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Samstag, 31. Dezember 2011

(16) Von Liebe und Zärtlichkeit zu Traurigkeit und Wut


Sonntag, 29.7.2009



Mühsam und unter Aufbringung sämtlicher Kraftreserven, die zu dieser Tageszeit gerade erst  in mir erwachten, versuchte ich, meine müden und tonnenschweren Lider nach oben zu drücken. Trotz aller Anstrengung schaffte ich es nicht, denn verdammt, hatte ich gut geschlafen!!

Ich fühlte mich so fucking wohl in diesem Moment und grinste gedanklich vor mich hin, da sogar meine Mundwinkel zu träge waren und sogar ein kleines Zucken verweigerten. Die Kissen waren kuschelig wie noch nie, und ich genoss mit einem leisen Seufzen dieses … ach du Scheiße, da lag doch tatsächlich jemand neben mir. Ich fühlte warme, weiche Haut an meiner. Etwas wundervoll Duftendes schmiegte sich in meine Arme und rührte sich nicht. Naja – um ehrlich zu sein, waren meine Arme um dieses duftende Etwas gewickelt, und ICH war derjenige, der ES gegen meine Brust drückte. Fuck, was hatte ich bloß schon wieder angestellt? Könnte es sein, dass es  … oh nein, bitte nicht Leah!!

Verdammt, Cullen, jetzt werde doch endlich einmal munter und öffne deine Augen. Scheiße, nein, ich hatte einfach davor Angst, was beziehungsweise WEN sie mir präsentieren würden, also brachte ich erst mal Ordnung in mein Oberstübchen und dachte darüber nach, was gestern geschah.

Leah...yeah...Jake...Alkohol...nicht nach Hause fahren lassen...Isabella...
Fuck, ja, die Frau an meiner Seite musste Isabella sein, alles andere wäre absolut unlogisch und abgrundtief falsch.

Drei...zwei...eins...Augen auf. Jaaa, verdammt, es war tatsächlich die schönste, heißeste, sexieste, erotischste, begehrenswerteste...CULLEN, HÖR AUF MIT DIESEM SCHEISS!!
Du meine Güte. Irgendwie wäre es nun wirklich an der Zeit, meine Gefühle für diese Frau im Zaum zu halten. Gefühle … welche Gefühle? Ich zog sie ein klein wenig näher an mich, inhalierte lächelnd ihren wundervollen Duft und vergrub meine Nase in ihrem Haar.

Gott, ich fühlte mich so verdammt wohl in ihrer Nähe.
Ich liebte es, wenn sie lachte, liebte ihre Stimme, ihren Geruch, ihren Körper. Ihr wundervolles Haar, diese tiefgründigen, dunkelbraunen Augen. Gott ja, ich liebte SIE. Nun war es also raus. Es war tatsächlich schlimmer, als ich dachte. All das, was in mir tobte, ging über ein rosa-Herzchen-Verliebtsein hinaus,  ich liebte sie und …  war definitiv im Arsch.

Ganz sanft und vorsichtig entfernte ich meine Arme von der schlafenden Schönheit neben mir und sah sie einfach an. Mit einem entzückenden, kleinen Schmatzen kommentierte sie mein Tun, klemmte sich beide Hände unter die linke Wange und schlief tief und fest. Ein kaum merkbares Lächeln zuckte um ihre weichen, rosaroten Lippen, und ich konnte einfach nicht umhin, sie zu berühren. Mit meinem rechten Zeigefinger strich ich so behutsam wie möglich über ihren wundervollen Mund.

„Edward...“, seufzte sie leise, und erschrocken riss ich meine Hand zurück. Verdammt, ich wollte sie nicht wecken, doch das tat ich auch nicht. Kopfschüttelnd nahm ich zur Kenntnis, dass sie offensichtlich von mir träumte. Ein gottverdammt großer Teil in mir freute sich so sehr darüber, dass ich es war, der ihre Träume dominierte, doch der Rest war beschämt und von tiefer Traurigkeit erfüllt. Sollte es nicht mein Dad sein, dessen Name sie seufzte? Sollte nicht er derjenige sein, den sie in ihren Träumen sah?

Ich setzte mich auf und fuhr mir seufzend durchs Haar. Zur Hölle, wie würde das mit uns beiden noch enden? Wäre es klug, ihr meine Gefühle zu offenbaren? Könnten wir wirklich eine gemeinsame Zukunft haben, wenn sie wüsste, dass ich sie liebte? Würde sie vielleicht sogar die Hochzeit absagen, um mit mir glücklich zu werden?

Nein. Nichts davon kam in Frage. Die Liebe zu meinem Dad überwog mein eigenes Glück. Ja, ich war der Meinung, Isabella mit den richtigen Worten für mich gewinnen zu können, aber das wäre falsch, so abgrundtief falsch. Wie sollte ich jemals mit ihr ein vollkommenes Leben genießen können, wenn dies alles auf Kosten meines Vaters ging? Wir beide hatten ihn betrogen, Herrgott noch mal. Beide. Aber er wusste es nicht und durfte es auch nicht erfahren. Niemals! Das wäre eine einzige Katastrophe, und ich wüsste nicht, wie ich damit leben sollte.

Unentwegt leicht den Kopf schüttelnd und tief seufzend kletterte ich vorsichtig aus dem Bett und trottete mit langsamen und schleppenden Schritten ins Bad. Vor einigen Tagen – auf der Terrasse in Forks – hatte ich das Gefühl, der Regen würde die ganze Schuld von mir spülen. Vielleicht könnte die Dusche das auch?

„Idiot“, sagte ich zu mir selbst, als ich einen kurzen Blick in den Spiegel warf, mich meines Shirts und der Boxershorts entledigte und angepisst in die Dusche stieg. Verdammt, ich hätte Isabella nach der Aktion im Fahrstuhl nie wieder anfassen dürfen und hatte somit alles falsch gemacht, was ich nur konnte. Alles würde ich dafür geben, um sie zu meinem Mädchen zu machen, wirklich alles, doch …

'Hör auf, dir was vorzumachen, du Arsch. Du hast es verkackt, und nun büße dafür', flüsterte dieser Trottel diabolisch in meinem Kopf, und ich konnte sein bösartiges Grinsen förmlich spüren. Aber ja, er hatte recht: Ich allein war für mein Tun verantwortlich, und es war einzig und allein meine Schuld, dass ich mich nun beschissen fühlte, meinen Vater betrogen hatte und absolut nicht mehr weiter wusste.

Mit einem resignierten Seufzen zog ich den verchromten, kleinen Hebel zu mir, schloss keuchend die Augen und hielt mein Gesicht in das eiskalte Nass. Innerhalb einer Nanosekunde war mein gesamter Körper von einer Gänsehaut überzogen, doch ich biss meine Zähne zusammen, ballte die Finger zu Fäusten und wartete auf die Vergebung. Wartete darauf, mich besser und von der Schuld befreit zu fühlen, aber es passierte nichts. Dieses ersehnte Gefühl blieb aus, und ich war gleich schuldig wie zuvor. Eiskalte Wassermassen prasselten auf meinen Kopf, rannen unaufhaltsam nach unten und verschwanden im Abfluss, doch die Schuld – sie blieb. Wie Teer haftete sie an meinem verfluchten Körper, verklebte und beschmutzte mich, hatte sich überall dort eingebrannt, wo Isabella mich berührte, und doch war mir bewusst, dass das teuerste Duschgel nichts dagegen unternehmen könnte. NICHTS.

Nach wenigen Minuten sinnlosen Leidens drehte ich schlotternd den Regler zur roten Markierung und stöhnte genussvoll in das warme Wasser, welches sofort die Gänsehaut ins Nirvana schickte und meiner Kehle ein wohliges Brummen entlockte.

Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich an die verflieste Wand und ergab mich meinen Gedanken, die nun genauso über mich hereinbrachen, wie das heiße Nass. Ich hatte verloren, mein Dad hatte gewonnen. So sehr diese Niederlage auch schmerzte, so überzeugt war ich dennoch davon, das Richtige zu tun. Irgendwann würde ich es schon schaffen, über diesen ganzen Scheiß hinweg zu kommen. Irgendwann würde dieser Schmerz doch verschwinden … oder?

„Du gibst schon wieder seltsame Laute von dir“, hörte ich plötzlich in meiner unmittelbaren Nähe. Mein Herz stellte vor Schreck vorübergehend seine Arbeit ein, und meine Lider schossen hoch. Wie Gott sie erschuf, stand Isabella vor mir und scannte meinen Körper mit einem undefinierbaren Blick. Es kam mir so vor, als würde ein kleines Kind sehnsüchtig ein Spielzeug begutachten, in dem Wissen, es niemals zu bekommen.

„Das Wasser war erst zu kalt, und dann genoss ich es, weil es warm geworden ist“, erklärte ich schulterzuckend die Geräusche, die sie offensichtlich vernommen hatte und schaute ebenso voller Sehnsucht auf sie herab.

„Oh“, erwiderte sie kurz angebunden und lächelte mich an. „Macht es dir … ich meine, stört es dich, dass … dass ich hier bin? Unter der Dusche? Mit … dir?“, stotterte sie herum, errötete leicht und blinzelte mich nervös durch ihre Wimpern an. Machte es mir etwas aus? Störte es mich? Himmel, nein, natürlich nicht. Sie sollte auf alle Fälle bleiben, wo sie war, ich liebte sie doch.

„Nein, es ist in Ordnung“, nuschelte ich von ihrer Anwesenheit betört und hob meine rechte Hand. Zärtlich strich ich ihr eine widerspenstige Strähne ihres nassen Haares aus dem Gesicht, glitt mit meiner Hand in ihren Nacken und zog ihren Kopf zu mir. Ohne, dass ich etwas dagegen unternehmen hätte können, pressten sich meine Lippen einen Augenblick später auf ihre, nackte Haut traf auf nackte Haut, und sie stöhnte leise in den Kuss.

„Edward, ich ...“, begann sie, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst hatten, und ich erschrak, als ich ihr in die Augen sah. Tiefer, verhängnisvoller Schmerz trübte ihr wundervolles Braun, verschmolz mit meinem traurigen und resignierten Grün, und seufzend sank sie gegen meine Brust.

„Was ...“, wollte ich sie auffordern, ihren soeben begonnenen Satz zu Ende zu bringen, doch augenblicklich schnellte ihre rechte Hand nach oben und legte sich auf meinen Mund. Was wollte sie mir sagen? Warum schaute sie mich so komisch an? Sie schien vor irgendetwas Angst zu haben, aber wovor? Wären ihr beinahe die drei magischen Wörter über die Lippen gerutscht? Jene drei Wörter, die in ihrem Falle die Welt für mich bedeuten würden?

„Vergiss es ...“. Sie schloss kurz die Augen, schüttelte den Kopf, machte sie wieder auf und funkelte mich an. Erstaunt nahm ich zur Kenntnis, dass sich ihr Blick verändert hatte. Der Glanz in ihren Iriden entlockte mir ein verwirrtes Keuchen, denn Gott – sie wollte mich. Hier und jetzt. All der Schmerz war einer alles verzehrenden Lust gewichen, und ihre Hände wanderten langsam nach oben. Streichelten über meine Brust, meinen Hals und fanden den Weg in mein Haar.

„Bitte ...“, hauchte sie und touchierte für einen kurzen Moment meine Lippen. „Ein letztes Mal. Im Bett. Edward, ich bitte dich. Nimm mich – in deinem BETT“.

Oh.Mein.Gott. Und jetzt??

Fuck, ich war ihr vollkommen hilflos ausgeliefert. Gnadenlos drückte sie ihren gottverdammt heißen Körper gegen meinen, rieb sich an mir und leckte über meine steifen Nippel, was mich zusammenzucken ließ.

„Isabella, wir dürfen das nicht“, keuchte ich und schloss meine Augen. Wahnsinnige Gefühle brachen über mich herein wie eine riesige Welle, und diese fraß mich auf. Sie verschlang mich mit Haut und Haar, raubte mir meine Sinne, brachte mich um den Verstand.

'Du hast sie bereits ein zweites Mal gefickt. Einmal mehr oder weniger ist doch egal', stachelte mich dieser gottverdammte Heuchler in meinem Kopf wieder an, und verdammt – erneut hatte er recht. Natürlich konnte ich beim ersten Mal nicht wissen, wer die Unbekannte war, aber beim zweiten Mal wusste ich es ganz genau. Wir hatten Dad bereits wissentlich betrogen, und plötzlich waren alle Zweifel weg.

Die Gier nach dieser anbetungswürdigen Frau raste durch jede einzelne meiner Adern, bündelte sich an meiner Körpermitte, und machte mich unglaublich hart. Es war wie eine Erlösung, als ich all meine Ängste vergaß und meinen sehnsüchtigen Mund auf ihren prallen ließ.

Himmel, ich war doch auch nur ein schwacher Mann, in die Knie gezwungen vom perfektesten weiblichen Geschöpf, welches mir jemals über den Weg gelaufen war. Ich konnte ihr einfach nicht mehr widerstehen, und ganz ehrlich – ich wollte auch nicht. Nicht mehr.

Die Tage bis zu ihrer Hochzeit waren bereits gezählt, und obwohl mir vollkommen bewusst war, meinen Dad auf eine widerliche Art und Weise zu hintergehen, musste ich sie haben. Jegliche Vernunft war im wahrsten Sinne des Wortes beim Teufel, denn dieser beschissene Verräter saß breit grinsend in meinem Kopf, verschränkte die Arme vor der Brust und begann gerade, diabolisch zu kichern.

'Nimm dir, was du brauchst, Tiger', schnurrte er schleimig. Ich blendete ihn aus, denn ja – ich würde mir nun nehmen, was ich brauchte. Ich gab auf.

Genussvoll stöhnte sie in den Kuss, während ich mit meiner Zunge ihre zitternden Lippen teilte und in sie drang. Ihre rechte Hand glitt zwischen uns, griff nach meinem voll erigierten Schwanz und legte ihn so, dass er perfekt zwischen unseren Körpern lag. Dann presste sie sich gegen mich und massierte meine Erektion, indem sie sich langsam auf und ab bewegte und mich vor Genuss beinahe zum Schreien brachte.

Aus. Ich konnte nicht mehr. Der ohnehin noch kaum vorhandene Widerstand war gebrochen, und mit einem lauten Stöhnen beendete ich den Kuss.

„Hör auf damit“, fuhr ich sie an, drehte das Wasser ab und packte sie an der Hand. Fast ein bisschen zu grob, aber halb wahnsinnig vor Lust und Begierde schupste ich sie aus der Dusche, trat selbst hastig hinaus, hob sie hoch, trug sie in mein Zimmer und schmiss sie aufs Bett.

Mit einem entzückenden Kichern landete sie klatschnass auf meinen Laken und strahlte mich  an. Ich blieb eine Weile stehen und schaute auf sie herab. Jeden einzelnen Millimeter ihres gottgleichen Körpers nahm ich in mich auf. Speicherte diese Perfektion ab für die Ewigkeit, um auch in vielen Jahren noch davon zehren zu können, denn das würde ich. Davon war ich überzeugt. Niemals wäre ich in der Lage, sie vollkommen aus meinem Leben und aus meinen Gedanken zu streichen. Niemals aus meinem … Herz.

Als ich bei ihrem Gesicht angekommen war und sie mich mit gerunzelter Stirn musterte, war ich kurz davor, ihr meine Liebe zu gestehen, doch ich konnte das einfach nicht. Diese drei berühmt-berüchtigten Worte würden alles zerstören, was mir so wichtig erschien. Das Leben meines Vaters wäre im Arsch, und außerdem – könnte ich mit Isabella jemals glücklich werden in der Gewissheit, Dad das Herz gebrochen zu haben? Nein, definitiv nicht.

Dennoch wollte ich diese Göttin in meinem Bett noch ein letztes Mal spüren, mich in ihr verlieren. Ein letztes Mal fühlen, wie ihre Wände jeden Tropfen aus mir quetschen, ein letztes Mal in ihr und eins mit ihr sein.

Wortlos ging ich ein paar Schritte ums Bett, holte ein Kondom aus der Schublade und riss die Verpackung auf. Gerade, als ich mir dieses beschissene Gummiding über meinen mehr als bereiten Schwanz rollen wollte, erhob sie sich ruckartig, riss ihre Hand hoch und stoppte mich dabei.

„Nein, Edward. Lass es. Dieses Mal nicht, ich will dich spüren. Ganz“, hauchte sie, riss mir förmlich das Kondom aus der Hand und warf es einfach weg. Keuchend vor Überraschung riss ich meine Augen auf und starrte sie ungläubig an. „Ich nehme die Pille, es kann nichts passieren“. Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie die Beine ein wenig spreizte und ihre Arme nach mir streckte. „Nimm mich. Jetzt“.

Es bedurfte keiner weiteren Worte, ich konnte und wollte mich auch nicht mehr wehren. Wie in Trance sank ich auf sie nieder, drückte ihre Schenkel mit meinen Knien so weit wie möglich auseinander und rieb mit dem rechten kurz über ihre Pussy. Sofort konnte ich fühlen, wie nass sie bereits war, und mit einem lauten Stöhnen brachte ich mich in Position.

