass es diese Liebe zwischen Mann und Frau nicht gab. Dennoch sprachen wir nicht darüber. Ich hatte mir so gewünscht, dich vergessen zu können, um Carlisle eine gute Ehefrau zu sein, doch unsere Ehe war vorbei, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Weißt du, wir mochten uns sehr, aber mehr war da nicht.

Carlisle hatte offensichtlich nicht den Mut, über die seltsame Form unserer Beziehung zu sprechen, obwohl wir beide wussten, wie falsch das alles war. Auch ich hielt meinen Mund, da ich mir geschworen hatte, ihm eine gute Frau zu sein. Bis … naja, bis zu dem Tag, an welchem du nach Forks gekommen warst, um ihm mit dem Bett zu helfen.“

„Wozu dann überhaupt dieses Bett?“, warf ich nun ein. Scheiße, ich konnte das Gehörte kaum verarbeiten, zu viele Informationen schwirrten durch meinen Kopf.

„Diese Sache kann ich dir ganz einfach erklären. Es ist aufgrund seiner Größe eine Sonderanfertigung gewesen, und die Lieferzeit betrug mehrere Wochen. Das heißt also, dass wir es zum Zeitpunkt des Einlangens überhaupt nicht mehr gebraucht hätten, doch wir hatten beide nicht mehr daran gedacht und waren fast überrascht, als es letztendlich geliefert wurde.“

„Aha“, erwiderte ich ausgesprochen originell und ärgerte mich gerade über mich selbst, weil ich so angepisst war, als ich dieses Teil mit meinem Dad ins Schlafzimmer transportierte. Gott, wenn ich das gewusst hätte …

Ein kleines Schmunzeln zog unaufhaltsam meine Mundwinkel nach oben und gipfelte in einem formvollendeten Grinsen, dem wiederum ein leises Lachen folgte.

„Warum lachst du?“, fragte mich meine Süße und schaute mich dermaßen verwirrt und durcheinander an, dass ich sie einfach küssen musste.


„Dieses Bett – es kotzte mich an. Ich hasste es so sehr, weil ich ständig vor Augen hatte, wie mein Vater dich auf dieser Liegewiese vögeln und dich glücklich machen würde, während ich nur noch von dir träumen durfte. Verdammt, Baby, wenn ich gewusst hätte, dass zu diesem Zeitpunkt eure Beziehung absolut nichts Sexuelles mehr hatte … Scheiße, ich hätte dich gepackt, über meine Schulter geworfen und das Land mit dir verlassen, wenn es denn nötig gewesen wäre“.

All die Anspannung der letzten halben Stunde fiel von mir ab, und ich musste nun wirklich heftig lachen, sodass es mir die Tränen aus den Augen trieb. Es war absolut beschissen, dass ich mich nun so gehen ließ, immerhin ging das auch gegen meinen Vater. Aber Herrgott noch mal, ich konnte nicht anders. Ich war so verflucht erleichtert, unglaublich glücklich und dankbar für alles, dass ich mich kaum wieder einkriegen konnte.

Einen kurzen Augenblick später lachte Bella mit mir, aber unser beider Lachen war nicht bösartig, hinterlistig oder gemein, sondern einfach nur gelöst und machte unheimlich frei.

„Ich liebe dich, du … Spinner“, japste meine Liebste und strahlte mich an. „Aber nun lass uns nach Hause gehen“.

„GEHEN?!?“. Plötzlich war ich todernst, und ich erstarrte. „Das meinst du doch nicht ernst, oder?“

„Doch, das tu ich. Himmel, in spätestens einer Stunde sind wir daheim, und während eines längeren Fußmarsches könnten wir unsere Köpfe wieder frei bekommen. Also los, du Schisser“, sagte sie lachend, boxte mir leicht in den Bauch und lief los. Verdammt, hier war es wieder, dieses kleine, verspielte und verflucht verrückte Mädchen, welches ich so liebte. Yeah, ich liebte sie, alles an ihr, sie war MEINE Bella, und würde es auch immer sein.

Lächelnd setzte ich mich in Bewegung, zog den Reißverschluss meiner Jacke bis unter die Nase und schüttelte den Kopf. „Verrücktes, kleines Mädchen“, sprach ich meine Gedanken leise aus, stopfte die Hände in die Taschen meiner Jeans und schlenderte schmunzelnd meiner Zukunft hinterher.

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