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Samstag, 3. Dezember 2011

(9) Kap9 feat. Rosalie Hale & Emmett McCarthy


Sonntag, 22.7.2009


Nach wie vor furchtbar stolz, Leah nicht gevögelt zu haben, stand ich bereits kurz nach neun unter der Dusche und widmete mich gut gelaunt und laut pfeifend der Körperpflege, die mir heute besonders wichtig erschien. Black Beauty war wirklich ein bildhübsches, sehr aufregendes und heißes Mädchen, dennoch hatte ich das dringende Bedürfnis, die letzten Spuren ihrer Berührungen von mir zu waschen. Ich wusste nicht genau, warum, es war einfach so.

Verdammt, war es wirklich schon so weit? Dachte ich bereits daran, Isabella zu betrügen, wenn ich mit einer anderen Frau ins Bett gehen würde? Oh nein, bitte nicht. Cullen, was soll dieser Scheiß? Hör sofort auf, so dermaßen kranke Gedankengänge zuzulassen. Sieh es doch ein - niemals wirst du die haben, die du willst, also mach das Beste draus und ficke diejenigen, die DICH wollen. So einfach ist das. Punkt. Aus. Ende.

Der ein- beziehungsweise fünfmalige Sex mit Isabella war fantastisch, dessen war ich mir heute noch bewusst. Aber würde ich jemals die Gelegenheit dazu haben, ihn zu wiederholen? Gelegenheit ja, aber hatte ich denn auch die Kraft dazu? Hätte ich wirklich die herzlose Kälte, meinen Dad auf so eine widerliche Art und Weise zu hintergehen? Und außerdem - wie lange könnte ich Isabella noch widerstehen? Offensichtlich gab sie nicht auf, mich um den Finger zu wickeln, und eines war mir klar: Früher oder später würde sie es schaffen, und vor diesem Moment hatte ich schon jetzt eine Höllenangst, obwohl ich mich so sehr danach sehnte.

„Fuck“, stöhnte ich auf, wusch mir die letzten Duschgel- und Shampooreste vom Körper, und meine gute Laune war dahin. Wenigstens hatten wir einen guten Wein erwischt, denn meinem Kopf ging es gut. Dabei fiel mir ein, dass Jazz gestern einen ziemlich besoffenen Abgang gemacht hatte und sich im Gästezimmer befand. Ob er wohl wieder den Teppich mit seinem Mageninhalt beglückte?

Grinsend trocknete ich mich ab, schlüpfte in eine Boxershorts, ein dunkelgrünes T-Shirt und eine abgefuckte, ausgewaschene und teilweise zerrissene Jeans. Gleich darauf rubbelte ich ein paar Mal über mein hoffnungslos chaotisches Haar, schnappte mein Handy und lief barfuß nach unten.

Keine Menschenseele befand sich in der Küche, es war sehr still im Haus. Also steuerte ich die Kaffeemaschine an und machte mich gerade daran zu schaffen, als ich leises Kichern vernahm, welches offensichtlich aus dem Wohnzimmer kam.

Vorsichtig tapste ich auf dem Parkettboden dahin und sah ein Bein über die Couchlehne hängen, sonst nichts. Isabella schien zu telefonieren, sah mich jedoch nicht, und nachdem ich schon immer ziemlich neugierig war, konnte ich nicht anders, als zu lauschen.

„Naja, das Essen verlief eigentlich ganz gut, aber es endete ziemlich übel…“, oh, sie sprach offensichtlich mit meinem Dad und berichtete ihm gerade von gestern Abend, ich lauschte weiter. „Edward, die alte Plaudertasche, konnte seine vorlaute Klappe wieder einmal nicht halten, und Jessica weiß nun leider zu früh, dass Jasper sich scheiden lassen wird“. Fuck, schon klar, jetzt war ICH wieder schuld. Gut, das war ich auch. Scheißegal. „Ach, Carlisle, ganz ehrlich – sie war mir von Anfang an unsympathisch, Jazz hat wirklich etwas Besseres verdient, nicht dieses arrogante Püppchen“. Sie kicherte und begann laut zu lachen, nachdem mein Dad offensichtlich seinen Kommentar dazu abgegeben hatte. Gott, ich liebte dieses gelöste, fröhliche Lachen so sehr an ihr.

Obwohl Isabella weiterhin mit meinem Dad telefonierte, war ich so in Gedanken versunken, dass ich nicht mehr mitbekam, was sie nun erzählte. Ich konnte nur noch an den Tonfall in ihrer Stimme denken, wenn sie mit meinem Vater sprach, und er war so … zärtlich, innig und voller Liebe, dass sich meine Nackenhaare aufstellten und mir einmal mehr bewusst wurde, dass ich verloren hatte, bevor ich überhaupt die Chance  bekam, zu gewinnen. Ich hatte keine Ahnung, welche Art von Liebe Isabella für meinen Vater empfand, konnte den Gedanken an ein psychologisches Problem allerdings nicht mehr loswerden. Den Gedanken daran, dass sie in ihrem zukünftigen Ehemann so etwas wie einen Vaterersatz suchte und ihn offensichtlich gefunden hatte. Doch verdammt – was ging es mich an? Nichts.