„Gott, jaaa...“, seufzte sie und schloss die Augen. In diesem Moment drang ich mit einem heftigen Stoß in sie ein und drückte mich so tief und intensiv wie möglich in sie, schob sie damit sogar ein kleines Stück nach oben. Mit einem leisen Schrei kommentierte sie unsere Vereinigung und presste mir ihr Becken entgegen.

Sofort verschloss ich ihre Lippen mit meinen, da ich nicht unbedingt wollte, dass Jazz und Alice uns hören würden, doch kurz darauf gab ich auf. Ich stützte mich auf meine Hände, streckte die Arme durch und nahm mir tatsächlich, was ich brauchte. Hart.

„Ich werde das … nie vergessen“, stöhnte Isabella und krallte ihre Fingernägel in meine Unterarme, „Ich werde … DICH … nie vergessen“. Der zweite gestöhnte Satz gab mir einen Stich ins Herz. Eine tiefe Verzweiflung quetschte es zusammen und folterte mich.

Mit einem Schnaufen knickten meine Arme ein und ich sackte auf sie nieder, ohne die Bewegungen meines Beckens zu unterbrechen oder gar zu stoppen. Ich fühlte ihre wundervollen Brüste an meiner Brust, und all das wurde plötzlich so intensiv, dass ich am liebsten geschrien hätte.

'ICH LIEBE DICH, ISABELLA', wollte ich schreien, doch ich konnte nicht. Ich konnte einfach nicht. Eine Vielzahl an Gefühlen brach über mich herein, mein Herz raste und meine Augen brannten, doch ich hob meinen Kopf und schaute sie an.

„Ich dich auch nicht. Niemals ...“, keuchte ich, während ich sie nach wie vor mit harten Stößen verwöhnte. Eben so, wie sie es liebte, und ich auch. Verdammt, wir beide waren für einander geschaffen, sie war mein, warum sah sie das denn nicht?

Als sie ihre Fingernägel grob in meinen Arschbacken vergrub, stöhnte ich laut auf und fühlte dieses Verkrampfen in den Schenkeln, welches immer mehr zu meiner Mitte wanderte, und ich wusste, ich war gleich soweit. „Gib mir alles, Baby! Komm...“, presste ich mit rauer, heiserer Stimme hervor, als ich bemerkte, dass auch sie schon sehr nahe war. „Sieh mich an, Isabella“. Verdammt, ich wollte ihr noch ein letztes Mal in die Augen sehen, wenn sie kam. Ein allerletztes Mal.

Ihre Iriden waren fast schwarz, als ich in ihnen versank und meine Traumfrau dabei beobachtete, als ein unglaublicher Orgasmus über sie hinweg fegte und mich mit sich riss. Rasch presste ich meine Lippen auf ihre, und sie schrie mir förmlich in den Mund. Mit einem gedämpften Stöhnen ergab ich mich ihren Muskeln, die mich traktierten, meinen Schwanz beinahe zerquetschten und stoßweise spritzte ich in sie. In SIE, und nicht in ein Kondom.

Dieses Wissen erschlug mich einen Augenblick später, und ich konnte ein lautes Stöhnen nicht mehr verhindern, während ich ein paar weitere Male heftig in sie stieß und sodann schwitzend und keuchend auf ihr zusammenbrach.

Minutenlang lagen wir einfach nur so da. Ich streichelte mit der rechten Hand über ihr nasses Haar, während ihre warmen Hände unaufhörlich sanft über meinen Rücken glitten. Gott, alles hätte ich gegeben, um die Zeit anhalten zu können. Für immer und ewig wollte ich so auf ihr liegen, ihre Haut an meiner fühlen, ihren Herzschlag spüren und in ihr sein.



Ein lautes Klopfen an meiner Tür riss mich aus meinen trübsinnigen Gedanken, und erschrocken fuhr ich hoch. „Frühstück!! Wir wissen, dass ihr munter seid“, brüllte Jazz, und sofort wurde mir bewusst, dass ich mächtig in der Scheiße steckte. Ohne ein Wort zu sagen, runzelte ich die Stirn, zog mich aus Isabella zurück, setzte mich hin und vergrub die Finger in meinem Haar.

„Tut mir leid“, flüsterte sie, erhob sich ebenfalls und streichelte fast schüchtern über meinen Rücken, der unter ihrer Berührung zuckte. Unsicher stoppte sie ihre Bewegungen und kletterte mit einem lauten Seufzen aus dem Bett.

Das war es also. Mein letztes Mal mit der Frau, die ich über alles liebte. Mit der Frau, die in gottverdammt naher Zukunft die meines Vaters sein und das Leben an seiner Seite verbringen würde. Nicht an meiner. Eigentlich hatte ich keinen Bock auf Frühstück, ich wollte nur noch sterben. Weg von dieser beschissenen Welt, die mir ohnehin nichts bieten konnte. Weg von all dem Scheiß, den ich nicht ertragen konnte.

„Edward?“. Langsam drehte ich meinen Kopf und sah in Isabellas lächelndes Gesicht. „Wir sollten gehen, Jazz wartet und der Kaffee wird kalt“. Mit hochgezogener Augenbraue stellte ich fest, dass sie bereits angezogen war, während ich hier nach wie vor im Selbstmitleid versank.

„Okay, ich denke, du hast recht“. Ich zuckte resigniert mit den Schultern und versuchte, ihr Lächeln zu erwidern, doch es gelang mir nicht. Rasch stieg ich aus dem Bett, schlüpfte in eine Boxershorts, ein einfaches, weißes Shirt und eine Jogginghose und ging langsam auf Isabella zu, die bereits neben der Tür lehnte und auf mich wartete. Sehnsüchtig glitten meine Augen über ihre Erscheinung, und dieser Ledermini entlockte mir einmal mehr ein leises Keuchen. Verdammt, sie war so heiß!

„Danke“, hauchte sie, als ich dicht neben ihr stand und drückte ihre Lippen für einen kurzen Moment auf meine. „Danke für diesen wundervollen Morgen“. Ein seltsames Glitzern funkelte in ihren Augen, als sie zärtlich über meine Wange streichelte, tief Luft holte, die Tür öffnete und laut ausatmend ins Wohnzimmer ging. Immer wieder hatte ich den Eindruck, dass sie genau so fühlen würde, dass sie genau so unter dieser ganzen Situation litt wie ich, doch noch nie war dieses Gefühl so beklemmend wie in diesen wenigen Sekunden. Dennoch tat es nichts zur Sache, denn mittlerweile hatte ich begriffen, dass sie meinen Dad heiraten würde, komme, was wolle. Ich hatte sie verloren und musste damit leben. Aus.

„Morgen, Bella“, rief Alice freudig aus, als wir in die Küche gingen und fiel meiner Traumfrau um den Hals. Seit wann waren die beiden so eng befreundet? Was genau war mir gestern entgangen? „Hi, Edward“, grüßte die kleine Schwarzhaarige nun in meine Richtung und grinste mich wissend an.

Ich schleuderte ein gespielt fröhliches „Morgen, Lady and Gentleman“ in den Raum und eilte zur Kaffeemaschine, um Jaspers Blick zu entgehen, der bereits am Tisch saß und jeden meiner Schritte verfolgte. Auch wenn ich es nicht sehen konnte, so war ich doch in der Lage, seine vorwurfsvollen Augen auf meinem niederträchtigen Körper zu fühlen, und das machte mich fucking nervös.

„Ähm … Edward?“, gluckste Alice, „Alles, was du für ein köstliches Frühstück brauchst, befindet sich auf diesem Tisch. Also setz dich und lass die Finger von der Kaffeemaschine, ja?“. Dann begann sie leise zu kichern, und ich zog eine Augenbraue hoch. Verdammt, sie benahm sich, als würden wir uns seit Jahren kennen, aber seltsamerweise kam es mir auch genau so vor. Ich mochte diesen kleinen Wirbelwind wirklich und wünschte Jazz, dass er mit ihr zusammenkommen würde, da ich sie mir wirklich als Schwägerin ganz gut vorstellen könnte. Sicher besser als Jess.

Dieser Gedanke zauberte mir tatsächlich vorübergehend ein kleines Lächeln auf die Lippen, doch als ich mich umdrehte und mich soeben setzen wollte, sprang Jasper hoch und funkelte mich zornig an. „Komm mal kurz mit, ich muss mit dir sprechen“, zischte er leise, versicherte den beiden Ladies, dass wir bald wieder kommen würden, packte mich am Handgelenk und zog mich hinter sich her. Während in der Küche das typisch weibliche Geschnatter begann, hielten wir kurz darauf im Wohnzimmer an.

„Du hast...“, begann er leise, und ich wusste genau, worum es ging.

„Ja, Herrgott noch mal, Jazz. Ich habe“, gab ich sofort zu und sank mit einem tiefen Seufzen auf die Couch. Dort rieb ich mir mit meinen Händen heftig über das Gesicht, legte dann meinen Kopf gegen die Lehne und wartete mit geschlossenen Augen auf das, was nun über mich hereinbrechen würde, doch mein Bruder blieb still.

Alles, was ich unmittelbar nach meinem Geständnis bemerkte war, dass er mit einem leisen „Scheiße“ neben mir ins weiche Leder fiel, doch das wars. „Es war nicht zu überhören“, murmelte er eine gefühlte Ewigkeit später, was wiederum mir ein „Scheiße“ entlockte, und dann grinsten wir uns an.

Gerade, als ich dachte, dass ich ganz glimpflich davon kommen würde, wurde mein Bruder unglaublich wütend und schoss hoch. Wie ein Irrer begann er, im Wohnzimmer hin und her zu laufen, fuhr sich durchs Haar und kratzte sich anschließend am Kinn. Minutenlang schaute ich ihm dabei zu, sagte jedoch kein Wort. Lediglich meine Augen schossen hin und her und verfolgten jeden Schritt meines Bruders, bis dieser inne hielt, tief durchatmete und leise  zu mir sprach.

„Du bist im Arsch“.

„Ach“.

„Bist du“.

„Man, Jazz, ich weiß“. Ich schoss hoch und stellte mich schnaufend vor ihn. „Ich weiß, dass ich ein niederträchtiges Arschloch bin. Ich weiß, dass ich meinen eigenen Vater hintergehe, und mir ist auch vollkommen klar, dass ich gerade mein eigenes Leben verkacke, und nicht nur das! Herrgott nochmal, Bruder...“, dann bewegte ich meine Lippen zu seinem Ohr und flüsterte so leise, wie es ging, „...Ich liebe sie. Ich liebe diese Frau, Jazz, und ich würde alles dafür geben, sie an meiner Seite zu haben. Alles, verstehst du?“. Ich senkte meinen Kopf, schloss die Augen und fuhr mir seufzend durchs Haar. „Alles...“

„Fuck, Edward, so schlimm?“. Ohne ihn anzusehen, nickte ich und fühlte kurz darauf seine starken Arme, die sich um mich wickelten und liebevoll drückten. „Gott, das tut mir leid. Es hat dich also wirklich erwischt, oder?“ Wieder nickte ich wortlos, während Jazz mich nach hinten schob und mir einen Schups gab, sodass ich im weichen Leder landete. Er nahm sofort neben mir Platz, bat mich, ihn anzusehen und lächelte mich an. „Kämpf um sie“.

„Was?!“ Entgeistert glotzte ich ihn an. „Wie meinst du das? Was … was willst du damit sagen?“

„Sag ihr, dass du sie liebst“.

„Nein!“. Entsetzt riss ich meinen Kopf hin und her. „Das kann ich nicht“.

„Warum nicht? Man, Edward, du liebst sie“.

„Und Dad?“.

„Scheiße“.

„Eben“.

„Tolle Unterhaltung“.

„Ich weiß“. Dann begannen wir, leise zu lachen. Dieses Gespräch war wirklich beschissen, hatte absolut nichts gebracht, aber dennoch war mein Galgenhumor wieder zum Leben erwacht, und kurz darauf schüttelten wir uns vor Lachen und hielten unsere schmerzenden Bäuche. Plötzlich erstarrte ich und war augenblicklich ernst, da ich unbedingt etwas wissen musste.

„Jazz?“.

„Jap?“. Er wischte sich einige Lachtränen aus den Augen.

„Hast du...?“. Natürlich wusste auch er, was ich meinte, schüttelte jedoch augenblicklich den Kopf.

„Nein, Edward, ich habe nicht. Wir haben die ganze Nacht geredet, ob du es glaubst, oder nicht. Alice ist ein fantastischer Mensch, eine tolle Frau, und ich schätze sie sehr. Wir haben viel über einander erfahren, aber noch mehr gelacht. Ich denke, sie … sie tut mir gut.“ Ich starrte ihn aufmerksam an und nahm erstaunt zur Kenntnis, dass er Alice wirklich nicht gevögelt hatte, auf keinen Fall.

„Du magst sie, oder?“

„Ja, Bro, das tu ich“.

„Und … naja, werdet ihr euch wiedersehen?“.

„Ganz bestimmt, ja. Zwar habe ich echt keinen Bock darauf, mich schon jetzt in eine neue Beziehung zu stürzen, obwohl ich noch nicht einmal geschieden bin, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass ...“.

„Yeah, es hat dich erwischt“, unterbrach ich ihn und grinste über das ganze Gesicht.

„Hat es wohl“. Er grinste zurück, zuckte mit den Schultern und … wurde rot. Wow, wie DAS denn?

„Jazz, verdammt, ist dir klar, dass du eben rot geworden bist?“. Er strahlte mich an, sah verschämt zur Seite, und kurz darauf lachten wir lauter als zuvor.

„Was geht denn bei euch ab? Dürfen wir auch mitlachen?“. Alice stand mit in die Hüften gestemmten Fäusten mitten im Raum und schaute belustigt zwischen Jasper und mir hin und her. Isabella lehnte lässig an der Wand, hatte die Arme vor ihrer Brust verschränkt und fixierte mich mit einem bezaubernden Lächeln. Es schien fast so, als wäre sie … verliebt?

Gerade, als ich sie bis zum Abwinken anschmachtete und meinen Blick einmal mehr lüstern über ihren traumhaften Körper gleiten ließ, klingelte mein Handy. Dad.

Gott, binnen Sekunden schämte ich mich zu Tode, und irgendetwas Unheimliches presste mir die Luft aus den Lungen. Verdammt, ich hatte vor nicht einmal einer Stunde seine Verlobte gevögelt, blickfickte sie in diesem Moment, und er würde innerhalb der nächsten Sekunden liebevoll den perfekten Vater raushängen lassen. Kein Problem, denn das war er auch…

„Edward, Hi. Ist Bella noch bei euch? Ich habe versucht, sie zu erreichen, doch ihr Handy ist wohl aus“

„Guten Morgen, Dad, ja, sie ist noch bei uns. Alice ist auch hier – du weißt, Jaspers Scheidungsanwältin“.

„Oooh, wirklich?“, kicherte er, und ich eilte in die Küche, um ihm zu versichern, dass zwischen Jazz und Alice nichts gelaufen war. Ja, zwischen den beiden nicht…

„Sohn, ich hätte eine Bitte. Es dauert noch, bis ich meinen Dienst für heute beenden kann. Würde es dir, oder besser gesagt euch etwas ausmachen, Bella noch eine Weile zu unterhalten? Du weißt, ich möchte sie nicht ganz alleine in diesem großen Haus lassen, und ich freue mich so, dass ihr euch endlich so gut versteht“. Er machte eine kurze Pause. „Das tut ihr doch, oder?“ Fuck, ich war das größte, niederträchtigste, mieseste Arschloch, welches jemals diesen Erdboden betreten hatte. Ich fühlte mich dermaßen schlecht, dass ich mir am liebsten selbst eine rein gehauen hätte. Verdammt, er freute sich, dass wir uns endlich so gut verstehen, und ich vögelte … nein, viel schlimmer, ich LIEBTE seine Braut.

„Edward?“

„Ja, Dad, entschuldige bitte, ich war kurz abgelenkt. Natürlich verstehen wir uns gut. Die Party gestern war sehr lustig, und wir kommen wirklich toll miteinander aus.“

„Fein, Sohn, vielen Dank. Kann ich vielleicht mit Bella sprechen?“

„Klar. Bella! Dein Verlobter!“, rief ich ins Wohnzimmer, quälte mir ein Lächeln aufs Gesicht und hielt ihr das Handy hin.

Sie eilte auf mich zu, schnappte mein Telefon, nickte mir zu und hielt es sich ans Ohr.

„Hey, Baby, wie war dein Dienst? … Oooh …Mein armer Schatz … ja, tut mir leid, mein Akku hat sich wohl verabschiedet…“, und dann ließ ich sie allein. Wieder im Wohnzimmer angekommen, schmiss ich mich auf die Couch und beobachtete Jazz. Er und Alice standen am Fenster, unterhielten sich leise und schauten verträumt in den wolkenverhangenen Himmel Seattles. Der rechte Arm meines Bruders lag ganz locker um ihre Taille, und die Blicke, die sie sich immer wieder zuwarfen, sagten mehr als tausend Worte. Oh ja, zwischen den beiden bahnte sich etwas an, und ich freute mich wahnsinnig für Jazz.

Er hatte sich dieses Glück redlich verdient, und ich vergönnte es ihm von ganzem Herzen. Wenigstens er würde das bekommen, was er wollte. Ich nicht. Okay. Ich nahm es zur Kenntnis und beschloss, das Beste draus zu machen, denn ich hatte keine Wahl.


Drei Stunden und eine Pizza-Session später, rief mein Dad ein weiteres Mal an, und kurz darauf fuhr Isabella los. Sie bedankte sich für die tolle Party, tat wieder einmal, als wäre nichts passiert, doch der Abschied tat unglaublich weh.

„Wir sehen uns, Edward“, hauchte sie an der Tür und streichelte zärtlich über meine Wange, was mich erschauern ließ. Für einen ganz kurzen Augenblick schmiegte ich mich in ihre sanfte Berührung, drehte den Kopf jedoch gleich wieder weg.

„Oder auch nicht“, erwiderte ich leise. Es war mir klar, dass wir uns spätestens bei der Hochzeit wiedersehen würden, doch bis dahin wäre es wohl am klügsten, ihr aus dem Weg zu gehen.

„Wie meinst du das?“

Ich war es schon so leid, immer wieder diese Fragen zu beantworten, also seufzte ich lediglich tief, schüttelte den Kopf, senkte ihn und wich ein paar Schritte zurück. „Machs gut, Isabella, und grüß Dad von mir“. Dann drehte ich mich um und ließ sie allein.

„Edward…“, flüsterte sie mir hinterher, doch ich hob nur die Hand, um ihr damit zu zeigen, dass ich nicht mehr reden wollte. Es hatte doch ohnehin keinen Sinn.

„Bellaaaa, warte auf mich!!“, rief Alice laut, drückte meinem Bruder einen süßen Kuss auf den Mund, kicherte und lief in den Flur. Isabella hatte ihr versprochen, sie nach Hause zu fahren, und nach einer kurzen Verabschiedung waren Jazz und ich allein. (A/N: EIN. KUSS????? Ernsthaft? Boah, Elke, wenn ich dich in die Finger kriege. Wie kannst du SOWAS schreiben? --> Man, Schatzi, es tut mir leid. Hast mich jetzt nicht mehr lieb? *schnief*)
Die Stille in unserem Appartement machte mich krank. Ich fühlte mich beschissen, war angepisst, traurig  und so gottverdammt frustriert, dass ich mich am liebsten irgendwo zum Schlafen hingelegt hätte, um nie wieder aufzuwachen. Nie wieder…

„Hey, Alter…“, sagte Jazz leise und boxte mir sanft gegen den rechten Oberarm. „Was machen wir mit dem restlichen Sonntag? DVD-gucken? Zocken? Rumhängen? Saufen? Was auch immer du willst, ich bin für dich da“.

Ich schenkte ihm ein unechtes, aber dennoch verdammt dankbares Lächeln und schüttelte den Kopf. „Lass mich einfach sterben“. Doch dann musste ich grinsen, weil plötzlich eine verdammt gute Idee durch meinen Kopf spukte.

„Lass uns Mom besuchen, was hältst du davon? Sie beschwert sich doch immer, dass wir uns nie bei ihr blicken lassen, und der Sonntagnachmittag ist doch perfekt“. Jaspers Augen begannen zu leuchten. „Einverstanden. Sie wird sich sicher freuen“.

Es war viertel nach drei, als wir an der Klingel unserer Mutter Sturm läuteten und uns breit grinsend vor ihrer Tür postierten.

„Jaaaaaaaa, Herrgott nochmal, ich komme schon. Eine alte Frau ist doch  kein D-Zug“, hörten wir sie maulen, und kurz darauf stand sie vor uns.

„Edward!! Jasper!! Was für eine wundervolle Überraschung, ich freu mich so“, rief sie laut, schlang ihren rechten Arm um meine Hüfte, den linken um die von Jazz und zog uns fest an sich. Abwechselnd kuschelte sie sich an Jaspers und meine Brust.

„Hi, Mom“, grüßten Jazz und ich vollkommen synchron, umarmten sie ebenso und grinsten sie an. Natürlich kamen wir nicht um den fetten Kuss herum, der bei jedem Treffen auf unseren Wangen landete, und dann war es an ihr, uns liebevoll anzulächeln und ein glückliches Seufzen abzulassen.

„Gut seht ihr aus, meine Herren. Wie ich sehe, esst ihr genug“, stellte sie zufrieden fest, während sie sanft unsere Bäuche betatschte und wir grinsend unsere Augen verdrehten.

„Kommt doch rein, Jungs“. Sofort wich sie zur Seite, drückte die Tür so weit wie möglich auf und bat uns mit einer ausschweifenden Handbewegung hinein. Plötzlich wurde sie leicht verlegen und bedachte mich mit einem nervösen Blick.

„Jungs … ähm…“, stotterte sie, schaute kurz in die Richtung ihres Wohnzimmers, und dann auf mich. Unmittelbar darauf huschten ihre Augen zu Jazz, und sie lächelte ihn merkwürdig an. „Du kennst ihn ja schon, Schatz, aber du noch nicht“, und nun war ich wieder derjenige, den sie mit ihrem Blick fixierte. „Ich habe Besuch. Paolo ist hier. Jasper hat ihn ja bereits persönlich kennengelernt, aber nun freu ich mich, dass ich ihn auch dir vorstellen kann, Edward. Kommst du?“

Voller Stolz schnappte sie unsere Hände und zog uns einen Raum weiter. Dort erhob sich gerade ein sehr gut aussehender Mann in einem perfekt sitzenden Anzug und kam langsam auf uns zu.

„Jasper, schön, Sie wiederzusehen“, sagte er sehr höflich, lächelte meinen Bruder an und schüttelte ihm die Hand. „Und Sie sind dann vermutlich Edward, ich freue mich sehr“, begrüßte er mich, und ich muss wirklich zugeben, dass ich beeindruckt war. „Ich bin Paolo Rizzante, der … nun … Freund dieser zauberhaften Frau“. Liebevoll zwinkerte er unserer Mutter zu, und diese begann zu kichern wie ein 14jähriger Teenager in der Pubertät.  Gott, wann hatte ich meine Mutter das letzte Mal SO gesehen? Ich liebte es.

„Ich freu mich auch“, erwiderte ich und registrierte mit Wohlwollen den festen Händedruck des neuen Lovers meiner Mom.

„Setzt euch doch, meine Lieben“, säuselte sie glücklich in unsere Richtung und deutete mit dem Kopf auf die Couch. „Kaffee?“.

„Gern, danke, Mom“, kam es wieder völlig synchron aus unseren Mündern und wir grinsten uns an. Esme hauchte Paolo einen zarten Kuss auf den Mund und wirbelte mit einem leisen „Bin gleich wieder da, Liebster“ in die Küche, um ihre Söhne zu versorgen.

„Nun, Paolo, was machen Sie denn so?“, fragte ich, ließ mich wie Jazz ins weiche Leder fallen, legte meine Arme lässig auf die Couchlehne und lächelte ihn an. Ja, meine Güte, ich war eben schon immer ein neugieriger Mensch. Abgesehen davon wollte ich wissen, ob er es wirklich ernst meinte mit Mom, also war es doch mein gutes Recht, ihn ein bisschen auszufragen, oder?

„Sie können mich gerne alles fragen, was Sie wissen wollen, ich habe keine Geheimnisse vor eurer Mom“, erwiderte er lächelnd und fuhr fort, „Also, ich bin in der Textilbranche tätig und häufig in meinem Büro in Seattle. Meine Firma hat Zweigstellen in San Francisco, New York, Washington und Philadelphia, aber diese werden von sehr zuverlässigen Mitarbeitern bestens betreut. Hier fühle ich mich eben am wohlsten, nicht zuletzt wegen der wundervollen Frau, die ich in dieser grandiosen Galerie kennen und lieben lernen durfte“. Liebevoll lächelte er an uns vorbei und sprang sofort hoch, um Mom das Tablett mit unserem Kaffeegeschirr abzunehmen und es gekonnt auf dem Couchtisch zu platzieren. „Ich mach das schon, Liebling, setz dich zu deinen Jungs“.

„Vielen Dank“, hauchte Mom, schenkte ihm ein hochgradig verliebtes Lächeln und zwängte sich zwischen Jazz und mich.

Die nächste Stunde verbrachten wir mit einer verflucht glücklichen Mom, einem strahlenden und immer wieder mit ihr kuschelnden Paolo und sehr wissbegierigen Brüdern. Der neue Mann an der Seite meiner Mutter schien sie wirklich zu lieben, das Lächeln, welches sie sich immer wieder schenkten, sprach Bände, und doch hatte ich ein ganz seltsames Gefühl in mir, welches ich nicht deuten konnte. Irgendetwas stimmte nicht, aber WAS?

Nachdem wir unseren Kaffee ausgetrunken und einen ausgezeichneten Schokoladekuchen genüsslich verspeist hatten, verabschiedete sich Paolo auf die Toilette, Jazz ging mit Mum in die Küche, und ich entschuldigte mich kurz, um auf der kleinen Terrasse eine zu rauchen. Ich setzte mich in einen weißen Gartenstuhl, welcher sich in der rechten Ecke befand, lehnte meinen Kopf zurück und genoss meine Lucky Strike.

Plötzlich wurde die Glastür hektisch zur Seite geschoben und ein überaus nervöser Paolo schoss an mir vorbei. Mit dem Handy am Ohr stellte er sich direkt ans Geländer und beruhigte sich sofort.

Was ich dann allerdings hörte, war einfach unglaublich. Ich war entsetzt, wütend, enttäuscht und so gottverdammt angepisst, dass ich gute Lust hatte, ihn zu …töten.

Dienstag, 27. Dezember 2011

(15) Schwarz oder brünett – beide sind nett … oder?




Samstag, 28.7.2009


„Fick dich, du Idiot!!“, schrie ich einem Vogel hinterher, der gerade eben so knapp an meinem Gesicht vorbeigeschossen war, dass ich vor Schreck beinahe von der Terrasse gefallen wäre. Verdammt, meine Nerven lagen ohnehin blank und waren wie Drahtseile gespannt. Musste ich mich dann auch noch von so einem verdammten Pisser schockieren lassen??

Ich zog an meiner Zigarette, als müsste ich sterben, wenn ich sie nicht in spätestens zwei Minuten fertig geraucht hätte, und schnippte sie fluchend in die Richtung, in welche der beschissene Vogel verschwand.

„Hey, komm mal wieder runter“, murmelte Jazz plötzlich neben mir und legte eine Hand auf meine Schulter. „Wird schon schiefgehen“.

„Du hast gut reden“. Ich lachte sarkastisch auf und drehte meinen Kopf langsam zu ihm. „Dir hab ich die ganze Scheiße doch zu verdanken. Dir, dem Hohlraumsausen in deinem Kopf und deinem vorlauten Mundwerk. Isabella und Leah in einem Raum. Großartig, Jasper. Wirklich großartig. Vielen Dank, ich freu mich schon“. Mit einem weiteren, dieses Mal ziemlich teuflischen Lachen fuhr ich mir durchs Haar und ließ meinen Bruder einfach stehen.

Es war kurz vor halb acht, die Vorbereitungen für die Party abgeschlossen, und ich nervlich komplett im Arsch. Tief seufzend lief ich zur provisorischen Bar, schnappte mir ein Glas und goss großzügig Whiskey hinein. „Auf dich kann ich mich eben immer und jederzeit verlassen, mein Freund“, sagte ich grinsend zur bräunlichen Flüssigkeit und ließ sie auf Ex in meiner Kehle verschwinden. Nach einem kurzen, aber gottverdammt heftigen Hustenanfall fiel ich auf die Couch und ließ meine Augen zufrieden über die Köstlichkeiten schweifen, die vor einer halben Stunde geliefert wurden. Mein Bruder und ich waren bei Gott keine Meisterköche, also nahmen wir natürlich die Gelegenheit wahr, das Buffet von einem Catering ausrichten zu lassen, und es war einfach grandios.

„Man, es tut mir leid“, murmelte Jazz und fiel seufzend neben mir auf die Couch. Leicht angepisst krempelte ich die Ärmel meines weißen Hemdes bis zu den Ellenbogen hoch und öffnete die ersten beiden Knöpfe, da ich das Gefühl hatte, jeden Moment ersticken zu müssen.  Erleichtert und tief durchatmend sah ich in Jaspers schuldbewusstes Gesicht. Plötzlich bereute ich das, was ich eben gesagt hatte und lenkte ein.

„Schon okay, mir tuts auch leid“, erwiderte ich schwach und lächelte ihn an. Es war ohnehin zu spät, mich über diesen Scheiß zu ärgern, abgesehen davon brachte es nichts, mich jetzt auch noch mit meinem Bruder zu zerstreiten, er meinte es doch nur gut. Ich musste eben damit klarkommen, Isabella und Leah zur selben Zeit um mich zu haben, hatte keine andere Wahl. „Wird schon schiefgehen“, wiederholte ich seine Worte, grinste und stand auf.

Er seufzte erleichtert, murmelte ein leises „Hoffentlich“, und schnappte sich eine Scheibe Käse, welche sofort in seinem Mund verschwand.

„Hör auf zu naschen“, fuhr ich ihn an und tat dasselbe mit einer Wurst. Ich grinste breit, schnappte mir eines von diesen leckeren, kleinen Maiskölbchen und kaute eine Sekunde später genüsslich darauf herum.

„Heeeeey, hör auf mit dem Scheiß! Wenn du so weitermachst, ist das Buffet im Arsch, bis die Gäste kommen“, tadelte mich mein Bruder, und kurz darauf begannen wir, heftig zu lachen. Meine Anspannung war beinahe verschwunden, was vermutlich auch am Whiskey lag, aber immerhin. Ich freute mich besonders auf Emmett, doch die Frauensache machte mir nach wie vor Angst.

In den vergangenen zwei Tagen hatte ich es tunlichst vermieden, Isabella über den Weg zu laufen. Jake kümmerte sich fabelhaft um Jessica und den ganzen Modelscheiß, sogar ein Probeshooting wurde schon gemacht. Angela, unsere Fotografin, hatte Jess perfekt im Griff, und die Fotos wurden toll. Meine hoffentlich bald Ex-Schwägerin verhielt sich tadellos, war stolz wegen ihres Jobs, und sogar Rose sprach in den höchsten Tönen von ihr. Unglaublich.

Wie dem auch sei – ich hatte also keinen Grund, Isabella zu sehen, und auch sie ließ nichts von sich hören. Obwohl ich sie auf der einen Seite furchtbar vermisste, war ich andererseits dennoch froh. Der Abstand, den ich gewonnen hatte, tat mir gut, doch ich fürchtete mich ernsthaft davor, sie heute zu sehen, da ich nach wie vor nicht sicher war, was ich für sie empfand.

Während der letzten Tage in Forks war es so, als würde ein kleines Bisschen unwillkommener Liebe durch meinen Körper rasen, doch kaum zurück in Seattle, erschien dies alles wie ein Traum. Ich begehrte ihren Körper, dachte immer und immer wieder an den unglaublich heißen Sex, doch dieses Verliebtsein löste sich beinahe in Wohlgefallen auf. In der Gewissheit, mich einfach nur in etwas Unnötiges gesteigert zu haben, realisierte ich irgendwann, sie niemals haben zu können und lenkte mich anderweitig ab. Nicht mit Frauen, denn die interessierten mich momentan nicht, aber mit Arbeit. Meist hockte ich von sechs Uhr früh bis spät am Abend in meinem Büro, zog wieder einen lukrativen Auftrag an Land, telefonierte, mailte und verhandelte so intensiv, dass ich – kaum daheim - nach einer schnellen Dusche ins Bett fiel und wie ein Toter schlief.

Ein rascher Blick auf meine Uhr schickte mir einen Schauer über den Rücken -  es war viertel vor acht. Kaum hatte ich meinen Kopf seufzend nach hinten gelehnt, klingelte es an der Tür. Ich hatte das Gefühl, mein Herz würde auf der Stelle in meinem Brustkorb implodieren, als Jazz sich strahlend in den Flur begab und ich rasch ins Badezimmer lief.

Mein Haar war chaotisch wie immer, das strahlend weiße Hemd zeigte einen kleinen, sexy Teil meiner zart behaarten und leicht gebräunten Brust. Mit einem breiten Grinsen hauchte ich ein leises „Du siehst gut aus, Baby“ gegen den Spiegel, zog einen Augenblick an meinen engen, schwarzen Nappaleder-Hosen herum und verließ zufrieden das Bad.

„Hi, Alter, alles klar? Danke für die Einladung“, hörte ich sofort Emmetts tiefe, brummige Stimme, und ich freute mich sehr. Wir begrüßten uns mit Umarmungen und schier endlosem Schulterklopfen, und es war, als wäre er nie weg gewesen. Em war fantastisch drauf, grinste über das ganze Gesicht und drückte mir eine Flasche Whiskey in die Hand. „Hier, Man. Wir wollen doch nicht, dass uns DAS Getränk ausgeht“, gluckste er, zog sich die Schuhe aus, schlenderte geradewegs ins Wohnzimmer und blieb laut keuchend vor den kulinarischen Leckerbissen  stehen. „Wow...“.

„Böser Junge! Wirst du wohl warten, bis alle Gäste eingetroffen sind“, gluckste Jazz und wackelte drohend mit dem gestreckten Zeigefinger vor Emmetts Nase herum. „Fuck, du hast dich wirklich nicht verändert. Verfressen wie eh und je“, fuhr mein Bruder fort und brach in schallendes Gelächter aus.

Dann ging es Schlag auf Schlag. Jake hatte Vicky und Sam im Schlepptau, da sie gemeinsam mit einem Taxi gekommen waren, die nächste war Alice, was Jazz leicht aus dem Gleichgewicht brachte, und dann kam Leah. Fuck. Bis zur letzten Sekunde hatte ich gehofft, dass sie vielleicht absagen würde, doch diese Hoffnung war schlagartig dahin.

„Hi, Baby“, schnurrte sie mit tiefer Stimme, fiel mir sofort um den Hals und drückte mir einen Kuss auf den Mund. Sie sah wirklich heiß aus, trug eine enge, weiße Jeans und ein über und über mit glitzernden Steinchen besetztes, dunkelgrünes Top. Ihre unechten Brüste lachten mich wegen eines fast zu tiefen Ausschnittes förmlich an, und ihr glattes, schwarzes Haar hatte sie mit einer tollen Hochsteckfrisur gebändigt. Ja, sie sah gut aus, das konnte ich nicht leugnen. „Hi“, erwiderte ich kurz angebunden, löste ihre Arme von mir und lächelte sie entschuldigend an. Immerhin hatte ich etwas verdammt Wichtiges zu tun.

Ich begab mich in die Mitte des Raumes, begrüßte unsere Gäste, stellte sie untereinander vor und registrierte mit hochgezogener Augenbraue, dass sich Leah kichernd mit Jacob unterhielt. Nun, ich hatte eben keine Zeit und war schwer beschäftigt, versorgte unsere Freunde mit Getränken, räumte zwei Aschenbecher auf die Terrasse, da Jazz und ich nicht wollten, dass in den Zimmern geraucht wurde, und auch sonst war einiges zu tun.

Mein Bruderherz hatte inzwischen neben Alice auf der Couch Platz genommen, ihr soeben einen Martini in die Hand gedrückt und strahlte sie an. Seine Anwältin hingegen tat es ihm gleich und bekam gerade rote Wangen, weil er ihr etwas ins Ohr geflüstert hatte. Kichernd boxte sie ihm leicht in den Bauch und lächelte ihn an. Wow, zwischen den beiden schien wirklich etwas zu laufen, oder war ich wieder einmal Meister der Interpretation? Wie dem auch sei, er bemühte sich sehr um Alice, also ließ ich ihm den Spaß. Ich hatte die Party voll im Griff, die Stimmung war gut, und nachdem alle fürs Erste versorgt waren, schmiss ich mich mit dem nächsten Glas Whiskey ebenfalls auf die Couch.

„Hey, Alter, was geht?“, fragte mich Emmett und wuchtete seinen kräftigen Körper mit so einem Schwung neben mich, dass ein kleiner Teil des Whiskeys mein Glas verließ. Wir lachten laut auf, und ich hatte das Bedürfnis, mehr von ihm zu erfahren. Ich mochte diesen lustigen Kerl sehr und hoffte wirklich, dass wir uns nicht wieder aus den Augen verlieren würden.

„Sag mal“, startete ich also mein Interview, „was machst du denn eigentlich so? Konntest du dein liebstes Hobby wirklich zum Beruf machen?“

„Jap“, erwiderte er und grinste mich an. „Ich habe am östlichen Stadtrand Seattles eine eigene KFZ-Werkstatt mit allem Drum und Dran. Sogar eine kleine Imbissbude gehört mittlerweile dazu, die von einer sehr netten, etwas älteren Lady betrieben wird. Ich mag sie wirklich, und wir verstehen uns sehr gut“.

„Ooh – konstante Futtersorgung. Was für ein Glück“, kicherte ich und ging sofort in Deckung, da seine rechte Faust gegen meinen Oberarm zischte. Autsch. Zu spät.

„Halt die Klappe“, gluckste Em und fuhr fort. „Ich habe dort als Mechaniker begonnen, war sehr gut befreundet mit meinem Chef. Kurz darauf bekam er Probleme mit dem Herz und bot mir den Laden an. Natürlich schaffte ich es nicht, ohne einen Kredit aufzunehmen, doch der Laden läuft verdammt gut, und ich bin im nächsten Monat mit den Rückzahlungen fertig“. Er strahlte mich an. „Weißt du, den größten Spaß hab ich allerdings nach wie vor, wenn ich selber Hand anlegen kann. Ich liebe es, an Motorblöcken herumzufummeln, unter den Autos zu verschwinden und den ganzen Scheiß. Ich steh einfach drauf“.

Mit einem begeisterten Funkeln in den Augen erzählte er mir noch mehr von seiner Werkstatt, von zwei zuverlässigen Jungs, die für ihn arbeiteten, und dann begann er, MICH zu interviewen.

Nach diesem lustigen und sehr informativen Gespräch begann sein Magen, bedrohlich zu knurren und Emmett fragte, warum das Buffet noch nicht freigegeben wurde, also tat ich ihm den Gefallen, wünschte allen einen guten Appetit, und er war weg. Grinsend schaute ich ihm hinterher und schüttelte den Kopf. Während ich zum vermutlich tausendsten Mal einen Blick auf meine Armbanduhr warf, realisierte ich endlich, dass der letzte Gast nach wie vor fehlte, und irgendwie pisste mich das an.

Die Party lief toll, die Musik tönte in einer angenehmen Lautstärke durch den Raum, das Buffet kam bestens an, und dennoch fehlte etwas. Oder besser gesagt – jemand.

Es war bereits kurz vor neun, als ich mir wohl oder übel eingestehen musste, Isabella nicht mehr zu sehen. War das gut oder schlecht? War ich enttäuscht oder froh? Minutenlang überlegte ich hin und her, erstellte im Geiste geheime Pro- und Kontra-Listen, doch das Ergebnis war immer gleich. Ich vermisste sie...

„Warum so ernst, schöner Mann?“, hauchte Leah plötzlich neben mir, vergrub ihre Finger in meinem Haar und zog mich eng an sich, um meine Lippen in Beschlag zu nehmen. Blöderweise hatte ich absolut keinen Bock darauf, ihren Kuss zu erwidern, denn ja, ich war enttäuscht. Ich wollte Isabella spüren, fühlen, schmecken und riechen, wollte ihren Mund auf meinem, und nicht den von Leah. Fuck, irgendetwas lief hier schief.

Black Beauty ließ von mir ab, musterte mich mit hochgezogener Augenbraue und schaute mich misstrauisch an. „Was ist denn los? Du bist schon wieder so komisch“, stellte sie fest und wollte gerade eben auf meinen Schoß klettern, als es an der Tür klingelte und mein Herz in die Hose rutschte.

„Sorry, bin gleich wieder da“, sagte ich schnell, schenkte ihr einen entschuldigenden Blick, hauchte einen Kuss auf ihre Lippen und schoss hoch. Kalter Schweiß drückte sich aus meinen Poren. Ich zitterte. Meine Knie wurden weich, als ich wie ferngesteuert in den Flur stolperte, mich vor die Tür stellte und ein letztes Mal tief Luft holte. Sie war DOCH gekommen. Scheiße ja, sie MUSSTE es einfach sein. Wer sonst sollte um diese Zeit klingeln? Fuck – Mom oder Dad? Niemals, Dad war im Krankenhaus und Mom war sicher mit Paolo beschäftigt, sonst fiel mir keiner ein.

Tief in meinen grüblerischen Gedanken versunken vernahm ich lautes Klopfen und erschrak. Vielleicht sollte ich doch endlich öffnen, nur so konnte ich sicher gehen, wer der unbekannte Anklopfer war. Oh Man, ich drehte fast durch vor Nervosität, packte zitternd die Klinke, drückte sie nach unten, zog sie zu mir und öffnete langsam die Tür.

„Isabella...“, hauchte ich und wäre ihr am liebsten augenblicklich um den Hals gefallen. Mein Herz raste bedrohlich, doch ich verschränkte die Arme vor der Brust und machte einen auf cool.

„Hi … Edward...“, wisperte sie, und ich musste wirklich an mich halten, um nicht sofort über sie herzufallen. Mein Name aus ihrem Mund … hier war sie wieder, diese Symphonie. Gott, sie war so verflucht schön. Ihre wilden Locken wallten ungestüm über ihren Rücken und endeten erst kurz vor ihrer Taille. Lediglich ihre Augen waren mit etwas Mascara betont, was ihre Wimpern noch länger und dichter machte, als sie es ohnehin schon waren. Kein Make-Up, kein Lippenstift, und dennoch so perfekt.

„Komm doch rein“, sagte ich leise, während ich kurz den Kopf schüttelte, um wieder klar denken zu können. Ihr traumhafter Körper war von einem dunkelgrauen, wadenlangen Staubmantel verhüllt, und ich fragte mich bereits, was darunter war.

„Danke“. Mit einem belustigten Lächeln schob sie mich ein wenig zur Seite, da ich wie angewurzelt stehen blieb und mich absolut nicht bewegen konnte. Idiot. Noch auffälliger, wenns geht, Cullen. „Tut mir leid, dass ich so spät dran bin. Hab mich verfahren. Diese beschissenen Navis sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Gott, ich bin kreuz und quer durch Seattle gefahren, bis ich zu euch fand“, kicherte sie, verdrehte die Augen, zuckte mit den Schultern und schälte sich langsam aus ihrem Mantel.

Was ich dann allerdings zu sehen bekam, raubte mir die Luft zum Atmen, und mein Herz blieb stehen.

„Gott, Isabella, du ...“. Stotternd wankte ich zwei Schritte zurück und lehnte mich Halt suchend gegen die Wand. Ihre zierlichen Füße steckten in schwarzen Stilettos. Meine Augen glitten ihre endlosen, nackten Beine entlang und hielten inne an einem fucking heißen, aber dennoch eleganten Ledermini, durch dessen Schlaufen ein schmaler, silberner Gürtel gezogen war. Darüber trug sie ein gottverdammt scharfes, ebenso schwarzes Top mit leicht angeschnittenen Ärmeln und einem göttlichen Dekolleté, welches mir sofort offenbarte, dass sich kein BH unter dem schwarzen Stoff befand. Um ihren Hals schmiegte sich eine breite, silberne, schlangenartige Kette und machte diese Frau so exquisit, dass ich es kaum noch fassen konnte. Verdammt, ich wollte sie. So sehr.

„Jaaaa?“, hauchte sie, und in diesem Moment fiel mir erst auf, dass sie ihre Augen genauso über meinen Körper gleiten ließ, wie ich meine über ihren. „Partnerlook, huh?“ Mit einem gottverdammt heißen Blick betrachtete sie  meine Lederhose und grinste mich an. Plötzlich wurde sie todernst, kam langsam auf mich zu und strich mit ihrem Zeigefinger hauchzart über meine Lippen. „Ich hab dich vermisst“, flüsterte sie, und gerade, als mein Mund sich wie automatisch dem ihren näherte, hörte ich Schritte hinter mir, und ich wich zurück.

„Baby, da bist du ja. Wo treibst du dich denn immer herum?“, nervte Leah und sah misstrauisch zwischen mir und Isabella hin und her. „Ach, Bella, wie schön. Wie geht es Ihrem Verlobten?“ Oh Fuck, bitte kein Zickenkrieg...

„Ausgezeichnet, vielen Dank“, erwiderte die schönste Frau des Universums und lächelte Leah freundlich an. Boah, wie machte die das bloß? „Wie geht es Ihnen?“

„Sehr gut, danke“. Leah bedachte Isabella mit einem verflucht ätzenden Blick, und wendete sich an mich. „Kommst du, Schatz? Unsere Gäste warten“. UNSERE Gäste? Machte sie hier tatsächlich einen auf Hausherrin?

„Ich komme gleich, geh schon mal vor“, murmelte ich und widmete mich sofort wieder Isabella, die schmunzelnd neben mir stand.

„Ich denke doch, dass sie…“, begann Leah und spuckte dieses ‚sie‘ aus, als wäre meine Schöne der letzte Dreck, „…alleine ins Wohnzimmer findet, oder?“. Black Beauty packte mich besitzergreifend an der Hand und zog mich einfach weg.

„Lass das“, fauchte ich sie an und riss mich ruckartig von ihr los. „Schreib mir niemals vor, was ich tun soll, Herrgott noch mal. Zwing mich nicht, dir wie ein Schoßhündchen hinterher zu laufen! Was soll denn dieser Scheiß?“.

„Jaja, schon gut“, murmelte Leah, entfernte sich von mir, ging zu Isabella und blieb unmittelbar vor ihr stehen. „Wenn sie es nicht allein ins Wohnzimmer schafft, musst du sie eben führen“, zischte sie Isabella leise ins Gesicht, doch die … lächelte sie verflucht liebreizend an und schüttelte den Kopf.

„Aber, aber, wer wird denn da so eifersüchtig sein?“, schnurrte sie, und aus dem liebreizenden Lächeln wurde ein diabolisches und überlegenes Grinsen. „Dann mal los“, sagte sie kurz und bündig, zwinkerte Leah zu und ging unglaublich elegant und graziös dorthin, wo die anderen waren.

Ich folgte Isabella, während Leah kurz mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen stehenblieb und uns dann ebenso folgte.

Jazz nuschelte irgendwas in Alices Ohr, sprang hoch und kam auf uns zu. „Bella … schön, dass du gekommen bist“, begrüßte er sie und drückte einen Kuss auf ihre Wange. „Danke, Jazz. Ich freu mich auch, dass ich doch noch zu euch gefunden hab“, erwiderte sie kichernd, und ich stellte sie den anderen vor.

„Wow, Alter, ist sie das?“, flüsterte Emmett in mein Ohr, nachdem sich meine Süße ein Bier geholt und mit Alice einen netten Smalltalk begonnen hatte. Oh mein Gott … meine Süße?? War ich denn jetzt schon komplett durch geknallt?? Mit einem geseufzten „Ja, leider“ beantwortete ich seine Frage und ließ meinen sehnsüchtigen Blick einmal mehr über ihren traumhaften Körper gleiten. „Heiß“ erwiderte Em und starrte sie ebenso an.

Leah schlich ständig um mich herum, versuchte, mich zu befummeln oder mich zu küssen, doch ich wollte diese Scheiße nicht. Ich hätte am liebsten Isabella gepackt, sie in mein Schlafzimmer gezogen und gefickt. Hart, laut und stundenlang. Immer und immer wieder.

Ständig ruhten ihre Augen auf meinem Körper, ich fühlte es, spürte dieses Brennen, welches ihre Blicke hinterließen. Es machte mich wahnsinnig, doch noch wahnsinniger machte mich Leah, die immer wieder versuchte, meine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken.

Verdammt, sie tat mir leid. Immerhin hatte ich sie eingeladen, und natürlich machte sie sich irgendwelche Hoffnungen, doch ich ertrug ihre Nähe nicht, sie machte mich krank.

Wütend auf mich selbst schnappte ich meine Zigaretten, öffnete die Terrassentür, trat hinaus und machte sie hinter mir wieder zu. Ich zog mich in den hintersten Winkel zurück, lehnte mich an die Wand und steckte mir eine Kippe an. Auf eine seltsame Art und Weise pisste mich plötzlich alles an. Drinnen hörte ich Musik, gedämpftes Lachen, und hier draußen … Stille. Den Verkehrslärm, der auf den Straßen Seattles rumorte, ignorierte ich, denn er passte nicht in mein Konzept. Jenes Konzept, welches mich alles um mich herum vergessen ließ. Ich wollte allein sein, und das war ich letztendlich auch. Gut.

Die Nacht war lau, und ich beschloss, bis auf weiteres hier zu bleiben. Seufzend setzte ich mich hin, streckte meine Beine aus und legte sie übereinander, lehnte Rücken und Kopf an die Wand und genoss mit geschlossenen Augen meine Zigarette. Ein letztes Mal hörte ich das zarte Knistern der Glut, jegliches Geräusch verstarb. Vollkommen eins mit dem Dunkel der Nacht genoss ich die Ruhe und drückte neben mir meine Kippe aus. Mein Kopf war absolut leer, da war tatsächlich nichts, was mich stören, aufregen oder traurig machen könnte, nichts.

Leise Schritte brachten mich dazu, meine Augen zu öffnen. Mit einem sanften Lächeln sah ich in Isabellas wunderschönes Gesicht, und machte sie wieder zu. „Du solltest nicht hier sein“, sagte ich leise, und das Geräusch der Schritte verstummte.

„Warum?“

„Leah. Sie kennt mich, sie kennt dich, und sie kennt meinen Dad“.

„Das ist mir egal“.

„Sollte es aber nicht“.

„Edward, bitte ...“.

Missmutig bewegten sich meine Lider nach oben und ich beobachtete diese Wahnsinnsfrau dabei, wie sie sich geschmeidig neben mich sinken ließ und ihre zarte, kleine Hand auf meinen Unterarm legte.

„Isabella...“, begann ich mit einer tiefen Resignation in der Stimme, doch ich wusste nicht, was ich sagen sollte, senkte seufzend meinen Kopf und blieb stumm.

„Edward...“, versuchte nun sie zu sprechen, doch auch sie konnte die richtigen Worte nicht finden, also sahen wir uns nur an. Einmal mehr fand ich diese tiefe Traurigkeit in ihren Augen, die ich so hasste, weil sie mich grenzenlos verwirrte. Was erwartete ich von ihr, doch was viel wichtiger war – was erwartete sie von mir?

„Warum genau bist du hier, Isabella?“, fragte ich leise und starrte sie an.

„Nun ich...“, stotterte sie, überlegte ein paar Sekunden, seufzte und lächelte mich an, „...ich wollte dich sehen.“

„Okay“, erwiderte ich äußerst originell und wusste schon wieder nicht, was ich weiterhin sagen sollte. „Wie läuft es in der Firma?“ Echt super, Cullen. Du bist eindeutig der Beste.

„Perfekt, vielen Dank. Rose kommt überraschend gut mit Jessica zurecht. Das Probeshooting war sehr zufriedenstellend, und Rosalie meinte sogar, dass sie sich auch weiterhin eine Zusammenarbeit mit Jess vorstellen könnte, dass wir sie quasi zu unserem 'BellaRose-Gesicht' machen sollten. Was hältst du davon?“ Wow, also damit hätte ich wirklich nicht gerechnet.

„Das hört sich wirklich fantastisch an. Ich freu mich besonders für Jazz“. Grinsend dachte ich sofort daran, dass genau dieser Job Jessica im Zuge der Scheidung ihr geldgieriges Genick brechen würde. „Das solltest du heute unbedingt noch Alice erzählen“.

„Werde ich machen“, sagte diese wundervolle Frau an meiner Seite, während meine Augen genau das taten, was sie eigentlich nicht tun hätten dürfen. Sie fanden den Weg zu Isabellas perfekten Beinen und glitten sehnsüchtig daran auf und ab. Was ich daran entdeckte, gefiel mir allerdings nicht. Gänsehaut.

„Du frierst. Lass uns wieder zu den anderen gehen“. Ich stand auf und reichte ihr meine Hand. Isabella ergriff sie sofort, und ich zog sie schwungvoll hoch. Kichernd prallte sie gegen meine Brust und taumelte ein wenig hin und her. Sofort schlang ich meine Arme um ihre Taille und schaute auf sie herab.

Ihr unvergleichlicher Duft drang in meine Nase, und augenblicklich fielen meine Augen zu. „Oh Edward, ich hab dich so vermisst“, hauchte sie an meiner Brust, doch ich antwortete nicht. Ich hatte erst vor wenigen Stunden ein Gespräch mit meinem Dad. Er freute sich wahnsinnig auf die Hochzeit, die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren, und er klang so glücklich und gelöst wie schon lange nicht mehr.

„Lass uns gehen, bevor du dich erkältest“, sagte ich also, bevor ich etwas tat, was ich nicht tun dürfte, nahm meine Hände von ihrer Taille und ging zwei Schritte zurück.

„Tut mir leid“, nuschelte sie, senkte den Kopf und ging seufzend auf die Terrassentür zu. Frustriert sah ich ihr nach, blickte kurz an ihr vorbei und riss keuchend meine Augen auf.

„Warte!!“ Ich lief zu ihr, packte sie am Handgelenk und zog sie ein wenig zur Seite. „Was?!“ - „Ssssh“. Ich presste meinen rechten Zeigefinger auf ihre Lippen und deutete mit dem Kopf auf das Szenario, welches ich gerade eben entdeckt hatte und mir ein breites Grinsen aufs Gesicht zauberte. „Oooh“, keuchte nun auch sie und begann ebenfalls zu grinsen.

Unmittelbar hinter der Glasfront befanden sich Leah und Jake. Sie stand mit dem Rücken an der Wand und hatte ihre Arme um seine Hüften geschlungen. Er wiederum hatte seine Ellenbogen rechts und links neben ihrem Kopf abgestützt und war gerade dabei, sie zu küssen.

„Perfekt“, jubilierte ich leise und drückte in meiner Euphorie Isabella einen Kuss auf den Mund. „Tut mir leid“. Verdammt, ich Idiot sollte wirklich lernen, mich zu beherrschen.

„Mir nicht“. Mit einem sehnsüchtigen Lächeln sah sie zu mir hoch, und in diesem Moment wurde mir klar, dass ich sie heute nicht mehr gehen lassen würde. Auch, wenn ich auf der Couch schlafen oder sie nur die ganze Nacht anstarren würde, ich wollte sie hier. Hier bei mir.

„Nun pass gut auf, Baby, Hollywood pur“, gluckste ich, bemühte mich jedoch sofort um einen todernsten Blick und schob langsam die Terrassentür auf.

„Was genau wird das, wenn es fertig ist?“. Oh yeah, Jake und Leah schossen auseinander, wurden beide furchtbar rot und starrten mir entsetzt ins Gesicht. Jedes Gespräch verstummte, und sämtliche Köpfe schossen zu uns.

„Edward, es tut mir leid, aber ich dachte....“. Leah senkte den Blick und fummelte nervös an ihren Glitzersteinchen rum.

„Was?!“ Gespielt wütend funkelte ich sie an.

„Weißt du, ich bin doch nicht blöd. Glaubst du, ich habe noch nicht bemerkt, dass du mich überhaupt nicht liebst?“. O-oh.
Ich schnaubte, riss meinen Kopf zu Jake und packte ihn am Arm.

„Küche“, herrschte ich ihn an und zog ihn einfach mit.

„Hey, Man, ich … fuck, es tut mir leid. Sie ist...“, doch ein breites Grinsen meinerseits machte ihn stumm. Total verwirrt starrte er mich an, und sein Mund klappte auf. „Was?“

„Hör zu, Jake. Leah ist absolut heiß. Nimm sie, sie gehört dir“. Ich begann, leise zu lachen und freute mich wahnsinnig über das, was hier eben geschah. Mein armer Kollege wiederum ließ sich seufzend auf einen der Stühle fallen und strich sich heftig über das Gesicht.

„Scheiße, und ich dachte, du würdest mir jetzt den Schädel runterreißen“, murmelte er gegen seine Handflächen, und ich nahm ebenso Platz.

„Hey, komm wieder runter“, beruhigte ich ihn, während er langsam seine Unterarme auf den Tisch fallen ließ und sich seine Lippen endlich zu einem kleinen Lächeln verzogen. „Leah bedeutet mir nichts, ganz im Gegenteil. Ich wünsche mir schon den ganzen Abend nichts sehnlicher, als sie loszuwerden“, erklärte ich, was allerdings nicht ganz richtig war, denn mein innigster Wunsch betraf die Frau in Schwarz.

„Ja, genau dieses Gefühl hat sie auch“. Jake zog eine Augenbraue hoch und musterte mich fast ein wenig streng. „Leah ist der Meinung, dass du sie nur eingeladen hast, um sie zu vögeln, wenn es dir danach wäre. So hat sie es mir gesagt“. Autsch. Ertappt. Man sollte die weibliche Spezies eben nie unterschätzen – niemals!

„Scheiße Man, sie hat recht“, gestand ich und fühlte mich tatsächlich für einen kurzen Augenblick dreckig und mies. „Tut mir leid. Aber hey...“, ich grinste ihn an und machte einen auf cool, „...ich wünsch dir dann mal einen schönen Abend mit ihr. Take her and be happy“. Glucksend klopfte ich ihm auf die Schulter und machte mich auf den Weg ins Wohnzimmer, wo niemand sprach. Alle starrten mich betreten an, die Stimmung war im  Arsch. Leah hatte sich keinen Millimeter gerührt und blinzelte mir seltsam ins Gesicht. Ich scannte sofort den Raum nach Isabella ab und fand sie neben Alice. Yeah, sie war noch da.

Langsam näherte ich mich Black Beauty, senkte meinen Kopf und flüsterte ihr ins Ohr. „Alles in Ordnung, keine Panik. Tut mir leid, ich hab mich dir gegenüber wirklich mies verhalten, kannst du mir verzeihen?“ Ich schaute sie kurz an, doch in ihrem Gesicht war nichts weiter als grenzenlose Verwirrung zu sehen. Sie nickte. „Jake ist ein toller Kerl, schnapp ihn dir“. Nun begann sie endlich, vorsichtig zu lächeln, und als ich es erwiderte, grinste sie mich erleichtert an.

„Weißt du, Edward, mir war von Anfang an bewusst, dass du mich nur zum Vögeln brauchst, mir ging es ähnlich. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn mehr aus uns hätte werden können, aber spätestens heute hab ich realisiert, dass dem nicht so ist. Ach, und …“, sie lächelte mich an und tippte mit dem Zeigefinger auf meine Lippen, „…die Eifersucht vorhin, die war echt, aber wie wir nun wissen, unbegründet, da du ohnehin niemals mein gewesen bist. Jake hingegen…“, sie schaute kurz verträumt beim Fenster raus und dann wieder zu mir, „…das hat was. Naja, wie dem auch sei, du bist echt der Hammer im Bett. Also - war schön mit dir“, kicherte sie nun, drückte mir einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange und lief zu Jake, der soeben wieder den Raum betreten und sich auf den Weg zu ihr gemacht hatte. Mit einem überraschten, aber doch irgendwie amüsierten Lachen schaute ich ihr hinterher.

„Was ist los, Leute? Party!!“, kurbelte ich nun die Stimmung wieder an, und sofort ging das Geschnatter wieder los. Sam und Vicky standen an der improvisierten Bar und unterhielten sich über irgendeinen geschäftlichen Scheiß, Bella plauderte angeregt mit Alice, Jazz hörte zu. Ich denke, es ging um die Scheidung, denn er grinste blöd vor sich hin.

Jake und Leah verabschiedeten sich kurz darauf, bedankten sich für die Einladung und beschlossen offensichtlich, die noch junge Nacht an einem anderen Ort ausklingen zu lassen. Ich wünschte den beiden alles Gute und brachte sie zur Tür.

Emmett war genau dort, wo ich ihn vermutet hatte, nämlich neben dem Buffet. Ich verbrachte die nächste halbe Stunde damit, mich mit ihm halb tot zu lachen und die Reste der Köstlichkeiten ins Nirvana – nein, in unsere Mägen zu schicken. Die Party lief wirklich gut, alle fühlten sich wohl, und der Alkohol floss in rauen Mengen.

Moment mal – würde ich es schaffen, dass Isabella genug trinken würde, könnte ich ihr die Autoschlüssel abnehmen, und es bliebe ihr nichts anderes übrig, als bei uns zu schlafen. Yeah, was für ein fucking geiler Plan.

„Darf ich dir etwas zu trinken bringen, schöne Frau?“, schnurrte ich, nahm sie an der Hand und zog sie hoch. „Lass doch mal Alice und Jazz in Ruhe. Ich denke, die beiden würden es vorziehen, allein zu sein“, flüsterte ich ihr mit einem breiten Grinsen ins Ohr und schlenderte mit ihr zur improvisierten Bar.

„Al ist fantastisch, ich liebe diese Frau“, gluckste Isabella und lächelte mich bezaubernd an. Gott, ihre schokoladenbraunen Augen funkelten und strahlten, ihre Wangen waren leicht erhitzt, und sie sah einfach atemberaubend aus. Offensichtlich hatte sie bereits einen kleinen Schwips, doch das reichte noch nicht.

„Yeah, Alice ist toll, ich mochte sie sofort. Abgesehen davon bin ich  überzeugt, dass sie das Beste ist, was Jasper passieren konnte, und das nicht nur, was die Scheidung betrifft“. (Beta-A/N:  Wie verdammt noch mal kannst du sowas schreiben? Unter diesen Bedingungen KANN ich nicht mehr arbeiten. Willst du eine andere Beta? Sags nur. Ich geh dann. SO! --> Neeeeeeein, bitte, bitte verlass mich nicht!! Ich werde sofort veranlassen, dass Alice vom nächsten Bus überfahren wird, aber bitte verlass mich nicht!! *schluchz*) Ich drehte mich kurz zu den beiden und nahm schmunzelnd zur Kenntnis, dass es meinen Bruder tatsächlich erwischt zu haben schien. Sie saßen auf der Couch, er hatte seinen Arm um ihre Schultern gelegt und sie kuschelte kichernd an seiner Brust. Fuck, ich liebte es einfach, meinen Bruder glücklich zu sehen.

Mit einem tiefen Seufzen drehte ich mich wieder zu Isabella und verfiel sofort den Untiefen ihrer dunklen Augen, die mich aufmerksam fixierten. „Du liebst ihn sehr, oder?“ Sie deutete mit dem Kopf kurz in Jaspers Richtung, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. „Ja, das tu ich“. Auch ich unterbrach ihn nicht.

„Bier“, flüsterte sie plötzlich, und ich war so dermaßen verwirrt, dass ich momentan überhaupt nicht wusste, worum es ging. „Was?“

„Du hast mich vorhin gefragt, ob du mir etwas zu trinken bringen kannst, und ich sage – BIER“. Sie grinste.

„Oh“. Ich klatschte mit der flachen Hand fest gegen meine Stirn und bückte mich lachend zum Kühlschrank, um ihm zwei Flaschen kühles Blondes zu entwenden. „Bitte sehr, meine Hübsche“, flüsterte ich, entfernte gekonnt die Kronkorken und drückte ihr eines davon  in die Hand.

Emmett lachte gerade laut auf und amüsierte sich scheinbar prächtig mit Vicky und Sam, während ich Isabella zuprostete und die Flasche an meine Lippen setzte.



Kurz vor halb eins bestellten sich meine Mitarbeiter ein Taxi und machten sich ziemlich besoffen vom Acker. „Schlaft euch gut aus und kommt am Montag wieder nüchtern ins Büro“, witzelte ich an der Tür, bedankte mich für ihr Kommen und schlenderte selbst nicht mehr ganz nüchtern ins Wohnzimmer zurück. Emmett hatte sich vor etwa fünfzehn Minuten verabschiedet, da er mit seinen Eltern bereits um neun zum Frühstück verabredet war und bis dahin seinen Rausch ausgeschlafen haben wollte. Alice und Jazz waren in seinem Zimmer verschwunden, und Isabella machte sich gerade fertig, um zu gehen.

„Was denkst du, was du hier tust?“, fragte ich sie, zog eine Augenbraue hoch, stellte mich mit vor der Brust verschränkten Armen breitbeinig vor sie hin und schaute streng auf sie herab.

„Ich sollte dann gehen, Edward. Es ist spät und...“.

„Du gehst nicht“.

„Ach ja?“

„Ja“.

„Und warum nicht?“

„Du hast getrunken“.

„Du fährst doch auch ständig, wenn du besoffen bist“.

„Na und? Mein Problem. Ich lasse dich heute sicher nicht mehr fahren“.

„Dann nehm ich mir ein Taxi“.

„Aber sicher nicht“.

„Doch, ganz bestimmt“.

„Isabella...“, nun war es genug. Eher würde die Hölle zufrieren, bevor ich sie durch meine Haustür gehen lassen würde. Machte sie der Alkohol so zickig, oder was? „Bitte bleib. Nur diese eine Nacht. Ich schlafe auf der Couch oder sehe dir einfach nur beim Schlafen zu, aber bitte … geh nicht“. Ich wurde immer leiser, schloss seufzend meine Augen und senkte den Kopf.

In diesem Moment kippte einmal mehr die Stimmung, und dieses gottverdammte Knistern war wieder da. Ich fühlte einen elektrischen Impuls, als sie ihre Hand hob, sie an meine Wange legte und mit ihrem Daumen über meine Lippen strich. „Okay“, hauchte sie und bedachte mich mit einem undefinierbaren Blick. „Ich werde Carlisle eine SMS schicken, dass ich bei euch bleibe. Ich will nicht, dass er sich Sorgen macht“. In Windeseile tat sie das auch und war kurz darauf wieder bei mir.

Wortlos nahm ich sie an der Hand, ignorierte die sterblichen Überreste der Party und zog sie hinter mir her.

„Darf ich mal schnell deine Dusche benutzen?“, fragte sie mich, als wir in meinem Zimmer angekommen waren und schaute mich fast schüchtern an.

„Natürlich, tu dir keinen Zwang an. Im kleinen Schrank rechts neben dem Fenster sind Gästezahnbürsten, daneben frische Handtücher. Nimm dir, was du brauchst“. Ich lächelte sie an,  öffnete Knopf und Reißverschluss meiner Lederhosen und zog sie mir aus. Isabella beobachtete mich aufmerksam dabei, sagte kein Wort und rührte sich nicht vom Fleck.

„Was ist los?“, fragte ich sie mit hochgezogener Augenbraue, während ich meine Hosen im Schrank verstaute und mich dagegen lehnte.

„Kommst du mit? Ich meine … unter die Dusche?“ Dieser sehnsüchtige Blick in ihren dunklen Augen schickte mir einen Schauer über den Rücken, aber dennoch blieb ich stark. Fuck, sie würde in wenigen Wochen meinen Vater heiraten, ich durfte sie nicht vögeln, verdammt … nie wieder...

Bei diesem Gedanken fühlte ich einen Stich im Herz, und nicht nur da. Ein überdimensionaler Dolch bohrte sich in meinen Körper und schlitzte mich langsam auf. Dieser ungewollte Schmerz war plötzlich so real, dass ich mich keuchend auf mein Bett fallen ließ und mein Gesicht hinter meinen Händen vergrub.

„Nein, Isabella. Ich werde nicht mitkommen. Wir wissen beide ganz genau, wie das enden würde. Ich werde dann duschen gehen, wenn du fertig bist, also los“. Diese Worte fielen mir so schwer, so gottverdammt schwer. Dennoch war ich davon überzeugt, das Richtige zu tun und war daher sehr stolz auf mich selbst.

'Blöder Idiot. Warum nutzt du diese einmalige Chance denn nicht?', nervte mich dieser beschissene Typ in meinem Kopf, doch Gott sei Dank ließ ich das Antworten sein.

„Oh...“, flüsterte Isabella offensichtlich enttäuscht und senkte den Kopf. „Ja, wie du meinst. Ich … werde dann mal gehen“. Wie? WAS??

„Wohin?“, keuchte ich, schoss hoch und starrte sie an. Ich wollte, dass sie in dieser Nacht bei mir blieb, verdammt nochmal.

„Na, unter die Dusche“, kicherte sie, tapste auf mich zu, drückte einen kleinen Kuss auf meinen Mund, drehte sich um und ging lachend auf das Badezimmer zu. Ich stimmte in ihr Lachen ein und fiel wieder auf mein Bett. Gott, was war ich doch für ein Idiot.

Plötzlich verstummte ich, und eine tiefe Unsicherheit machte mich schwach. War es denn eine gute Idee, mit Isabella hier die Nacht zu verbringen? Könnte ich ihr widerstehen, wenn sie mich mit ihren weiblichen Reizen an den Rande des Wahnsinns trieb? Woah, und noch was - sie hatte nichts zum Anziehen. Fuck.

Wie von der Tarantel gestochen sprang ich aus dem Bett, rannte zu meinem Schrank, griff nach einem weißen T-Shirt und einer Boxershorts. Anschließend hetzte ich zum Bad und öffnete leise die Tür.

„Hast du es dir anders überlegt?“, fragte sie mit siegessicherer Stimme, jedoch Gott sei Dank noch unter dem fließenden Nass.

„Nein. Ich gehe nur davon aus, dass du keine Schlafkleidung mitgebracht hast und lege dir Shirt und Shorts auf den Stuhl. In Ordnung?“

„Danke, lieb von dir“, erwiderte sie und ließ jeden weiteren Verführungsversuch sein. Was für ein Glück. Zufrieden, aber gleichermaßen unzufrieden verließ ich das Bad und setzte mich inzwischen wieder aufs Bett.

'Nimm dir doch, wonach dein Körper verlangt‘, versuchte es dieser Arsch in meinem Kopf erneut, doch ich gab nicht nach. Niemals. Die Sache mit Isabella und mir war definitiv vorbei. Entweder ich würde lernen, damit umzugehen, oder ich müsste das Land verlassen. Andere Alternativen gab es nicht.

„Scheiße“, seufzte ich resigniert.

„Was ist denn los?“, fragte sie plötzlich neben mir, und mein Kopf schoss hoch. Für einen kurzen Moment glitten meine Augen über ihren Körper, und nur mit Mühe schaffte ich es, ein leises Stöhnen zu unterdrücken. Sie sah so gottverdammt heiß aus in meinen Sachen...

Kleine Wassertropfen perlten aus ihrem nassen Haar und sickerten auf Höhe ihrer Brüste in mein weißes Shirt. Tolle Farbwahl, Cullen. Am liebsten hätte ich meinen beschissenen Kopf fest an die Wand geschlagen!! Natürlich war der dünne Stoff innerhalb kürzester Zeit durchnässt, und natürlich konnte ich Vollidiot deutlich ihre steifen Nippel erkennen, die sich mir zwar verdeckt, aber verflucht heiß präsentierten. Oh Man … jetzt bloß keine Schwäche zeigen.

„Alles gut“, nuschelte ich kurz und bündig, da ich meiner Stimme nicht traute, stand auf, holte für mich selbst frische Schlafkleidung aus dem Schrank und eilte ins Bad. „Bin gleich wieder da, mach es dir bequem“.

Eine gefühlte Ewigkeit verbrachte ich unter der Dusche, putzte mir locker zehn Minuten die Zähne und betrachtete mich anschließend was-weiß-ich-wie-lang absolut sinnlos im Spiegel. Ich hoffte zutiefst, Isabella würde bereits schlafen, wenn ich wieder im Schlafzimmer wäre, doch es war leider nicht so. Fuck.

„Ich dachte, du wärst durch den Abfluss verschwunden. Hab mir schon Sorgen gemacht“, kicherte sie mir entgegen und räkelte sich in meinem Bett. Oh mein Gott, wie gerne würde ich … nein, Cullen, bleib stark.

Ich kletterte lächelnd neben sie und legte mich hin. Sofort schmiegte sie sich in meine Arme, welche ich fest um sie schloss. Ich wollte sie wenigstens spüren und riechen, wenn ich schon nicht mehr machen durfte, also tat ich das auch.

Eine Weile ging das gut, und wir verhielten uns ruhig. Als ich schon dankbar einschlafen wollte, fühlte ich ihre Hand, die unter mein Shirt fummelte und meinen Bauch streichelte. Oh nein, bitte nicht.

„Hör auf, Isabella. Mach es uns nicht so schwer“. Seufzend stoppte ich sie, umfasste ihren Unterarm und legte ihn sanft neben sie. „Du heiratest bald, und ich werde dich nicht mehr anfassen, so leid es mir auch tut. Bitte akzeptiere das und schlaf“.

Gott, wie sehr hatte ich in diesem Moment gehofft, dass sie mir nun sagen würde, die Hochzeit fände nicht statt. Wie sehr hatte ich mir gewünscht, sie würde sich doch für mich und gegen meinen Dad entscheiden, doch sie tat es nicht. „Okay. Du hast recht. Tut mir leid“, murmelte sie leise an meiner Brust, drückte einen sanften Kuss auf meinen Hals und schlief kurz darauf ein.

Tief inhalierte ich den Duft ihres frisch gewaschenen Haares, und ein letztes Mal genoss ich das Gefühl ihrer Haut an meiner. Dies war mit Sicherheit die letzte Nacht, in welcher ich Isabella bei mir hatte, und das wurde mir in diesem Moment schmerzhaft bewusst. Niemals wieder würde ich ihre Nähe so genießen können wie in diesem Augenblick, und niemals wäre sie mein.

Tränen tiefer Verzweiflung und auch des Zorns sammelten sich in meinen gottverdammten Augen, doch ich verdrängte sie sofort. Ich nahm mir vor, ab sofort stark zu sein und mit dieser kranken Situation umgehen zu lernen, und meine Lider fielen langsam zu.

„Gute Nacht, mein Liebling“, flüsterte ich, drückte ihr einen sanften Kuss aufs nasse Haar und schlief ein.

Freitag, 23. Dezember 2011

(14) Heiße Anwältin, cooler Italiener



26.7.2009



JasperPOV


Hier stand ich also. Vor dem Büro von dieser Brandon … Alice. Und ja, verdammt, dieses Mal würde ich pünktlich sein.
Grinsend warf ich einen Blick auf meine Uhr. Es waren genau noch zwanzig Sekunden, bis es zehn war, und ich würde exakt dann an ihre Tür klopfen, wenn der Sekundenzeiger auf die Zwölf gerutscht war. Yeah, mit mir nicht, Lady. Eigentlich sollte ich sie nicht provozieren, denn das war nicht gut fürs Geschäft, aber mir saß heute einfach der Schalk im Nacken, und dieser ganze Scheiß amüsierte mich zutiefst.

Punkt zehn. Ich klopfte.

„Ja?“, hörte ich gedämpft hinter der Tür, und ich trat vorsichtig ein. Alice  stand am Fenster und riss ihren Kopf in meine Richtung.

„Oooh, Mr. Cullen, wie schön, dass Sie auch schon hier sind“, zickte sie mir entgegen, und ich konnte leider nicht umhin, schelmisch zu grinsen.

„Wenn Sie einen Blick auf die Uhr riskieren würden, könnten Sie sehen, dass ich überpünktlich bin, so wie Sie es verlangt haben. Also – wo liegt das Problem?“. Verdammt, ich sollte mich lieber benehmen, als hier einen auf Spacko zu machen. Immerhin hing meine Zukunft ab von dieser Frau, zumindest ein großer Teil davon.

Woah, sie funkelte mich zornig an, stemmte ihre Arme in die Hüften und warf tatsächlich einen schnellen Blick auf die große, viereckige Uhr, die sich über der Tür befand.

„Okay, ich lass das mal ausnahmsweise durchgehen, nehmen Sie bitte Platz“, erwiderte sie mit gerunzelter Stirn und deutete mit dem Kopf zum ovalen Besprechungstisch, der sich auf der rechten Seite ihres großräumigen Büros befand.

Nachdem ich den ersten Aufenthalt in diesen Räumlichkeiten nahezu ausschließlich mit Schmollen verbracht hatte, schaute ich mich mal ein wenig um. Eine riesige Palme beugte ihre dunkelgrünen Wedel gegen das Licht, ein großer und mehrere kleinere flauschige Teppiche befanden sich am polierten Parkettboden, das gesamte Büro machte dem Betrachter sofort bewusst, dass sich hier drin tagtäglich eine Frau befand. Der ganze Raum war sehr gemütlich, obwohl sich auf der linken Seite massenhaft Bücher in einem Regal befanden, welches beinahe bis zur Decke reichte. Ein zartes Lindgrün in Verbindung mit einem cremigen Weiß dominierte das sonnendurchflutete Büro, die Möbel waren aus hellem Holz. Auf dem wuchtigen Schreibtisch türmten sich diverse Unterlagen, wirkten jedoch so, als hätte die Anwältin alles im Griff.

„Heute noch, wenns geht. Ich sagte schon beim letzten Mal 'Zeit ist Geld', Mr. Cullen, und das meinte ich auch so. Also?“. Sie setzte sich auf einen der acht Stühle, schlug das rechte Bein über das linke und wackelte damit ungeduldig hin und her. Kopfschüttelnd knallte sie eine dunkelblaue Mappe auf den Tisch, öffnete sie und blätterte eine Weile in den darin befindlichen Unterlagen herum.

Fuck, die Chemie zwischen uns stimmte aber sowas von gar nicht. Wie sollten wir bloß zu einer guten Zusammenarbeit finden, wenn wir uns so dermaßen anpissten, dass ich für meinen Teil am liebsten gleich wieder abhauen würde?

Um sie nicht noch wütender zu machen, nahm ich also ihr gegenüber Platz, legte meine Unterarme auf den Tisch, verschränkte meine Finger und schaute sie erwartungsvoll an.

„Nun, Mr. Cullen …“. Waren wir denn nicht schon bei Jasper und Alice? Naja, mir egal, bin auf diesen Scheiß nicht angewiesen. „Jaaa, Ms. Brandon?“ Ich grinste sie an und stellte fest, dass sie ihr Haar ausgesprochen lustig trug. Es war wirklich kohlrabenschwarz, nicht allzu lang, aber es stand in perfekt geformten Stacheln ab und passte irgendwie perfekt zu ihrem schmalen, blassen Gesicht.

„Gucken Sie mich nicht so an, das kann ich nicht leiden“, stoppte sie meine Glotzerei. Ich erschrak, setzte mich ruckartig auf und sah in ihre wütend funkelnden, tiefblauen Augen. Eine wirklich krasse Kombination, dieses schwarze Haar und die blauen Augen. Äußerst ungewöhnlich, aber naja, vielleicht ist sie ja auch eine von jenen, die regelmäßig zum Friseur rennen, um ein wenig nachzuhelfen. Könnte ja sein.

Ihre Haut war sehr blass, aber dennoch glatt und rein, da gab es wirklich nichts zu meckern, und diese süße, kleine Stupsnase passte perfekt. Okay, aber was hilft schon so ein schönes Gesicht, wenn die Besitzerin eine blöde Zicke ist? Ich grinste in mich hinein und erschrak beinahe zu Tode, als sie mich schon wieder beim Starren ertappte und förmlich mit mir schrie.

„SIE SOLLEN DAMIT AUFHÖREN, HAB ICH GESAGT!!“. Wenn Sie meine Hilfe wollen, was Ihre Scheidung betrifft, dann benehmen Sie sich. Wenn nicht – dort ist die Tür“. Sie deutete mit dem Kopf dorthin, wo ich kurz zuvor den Raum betreten hatte, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. (Beta-A/N: Du alte untervögelte Ziege sprichst nicht so mit MEINEM Jazz. IST.DAS.KLAR? --> *looooooooooool*)
„Okay, okay“, lenkte ich ein und hob meine Hände besänftigend hoch,  „tut mir leid“. Ich schenkte ihr meinen besten Dackelblick, und es funktionierte. Natürlich tat es das. Mein Bruder und ich waren schon immer die Besten, was DAS betraf. Wir wussten ganz genau, wie wir mit der weiblichen Spezies umgehen mussten, und offensichtlich wirkte es auch hier.

„In Ordnung“, sagte sie und lächelte mich an. „Irgendwie hab ich den Eindruck, dass wir beide keinen guten Start hatten, oder?“ Ich zuckte mit den Schultern und nickte. „Diesen Eindruck hab ich auch“.

„Nun – ich bin Alice“, sagte sie plötzlich und streckte ihren rechten Arm über den Tisch, „Lassen Sie uns neu beginnen, denn so kommen wir nie auf einen grünen Zweig, und schon gar nicht zu einer guten Zusammenarbeit“.

„Einverstanden. Jasper“, erwiderte ich grinsend und schüttelte ihre Hand.

„Also, Jasper“, sie lächelte mich wieder an, und ich hatte tatsächlich den Eindruck, dass nun alles bestens laufen würde und die anfänglichen Schwierigkeiten ausgemerzt wären. Aufmerksam hörte ich ihr zu. „Erzählen Sie mir nochmal von Ihrer Frau und begründen Sie bitte ihren Scheidungswunsch, nur fürs Protokoll“. Nun legte sie das linke Bein über das rechte, verschränkte wieder die Arme vor ihrer Brust und bedeutete mit einem Nicken, dass ich einfach frei von Leber weg erzählen sollte, was ich auch gleich tat.  Zwar wunderte ich mich ein wenig über diese Aufforderung, da ich ihr doch bereits im Zuge unseres ersten Termins alles erzählt hatte, aber okay, dann mal los.

„Jessica – meine Frau – macht mir seit Wochen das Leben schwer. Sie denkt gar nicht daran, sich einen Job zu suchen, doch ihr Haupthobby ist shoppen. Sie wirft ununterbrochen mein hart verdientes Geld zum Fenster raus, unser Appartement ist gerammelt voll mit Sachen, die kein Mensch braucht. Alles, was ich tue, ist schlecht, ich reiche ihr nicht mehr. Wir streiten den lieben, langen Tag, sie legt sich sogar schon mit meiner Familie an, geht ihre eigenen Wege und behandelt mich wie den letzten Dreck. Mich interessiert dieser Scheiß nicht mehr...“, redete ich mich in Rage, und Alice begann leise zu kichern.

„Aaaber...“, unterbrach ich sie leicht angepisst. Sie sollte mich gefälligst nicht auslachen, verdammt nochmal. Sofort war sie still und bedachte mich mit einem entschuldigenden Blick. „...ich habe mit meinem Bruder einen Plan ausgeheckt, welcher sicher für Sie von Bedeutung ist“. Yeah, DAS war neu, und DAS wusste sie noch nicht.

„Ach ja?“, erwiderte sie interessiert, setzte sich kerzengerade hin und nahm einen Stift, mit dem sie begann, sich ständig Notizen zu machen. Wieso tat sie das nicht an ihrem PC? Nun, mir egal.

„Nachdem meine Ich-bin-die-Schönste-auf-der-ganzen-Welt-Frau jeden Job bis auf das Modeln verweigert – denn alles andere ist zu schlecht für sie - , haben wir uns folgendes ausgedacht:
Die zukünftige zweite Frau meines Vaters suchte ein Gesicht für die PR-Kampagne ihrer Kosmetikfirma. Jessica wurde dieser Job angeboten, und freudig stimmte sie zu. Sie zerfließt seither beinahe vor Stolz. Die Werbung wiederum läuft über meine Firma und die meines Bruders. Das  bedeutet nun, dass wir das im Zuge der Scheidung so präsentieren können, dass ICH so großzügig bin und ihr diesen tollen Job verschafft habe. Können Sie mir folgen?“

„Nein“. Sie lachte und schüttelte den Kopf. „Bitte nochmal, das ist alles ein wenig verwirrend, oder nicht?“. Ich schmunzelte und begann von vorn. Langsam, überdeutlich und laut.

Die nächsten dreißig Minuten verbrachte ich ausschließlich damit, ihr bis ins kleinste Detail unseren Plan zu erklären, und wir feilten präzise daran herum, bis sie euphorisch in die Hände klatschte und ich vor Schreck fast vom Stuhl gefallen wäre.

„Das ist brillant!!“, rief sie aus und klatschte nochmal. Ich keuchte, starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an und drückte meine rechte Hand aufs Herz. „Entschuldigung“, sagte sie leise, „ich bin eben so, daran müssen Sie sich gewöhnen“. Dann kicherte sie eine Weile vor sich hin, schüttelte den Kopf und war plötzlich wieder der staubtrockene Rechtsverdreher,  den ich  kennengelernt hatte.

„Gut, mit diesen Informationen lässt sich ein perfekter Schlachtplan ausarbeiten, ich hab die Taktik bereits im Kopf“. Sie beugte ihren Oberkörper ein wenig nach vorn und grinste schon wieder. Gott, diese Frau überforderte mich, aber echt. „Jasper, wir werden Sie vor Gericht als Helden darstellen, der seine Frau niemals verlassen würde, ohne bestens für sie zu sorgen. Mit diesem sicherlich gut dotierten Job kann Jessica keine allzu hohen Unterhaltszahlungen fordern, und nachdem Sie ihr sogar das Appartement überlassen, sieht es – so denke ich – ganz gut für Sie aus. Ich bin zufrieden“, murmelte sie noch hinterher, machte sich noch ein paar Notizen und sprang urplötzlich auf, sodass ich das dritte Mal erschrak.

„Ich sagte doch, dass Sie sich daran gewöhnen sollten“, gluckste sie, ging mit kleinen, eleganten Schritten zu ihrem Schreibtisch und sank in ihren cremefarbenen Ledersessel, in dem sie fast verschwand. Ich blieb einfach sitzen und beobachtete sie dabei, wie sie ihren PC traktierte. Ihre Finger flogen regelrecht über die Tastatur. Vollkommen gelassen grinste sie auf den Bildschirm und las mit, was sie schrieb.

„So ...“, sagte sie und grinste mich zufrieden an, „... und nun lassen Sie uns was essen gehen“.

„Was?!“ Vollkommen perplex starrte ich sie an.

„Meine Güte, jetzt tun Sie doch nicht so. Es ist bald halb zwölf, und ich hab Hunger. So einfach ist das. Wenn Sie wollen, kommen Sie mit, wenn nicht, dann eben nicht. Mir egal“. Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern und griff zu ihrem Telefon. „Lizzy, ich bin dann mal weg...ja, danke, dir auch. Mahlzeit“, dann legte sie wieder auf.

„Also – kommen Sie nun mit, oder nicht? Wir könnten noch weitere Details wegen Ihrer Scheidung besprechen, ich finde die Idee ganz gut“. Sie lächelte mich an, und ich kam einfach wieder zu dem Entschluss, dass mich diese Frau schlicht und ergreifend überforderte. Mein Magen allerdings schien sich bereits entschieden zu haben und grummelte leise vor sich hin. Alices Kopf schoss in meine Richtung, ihre Augen glitten über meinen Bauch und sie lachte laut auf. „Hören Sie auf Ihren Körper“, gluckste sie und machte sich tatsächlich auf den Weg zur Tür.

Ich stand nach wie vor wie ein Vollidiot herum und glotzte sie an. Unglaublich, diese Frau.

„Man, Jasper, haben Sie verlernt, sich zu bewegen?“. Nein, natürlich nicht. Warum sollte ich eigentlich nicht mit ihr essen gehen und die Zeit dafür nutzen, meine Scheidung zu besprechen? Irgendwie war sie mir mittlerweile sympathisch, obwohl sie einen ziemlich durch geknallten Eindruck auf mich machte, aber okay. Egal.

Während ich mich daran machte, das Büro zu verlassen, griff ich nach meinem Handy und rief Edward an.

„Hey, Bruder, du lebst noch? Wie nett. Hat sie dich also doch nicht gekillt“, gluckste er ins Telefon, doch ich unterbrach ihn sofort. .

„Ja, du Idiot, ich lebe noch“. Ich lachte kurz auf und fuhr fort. „Hör mal zu, ich werde mit Alice essen gehen und komm dann wieder in die Firma, ja? In Ordnung?“

„Oooooh, ihr geht zusammen essen?“, verarschte er mich, „Jasper Cullen  macht sich ein paar schöne Stunden mit einer geheimnisvollen Frau?“ .

„Moooment, Alter, du bist für die geheimnisvollen Frauen zuständig, nicht ich“. Er lachte und ich schloss mich ihm an.

„Schon okay, Jazz. Lass es dir schmecken und tu nichts, was ich nicht auch tun würde“.

„Niemals würde ich das tun, was du tust...“, erwiderte ich glucksend, während ich die Augen verdrehte und danach auf Alice richtete, die schon nervös neben mir herum zappelte, „....also hör auf mit dem Scheiß. Bis dann“.

„Jawohl, Chef, bis später“. Als ich das Handy von meinem Ohr wegbewegte, hörte ich Edward noch eine Weile lachen, doch dann legte ich auf.

„Scherzkeks“, murrte Alice und runzelte die Stirn. „Wenn ich hier verhungere, können Sie sich eine perfekte Scheidung wohl in die Haare schmieren“. Lachend verließen wir das Haus und machten uns auf den Weg zu einem kleinen, aber feinen Restaurant, welches Alice empfahl.

Das Ambiente in diesem Lokal war einfach bezaubernd, ich liebte es sofort. Wir setzten uns an einen Tisch am Fenster und beschäftigten uns gerade ausführlich mit der Speisekarte, als mein Blick daran vorbei huschte und mein Herz für einen Augenblick den Dienst quittierte. Ich keuchte auf, und das mit weinrotem Leder eingebundene Ding in meiner Hand fiel auf meinen Schoß.

„Was ist denn los? Haben Sie einen Geist gesehen?“, fragte mich Alice erschrocken und folgte meinem Blick.

„Sowas Ähnliches. Die zwei da drüben...“, nuschelte ich vollkommen durcheinander und deutete mit dem Kopf auf ein knutschendes Paar, „...der weibliche Teil davon ist meine Mom“.

„Wow, DAS nenne ich doch mal eine Überraschung“, witzelte Alice und ich fragte mich wirklich, ob diese Frau überhaupt irgendetwas ernst nehmen würde.

„Das ist es auch“, stimmte ich ihr zu und stand auf. „Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment, ich muss mal ganz dringend etwas klären“. Langsam schlich ich auf meine Mutter und diesen … Typen zu, blieb unmittelbar an ihrem Tisch stehen, und starrte grinsend auf die beiden herab. „Hi, Mom“.

Augenblicklich löste sie sich aus SEINER Umarmung, und ihr Kopf schoss hoch. „Jasper, Schatz, was machst DU denn hier?“ Ihre Augen waren weit aufgerissen, die Lippen leicht geschwollen und ihre Wangen rot.

„Das könnte ich ebenso dich fragen, oder?“, war meine Antwort, doch böse war ich nicht. Warum denn auch? „Willst du uns denn nicht vorstellen?“ Ich lächelte zwischen ihr und diesem Typen hin und her.

Er dürfte Ende 40 gewesen sein und wirkte unglaublich elegant in seinem edlen, schwarzen Zwirn, einem weißen Hemd und einer schmalen, schwarzen Krawatte. Sein Haar war kurz, dunkel und akkurat zurück gekämmt, und seine blau-grauen Augen funkelten mich freundlich an. Er nahm sofort die Finger von meiner Mom, stand auf und streckte mir seinen Arm entgegen.

„Hi, Jasper, ich bin Paolo. Es freut mich sehr, Sie kennen zu lernen, hab schon viel von Ihnen und Ihrem Bruder gehört. Ist er denn auch hier?“ Neugierig bewegte er seinen Kopf und schaute rechts und links an mir vorbei.

„Nein, ist er nicht, aber ich freue mich auch, … Paolo“. Ich mochte ihn sofort. Die Tatsache, sich gleich mit dem Vornamen bekannt zu machen, faszinierte mich irgendwie, und wirklich positiv überrascht schüttelte ich seine Hand.

„Setzen Sie sich doch eine Weile zu uns“, bot er mir lächelnd an, doch ich schüttelte den Kopf. „Vielen Dank, aber ich muss wieder zu meiner Begleitung zurück“. Ich deutete mit dem Kopf in Alices Richtung, sah sie kurz an und musste schmunzeln, da sie mit einem breiten Grinsen in unsere Richtung winkte. „Aber ich würde ganz gerne ein paar Worte mit meiner Mutter wechseln, wenn es Ihnen nichts ausmacht“.

„Kein Problem, bin schon weg. Muss ohnehin mal zur Toilette“, sagte er, erhob sich sofort, drückte Mom einen schnellen Kuss auf den Mund, hauchte ein „Lauf mir nicht weg, schöne Frau“, und war weg. Wow...

„Jasper, ich...“, begann meine Mutter, war offensichtlich furchtbar nervös und nestelte an ihrer dunkelblauen Serviette herum.

„Mom, bitte...“, stoppte ich sie, „...komm mir jetzt nicht mit einer Entschuldigung oder irgendwelchen pseudo-peinlichen Erklärungen. Ich freue mich für dich, wirklich. Paolo scheint sehr nett zu sein. Seit wann kennt ihr euch? Wer ist er? Was macht er? Seit wann trefft ihr euch?“ Erleichtert atmete sie tief durch, und ein strahlendes Lächeln überzog ihr Gesicht. Kleine Lachfältchen drängelten sich um ihre grünen Augen, welche so glücklich funkelten, wie schon lange nicht mehr. Yeah, Mommy war verliebt. Wie süß.

„Danke, mein Schatz“, hauchte sie vollkommen überwältigt und fuhr fort. „Sein Name ist Paolo Rizzante, er ist Geschäftsmann, gebürtiger Italiener, und ich habe ihn bereits vor ein paar Wochen in der Galerie kennengelernt. Wir unterhielten uns stundenlang, und es war schön. Naja, seit einer Woche wich er kaum von meiner Seite, und seit drei Tagen sind wir ein Paar. Es ist noch nichts passiert, weiß du, aber er … küsst so gut...“. Verträumt und absolut verknallt schweifte ihr Blick gedankenverloren durch das Lokal, doch dann strahlte sie mich wieder an. „Abgesehen davon ist er heiß...“, dann lachte sie herzlich auf und nahm meine Hand.

„Kannst du … wirst du Edward von ihm erzählen? Ich hoffe, dass er das auch so sieht wie du“, sagte sie leise und bedachte mich mit einem ernsten Blick.

„Aber sicher, Mom. Wir lieben dich doch und freuen uns, wenn du glücklich bist“. Ich beugte mich hinab, legte sanft meine Hände auf ihre Schultern und hauchte ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. „Danke“, flüsterte sie und lächelte mich glücklich an.

„Und mit wem bist du unterwegs?“ Grinsend bewegte sich ihr Kopf in Alices Richtung, dann schaute sie mich erwartungsvoll an. Ich richtete mich wieder auf, drehte mich um und warf einen Blick zu meiner Begleitung. Schmunzelnd sah ich ihr ein paar Sekunden dabei zu, wie sie wild gestikulierend mit dem Kellner debattierte, bevor der sich kopfschüttelnd vom Acker machte und sie ihm triumphierend hinterher grinste.

„Ach, mach dir keine falschen Hoffnungen. Das ist meine Scheidungsanwältin, Ms. Alice Brandon. Ich hatte gerade einen Termin bei ihr, und wir haben beschlossen, gemeinsam essen zu gehen, um unseren Schlachtplan auszufeilen. That's all, Mom, sorry“. Ich kicherte wegen ihres enttäuschten Gesichtsausdruckes, doch dieser war gleich wieder weg.

„MISS, huh? Sie ist hübsch…“.

„Ja, ich weiß. Bin ja nicht blind“. Ich verdrehte die Augen und sah leicht genervt auf meine grinsende Mutter nieder.

„Sie mag dich“

„Woher...“

„Schatz…“, stoppte sie abrupt meine unvollendete Frage, „…du stehst mit dem Rücken zu ihr und siehst die Blicke nicht, die sie dir die ganze Zeit zuwirft“. Sie zwinkerte. Oh Man...

„Moooom...“, stöhnte ich genervt und fuhr mir durchs Haar. Yeah, ein altes Cullen-Leiden. „Wir zicken uns die ganze Zeit an. Da läuft nichts, wirklich“.

„Was sich liebt, das neckt sich“, kicherte sie, und ich dankte Gott, als ich Paolo  auf uns zukommen sah.

„Stör ich euch? Habt ihr alles besprochen? Sonst kann ich ja...“.

„Nein, nein, alles bestens“, fiel ich ihm dankbar ins Wort, „ich muss ohnehin mal wieder zurück an meinen Tisch. Es ist doch unhöflich, seine Begleitung so lange allein zu lassen“. Paolo nahm wieder Platz, sah meine Mutter liebevoll an und wir verabschiedeten uns.

Gerade, als ich mich umdrehte und wieder zu Alice gehen wollte, tänzelte sie geschmeidig auf dunkelblauen Stilettos an mir vorbei, stupste leicht gegen meinen Oberarm und funkelte mich an. „Dieser Idiot von Kellner wollte mich doch tatsächlich darüber belehren, welche Temperatur ein Rotwein haben sollte, ich fasse es nicht“, kicherte sie und schüttelte den Kopf. Dann riss sie selbigen in die Richtung meiner Mom und streckte ihr die rechte Hand entgegen. „Hi, Mrs. Cullen. Ich bin Alice Brandon, die Anwältin Ihres Sohnes. Keine Sorge, ich werde ihn rausboxen und seine Ex-Frau alt aussehen lassen“, sagte sie lächelnd, während sie sich ein wenig über den Tisch beugte und ihre Stimme etwas leiser werden ließ. Es sah aus und hörte sich an, als würde sie sich gerade mit meiner Mutter gegen Jessica verbünden.

Mom riss die Augen auf und war offensichtlich sehr überrascht von Alices Offenheit, doch sofort fing sie sich wieder, grinste meine Anwältin an und schüttelte ihre Hand. „Freut mich sehr, Miss Brandon. Ich bin davon überzeugt, dass sie wissen, was sie tun. Ich danke Ihnen schon jetzt“, sagte  sie, und sogleich ergriff Paolo das Wort.

„Paolo Rizzante“, sagte er freundlich und nickte. Sonst nichts. Was sollte er denn schon großartig sagen? Zur Familie gehörte er ja nicht. NOCH nicht. Dieser Mann war wirklich erstaunlich, und seine förmliche Vorstellung zeugte von großem Taktgefühl. Ich mochte ihn sehr und freute mich für meine Mom. Obwohl ihr bewusst war, dass die Ehe zwischen ihr und meinem Dad zu Ende war, sich einfach totgelaufen hatte, litt sie darunter und weinte ihm hinterher. Dennoch war die Trennung unvermeidbar, da es nie wieder so geworden wäre, wie es einmal war.

Umso mehr freute ich mich, sie nun endlich wieder glücklich zu sehen. Himmel, ja, ich vergönnte es ihr. Von ganzem Herzen.

„Ich muss dann mal wohin, sonst geschieht ein Unglück“, kicherte Alice und riss mich abrupt aus meinen Gedanken. „Ich habe uns einen WOHLTEMPERIERTEN Rotwein bestellt, bin gleich wieder da“, lachte sie nun leise, murmelte noch einen leisen Abschiedsgruß in die Richtung von Paolo und Mom und verschwand zu den Toiletten.

Aufmerksam ließ ich meine Augen über ihren kleinen, zarten Körper gleiten, bewunderte ihren knackigen Arsch und folgte den Bewegungen, mit denen sie geschmeidig durch das Lokal zu schweben schien.
Hm…ja, sie war definitiv heiß. Warum war mir das bloß noch nicht aufgefallen? Sie trug einen dunkelblauen Rock, der ihr bis zur Wade reichte, allerdings an der rechten Seite einen Schlitz bis zum Oberschenkel hatte, unter welchem ständig ihre nackte Haut hervorblitzte. Obenrum sah ich eine weiße Bluse, mehr konnte ich von hinten nicht erkennen. Aber ich nahm mir vor, sie genauer zu begutachten, wenn Alice von der Toilette zurückkommen würde.

„Gefällt dir, was du siehst?“, kicherte Mom und mein Kopf schoss zu ihr.

„Was?“

„Ach Schatz, ich hab dich genau beobachtet. Gib es doch zu, dass  du sie anziehend findest“. Fuck, war das wirklich so offensichtlich?

„Ich darf doch wohl noch einer Frau hinterher sehen, ohne sofort mit ihr verheiratet zu sein, oder?“, murmelte ich und grübelte eine Weile darüber, ob sie recht hatte oder nicht. Gefiel mir, was ich sah? Natürlich tat es das.
Miss Alice Brandon war ganz bestimmt ein heißer Feger, aber hatte ich wirklich Bock darauf, von einer Beziehung gleich in die nächste zu schlittern? Nein, das hatte ich nicht.

„Okay, ich werde dann gehen. Zu … meinem … unserem Tisch“, stotterte ich herum, wie der größte Vollidiot, und Mom grinste. Schon klar. Sie hatte es wieder einmal geschafft, mich mit ihrer weiblichen oder gar mütterlichen Intuition aus dem Konzept zu bringen. „Kommt uns doch mal besuchen. Du weißt, wo ihr uns finden könnt“, schlug ich vor, nachdem ich von meinem Wohnungswechsel erzählt hatte und sah meine Mutter dabei an.

„Gern, mein Schatz. Ich rufe vorher an. Danke für alles und liebe Grüße an Edward, ja? Wir sehen uns“. Nun verabschiedete ich mich aber wirklich, ließ Paolo noch ein vollkommen ernst gemeintes „Hat mich gefreut“ zukommen und schlenderte zu unserem Tisch.

Der Kellner kam, stellte zwei Gläser ab und präsentierte mir stolz eine Flasche Wein. Nachdem ich eher der Bierkenner war, nickte ich einfach anerkennend, und er goss gekonnt ein wenig davon ein. Gerade, als er die Flasche auf dem Tisch deponierte und sich wieder vom Acker machen wollte, kam Alice daher getänzelt, riss die rechte Hand nach oben und hielt ihn somit auf. „Eine Grillplatte für zwei Personen?“, fragte sie mich, und ich nickte wieder. Gute Idee. „Okay, also dann…“, sagte sie nun zum Kellner, der seinen Auftrag verstanden hatte und mit einem höflichen „Gern, Ma’am“ Richtung Küche verschwand.

Dies war die perfekte Gelegenheit, meine Begleitung mal von vorne zu betrachten, und ja, definitiv – mir gefiel, was ich sah. Die weiße Bluse war sehr schlicht, doch die obersten zwei Knöpfe standen offen und erlaubten einen perfekten Blick auf ein heißes Dekolleté. Um ihren schlanken Hals schmiegte sich eine edle Perlenkette, und sie … grinste mich an. Scheiße, ertappt.

„Nun, Mr. Cul … Jasper“, korrigierte sie sich und glitt geschmeidig auf ihren Stuhl, „dann mal los“.

Die nächsten zwei Stunden vergingen wie im Flug. Wir besprachen noch einmal bis ins kleinste Detail, wie wir Jessica in ihre Schranken verweisen würden, sie versicherte mir, wie nett meine Mutter und wie heiß ihr Verehrer wäre, und zu guter Letzt genossen wir die herrliche Grillplatte mit allem Drum und Dran. Auch die Flasche Wein war rasch geleert, und wir verstanden uns wirklich gut. Ich erzählte ihr von Edwards Blitz-Scheidung, und dass Tanja unmittelbar danach nach Europa ging.

Alice war eine wahrhaft tolle Zuhörerin und erzählte herrliche Geschichten über die Scheidungen, die sie bisher erlebt hatte. Natürlich war alles anonym, da sie ja der Schweigepflicht unterlag. Sie konnte sich auch an Emmett erinnern und sprach sogar in den höchsten Tönen von ihm. Ja, Em war wirklich ein toller Kerl, und ich nahm mir vor, ihn bald anzurufen, da wir ohnehin noch unsere Wohnung mit einer kleinen Party einweihen wollten. Dabei fiel mir ein …

„Ähm … Alice?“

„Hm?“ Sie stemmte ihren Zeigefinger gegen den Daumen und schnippte gekonnt einen Krümel vom Tisch.

„Edward und ich werden demnächst eine kleine Party geben, um unser gemeinsames Single-Dasein und den Einzug in unser Appartement zu feiern. Ich möchte Sie fragen, ob Sie vielleicht Lust hätten…“

„Gern“, unterbrach sie mich und strahlte mich an. Hm … ob Mom’s Theorie vielleicht doch stimmte? Könnte es tatsächlich sein, dass Alice mich mochte? Ein bisschen? „Meine Nummer haben Sie ja. Rufen Sie einfach an, wenn es soweit ist, ja? Ich werde da sein“. Ein hinreißendes Lächeln entblößte ihre strahlend weißen Zähne, und sie legte den Kopf leicht schief. „Ich freu mich“, hauchte sie, riss jedoch abrupt den rechten Arm in die Luft und winkte den Kellner herbei.

„Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich werde bezahlen“, fuhr ich sie an, packte ihre Hand und drückte sie auf den Tisch. Ihr Blick folgte der Bewegung unserer Hände, und Alice starrte sie an. Dann hob sie langsam den Kopf und unsere Augen fanden zueinander. Für einen ganz kurzen Moment verfiel ich diesem tiefen Blau, ließ jedoch sofort von ihr ab, als sich der Kellner näherte und einen kleinen, silbernen, blank polierten Teller vor uns hinstellte, auf welchem sich die Rechnung befand.

„Nichts da. Geschäftsessen. Ich setze es ohnehin von der Steuer ab“, gluckste sie und reagierte so schnell, dass ich gar nicht mithalten konnte, auch, wenn ich es gewollt hätte. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht lauschte ich ihren Worten, als sie den Kellner noch einmal darüber aufklärte, welche Temperatur ein Rotwein beim Servieren haben müsste und brach in lautes Gelächter aus, als er resigniert seufzte und kommentarlos ging. Ja, verdammt, ich mochte diese Frau. Sie tat mir gut, und ich liebte ihren Humor.

Lachend und sich köstlich über den angepissten Kellner amüsierend erhob sie sich und schlüpfte in eine dunkelblaue, tailliert geschnittene Jacke, welche offensichtlich Bestandteil eines Kostümes war, da sie perfekt zum Rock passte und genau dieselbe Farbe hatte. Verdammt, dabei fiel mir auf, dass ich Alice kaum angesehen hatte, bevor Mom mich darauf aufmerksam machte, dass sie mir seltsame Blicke zuwerfen würde.

Ich gab es also zu – meine Mutter hatte wieder einmal recht.

„Ich muss dann mal zurück ins Büro. Hab um drei einen Termin“. Schade.

„In Ordnung, kein Problem. Mein Bruder dürfte auch schon auf mich warten“, erwiderte ich, sah auf sie herab und lächelte sie an. „Es war mir eine Freude, Alice. Ich habe die Zeit mit Ihnen wirklich genossen und hoffe, dass wir uns bald wiedersehen“.

„Das hoffe ich auch. Ruf mich an“. Sie zwinkerte mir zu, lachte kurz auf, drehte sich um und ging weg.

‚Ruf mich an‘ … Wow, sie duzte mich also. Einfach so.

Verschmitzt lächelnd fuhr ich mir durchs Haar und schaute ihr nach. Ihr knackiger, kleiner Arsch wackelte sexy hin und her und bewegte sich im Takt mit ihren schmalen Hüften, die ich nur zu gerne packen würde, um sie … Moooment, STOPP!!

‚Gott, Cullen!!! Hast du nicht gerade eben festgestellt, dass du nicht von einer Beziehung in die nächste schlittern willst? Jetzt hör aber auf mit dem Scheiß!‘, tadelte ich mich selbst und fragte mich in dem Moment, ob Edward auch im weitesten Sinne mit sich selber sprach. Ich hoffte auf ein Ja, somit könnte ich diesen Scheiß auf einen familienbedingten Gendefekt schieben. Aber okay, ich hatte keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, denn ich musste in die Firma. Zu Edward. Verdammt, ich war schon gespannt, wie er auf die Neuigkeit mit Mom reagieren würde und betrat wenige Minuten später sein Büro.

„Yo, Man, alles klar? Wie war dein Date? Ooooh, entschuldige bitte, ich meinte natürlich dein Termin“, sagte er und grinste mich an. Ich grinste zurück.

„Was würdest du sagen, wenn das wirklich so etwas Ähnliches wie ein Date gewesen wäre?“ Leise lachend nahm ich zur Kenntnis, dass sein Mund aufklappte und seine Augen weit aufgerissen in meine Richtung starrten.

„Das … wow, Bruder, im Ernst? Du verarschst mich doch, oder?“.

Ich schüttelte den Kopf und mein leises Lachen wurde zu einem irgendwie verträumten Lächeln. „Nein, nicht wirklich. Mom hat mich eigentlich drauf aufmerksam gemacht, dass…“

„Warte!“, unterbrach er mich „Mom? Du hast sie getroffen? Wie geht es ihr?“

„Ja“, bestätigte ich fürs Erste, und dabei fiel mir ein, dass ich ihm eigentlich zuerst von Paolo erzählen sollte, denn davon wusste er ja noch nichts.

„Hör zu, Edward, es gibt News, was unsere Mutter betrifft. Ich war zu Mittag mit Alice in einem Restaurant, und Mom war ebenfalls da. Allerdings nicht allein. Sie kennt schon länger einen Typen namens Paolo Rizzante und die beiden sind seit wenigen Tagen ein Paar. Er sieht gut aus, ist wirklich nett und scheint Mom ehrlich zu lieben. Sie tut es ganz bestimmt“. Ich beließ es mal dabei, hörte auf zu sprechen und fixierte leicht nervös das regungslose Gesicht meines Bruders.

Ein leichtes Blinzeln bestätigte mir kurz darauf, dass er noch am Leben war. Plötzlich wurde die Ganzkörperstarre mit einem breiten Grinsen beendet, und er griff hastig nach seinem Handy, welches sich auf dem Schreibtisch befand. „Ich ruf sie an“, murmelte er und hielt sich bereits das Telefon ans Ohr. Lächelnd blickte er in meine Richtung, und ich wusste, dass er sich genau so über die Neuigkeit freute, wie ich.

„Hi Mom, gratuliere!“, begann er das Gespräch, und mit einem zufriedenen Nicken ließ ich ihn allein. Ich ging erst mal zu Angela und Seth, um zu fragen, was es Neues geben würde, nahm Unterlagen wegen eines neuen Auftrages entgegen und machte mich auf den Weg in mein Büro. Dort schmökerte ich eine Weile in den soeben erhaltenen Papieren, machte mir ein paar Notizen und beschloss, nach Rücksprache mit Edward den Auftrag anzunehmen, als meine Tür aufgerissen wurde und mein grinsender Bruder den Raum betrat.

„Was für eine freudige Überraschung“, jubilierte er mir entgegen und schmiss sich auf meine dunkelgrüne Couch. Yeah, er hatte mit der roten die Arschkarte gezogen, während ich mich mit einer grünen abfinden musste. So war sie eben, unsere Mom. „Das ist doch fantastisch, oder? Ich freu mich echt, dass sie endlich von Dad losgekommen ist und die Liebe wieder gefunden hat“. Süß.

Ich erzählte ihm noch eine Weile von diesem Treffen, und auch alles, was Alice betraf. Leise lachend lauschte er meinen Worten, doch irgendwann runzelte er seine Stirn und begann, intensiv über etwas nachzudenken. Dann grinste er mich an und nannte mir den Grund seines Grübelns.

„Hey Jazz, was hältst du davon, wenn wir am Samstag ein wenig feiern? Lass uns ein paar Leute einladen, um unsere Freiheit zu zelebrieren“

„DU bist frei, ich noch nicht“, seufzte ich und senkte frustriert meinen Kopf.

„NOCH nicht, Bruder, NOCH nicht“, erwiderte er, schoss hoch und kam auf mich zu. „Scheinbar bahnt sich zwischen dir und Alice etwas an, das ist doch genial. Lade sie ein und schnapp sie dir“.

„Gott, Edward, ich hab sowas von genug von dieser Beziehungs-Scheiße. Abgesehen davon bin ich nach wie vor verheiratet. Meinst du wirklich, dass es klug wäre, mich gleich auf die nächste Frau einzulassen?“

„Das verlangt auch niemand von dir. Ihr könnt doch einfach einen schönen Abend miteinander verbringen und euch besser kennenlernen. Du musst doch nicht gleich in die Kiste mit ihr“, gluckste er und funkelte mich an. Seine Augen sprühten förmlich vor Begeisterung, und sofort wurde mir klar, dass ich aus dieser Sache nicht rauskommen würde, ohne mit seinem Vorschlag einverstanden zu sein.

„Okay, du hast gewonnen“, stimmte ich also zu, und er kommentierte dies mit einem euphorischen „YEZZ!“.

„Also, ich würde sagen, wir laden auf alle Fälle Jake und Alice ein…“, begann er zu überlegen, und hatte scheinbar gerade eine fabelhafte Idee. „Woah, Bro, lass uns Emmett anrufen, ja?“

„Einverstanden“, erwiderte ich begeistert, und Edward tippte bereits auf seinem Handy herum. Keine Minute später war das Gespräch vorbei und er grinste über das ganze Gesicht. „Er kommt. Samstagabend, acht Uhr“.

„Möchtest du … ich meine, wirst du Leah einladen?“, fragte ich vorsichtig und beobachtete  aufmerksam seine Reaktion.

„Ach, ich weiß nicht…“, studierte er und schien die Vor- und Nachteile abzuwiegen, kam jedoch bald zu einem Entschluss. „Okay. Wer weiß, wie sich der Abend entwickelt. Könnte ja sein, dass ich eine Dosis Sex brauchen könnte“, gluckste er, wurde jedoch sofort wieder ernst, fiel förmlich in sich zusammen, schlich geknickt zur Couch und ließ sich einfach fallen.

„Isabella wäre dir wohl lieber, hm?“. Fuck, er tat mir leid.

„Vermutlich, ja“. Tapfer zwang er sich ein Lächeln aufs Gesicht, und ich konnte regelrecht spüren, wie sehr er unter dieser ganzen Scheiße litt. Dann blockte er ab. „Ach, egal, wir machen uns einfach einen schönen Abend. Ich werde Leah fragen, ob sie kommen möchte, und aus“. Wieder  griff er zu seinem Handy, ging zum Fenster und rief sie an.

Während er telefonierte, verließ ich mein Büro, um unser gesamtes Team einzuladen, und dann klingelte mein Handy. Dad.

„Hi“, begrüßte ich ihn, hielt kurz inne und lehnte mich an die Wand.

„Hallo, Sohn“, erwiderte er meinen Gruß, und sofort bemerkte ich eine leichte Anspannung in seiner Stimme, die mich besorgt die Stirn runzeln ließ. „Hör mal, ihr müsst mir helfen“.

„Ist etwas passiert?“

„Nun … nein, nicht wirklich, es gibt da nur ein kleines Problem. Eigentlich wollte ich mir mit Bella ein schönes Wochenende machen, muss nun aber im Krankenhaus sein, da mir gleich zwei Kollegen ausgefallen sind. Sie ist nun ziemlich sauer, und da auch ihre Freundin Rosalie am Wochenende nicht in Seattle ist, möchte ich sie nicht ganz alleine lassen. Könntet ihr nicht am Samstag etwas mit ihr unternehmen? Kino, essen gehen, was weiß ich …bitte“. Er klang richtig verzweifelt, doch ich war es auch. Was sollte ich nun sagen? „Ich wollte das auch mit Edward besprechen, doch ich komm nicht durch, es ist ständig besetzt. Bitte sag ja, Jasper, ich möchte meinen Schatz nicht das ganze Wochenende alleine lassen“, flehte er schon beinahe, und ich musste eine Entscheidung treffen. Jetzt.

„Nun … wir feiern am Samstagabend ab acht Uhr eine kleine Party, um Edwards Scheidung und unseren gemeinsam Einzug in sein Appartement zu feiern. Wenn Bella möchte, kann sie gerne kommen“.

„Oooh, das ist toll. Warte, ich frag sie gleich“. Stille. Keine zwanzig Sekunden später war er wieder da. „Vielen Dank, Jasper, sie freut sich sehr  und wird um acht bei euch sein. Danke, ich bin euch was schuldig. Bis dann, ich muss schon wieder los“. Nach einer kurzen Verabschiedung beendeten wir das Gespräch, und mit einem lauten und entsetzten Keuchen knickten mir beinahe die Beine ein. Leah …

Ich gottverdammter Arsch, wie konnte ich das nur vergessen? Leah und Bella würden unweigerlich aufeinander treffen, und Edward … ach du heilige Scheiße, was hatte ich nun schon wieder angestellt?? Ich klatschte mir fest gegen die Stirn, verdrehte die Augen, ging zu unseren Leuten und lud sie ein. Um Alices Einladung würde ich mich später kümmern.


Jake, Angela, Seth, Sam und Vicky waren die perfekten Mitarbeiter für uns. Die Basis, auf welcher wir zusammen arbeiteten, war sehr freundschaftlicher Natur, und das war es, was uns so gefiel. Jake, Sam und Vicky sagten zu, Angela und Seth waren leider verhindert. Egal. Ich freute mich über die Zusage der Drei, atmete tief durch und schlich zu meinem Bruder zurück.

Dieser stand nach wie vor in meinem Büro am Fenster und beendete gerade das Gespräch, als ich das Zimmer betrat.

„Sie hat mir meine miese Laune von gestern verziehen und freut sich auf die Party“, sagte er grinsend, verdrehte die Augen und steckte sein Handy in die rechte Arschtasche seiner Jeans. „Und was ist mit dir? Du siehst aus, als hättest du gerade mächtigen Mist gebaut“. Misstrauisch verschränkte er die Arme vor seiner Brust, zog eine Augenbraue hoch und starrte mich an.

„Das hab ich auch“, nuschelte ich und blinzelte ihn ängstlich an.

„Was …“, nun wurde er nervös, doch ich unterbrach ihn sofort und begann mit meiner Beichte, die sich ohnehin nicht vermeiden ließ.

„Dad hat mich eben angerufen, weil er dich nicht erreichen konnte. Er muss über das Wochenende im Krankenhaus sein, und weil Bellas Freundin ebenso verhindert ist, hat er mich gebeten, ob wir am Samstagabend irgendwas mit Bella unternehmen könnten, damit sie nicht ganz allein sein muss“.

„Sag bitte nicht, dass du sie zur Party eingeladen hast. Bitte, Jazz, sag, dass du das nicht getan hast“ Er riss die Augen auf und sah mich flehend an.

„Doch, das habe ich. Sie freut sich darauf.  Tut mir leid“.

„Fuck“.