„Ich liebe dich auch und freu mich auf ein Wiedersehen. Bis bald“, flüsterte sie leise, beendete das Gespräch, erhob sich mit Schwung und starrte mich an. „Guten Morgen“, lächelte sie leicht nervös, ging an mir vorbei, als wären wir wirklich Mutter und Sohn und machte sich auf den Weg in die Küche. „Oooh, du hast schon Kaffee aufgestellt? Cool, vielen Dank“, rief sie laut und ausgesprochen gut gelaunt, während ich nach wie vor wie angewurzelt im Wohnzimmer stand und sich mein Magen zusammenkrampfte, weil ich an dieses Wiedersehen dachte.

Isabella und mein Dad waren eine Woche getrennt, das hieße doch, dass es nach seiner Heimkehr eine große Portion Sex geben würde, verdammte Scheiße. Diese Frau war bei Gott nicht leise, vor allem, wenn sie kam, also sollte ich an diesem Abend wohl besser das Weite suchen und mich irgendwo verkriechen, bloß nicht in meinem Zimmer. Ich könnte doch … fuck, Leah schmiss mich gestern förmlich raus, diese Möglichkeit würde wohl entfallen. Shit, shit, shit!!

Kaum hatte ich ein leises „Verdammt“ zischend über meine Lippen gebracht, klingelte mein Handy und mit einem breiten Grinsen reagierte ich auf den Namen des Anrufers – Leah. Es schien doch tatsächlich einen Gott zu geben.

„Kaffee ist fertiiiiig“, rief mir Isabella zu. „Komme gleich“, antwortete ich und nahm erst mal das Telefongespräch an.

„Hi, Baby“, schnurrte ich mit meiner besten Sexstimme drauf los. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Würde sie mich nun anschreien, beschimpfen und mir sämtliche Schimpfwörter an den Kopf werfen, die ihr in den Sinn kamen? Oder würde sie mich um Verzeihung bitten, weil sie mich gestern aus ihrer Wohnung geschmissen hatte? Warum sollte sie mich eigentlich noch anrufen, wenn sie mich hasste?

„Hi, Edward“, hauchte sie, und ich hatte bereits gewonnen. „Es tut mir leid wegen gestern, ich wollte dich wirklich nicht so mies behandeln. Kannst du mir noch einmal verzeihen?“ Wow, ICH hatte SIE mies behandelt, und SIE entschuldigte sich bei MIR? Voll krass. „Weißt du…“, säuselte sie weiter, „… ich war einfach so angepisst, weil ich kein Kondom zur Verfügung hatte, und außerdem…“.

„Shhh…“, unterbrach ich sie, „… schon okay, Baby. Ich hab doch selber nicht mitgedacht. Aber hey, wir könnten das, was wir gestern versäumt haben, doch am Mittwoch nachholen, hm?“ Yeah, das war nämlich der Tag, an dem mein Vater wieder nach Forks kommen würde, verdammt.

„Am Mittwoch?“, fragte sie nach und klang leicht verwirrt.

„Jap, meine Schöne. Bin dienstlich unterwegs und kann nicht vor Mittwoch. Wie sieht es bei dir aus? Einverstanden?“, log ich frischfröhlich drauf los.

„Natürlich. Wenn ich weiß, dass DU kommst, werde ich da sein, Edward“.

„Jap, ich komme“, hauchte ich so sexy und erotisch wie nur möglich, „aber du wirst auch kommen, Baby. Einmal, zweimal, dreimal …“

„Hör auf, schon gut“, stoppte sie meinen lüsternen Kommentar und beendete ihn mit einem leisen Stöhnen, „ich werde auf dich warten. Bis bald“, dann legte sie auf. Kichernd steckte ich das Handy in die rechte Arschtasche meiner Jeans, drehte mich schwungvoll um und starrte in das zornige Gesicht Isabellas, die mit verschränkten Armen  an der Wand lehnte und offensichtlich mein Gespräch mit Leah mitverfolgt hatte.

„Mittwoch, ja? Du wirst zu Leah fahren und sie ficken. Einmal, zweimal, dreimal…“, fauchte sie leise. Ihre Augen waren zu Schlitzen verengt, die Lippen schmal, und ich konnte sehen, dass ihre Hände zu Fäusten geballt waren und sie leicht zitterte.

„Ja, das werde ich, Isabella. Was meinst du, was DU an diesem Tag machen wirst? Soll ich dir ein wenig auf die Sprünge helfen? Dad kommt am Mittwoch nach Hause, und ich habe wirklich keinen Bock darauf, euer Wiedersehen zu HÖREN, klar?“. Dann ließ ich sie einfach stehen, ging an ihr vorbei und machte mich auf den Weg in die Küche, um mir einen Kaffee zu holen, doch er stand schon bereit. (Beta-A/N: Elke, darf ich Carlisle um die Ecke bringen, damit Bella und Edward zusammen sein können? --> Aber natürlich! Gutes Mädchen! Bin stolz auf dich!)

Isabellas giftgrüne Tasse war bereits zur Hälfte leer, als ich mich angepisst auf einen Stuhl sinken ließ, einen Schluck meines liebsten Muntermachers genoss und die rechte Hand durch mein feuchtes Haar gleiten ließ.

Sie folgte mir, nahm gegenüber Platz und starrte mich an. Kein Wort, keine einzige Silbe kam über ihre leicht geöffneten Lippen, lediglich ihre Augen schienen zu leben, doch deren Blick war so trüb und kalt, dass mir ein Schauer über den Rücken rieselte.

„Was?!“, fuhr ich sie an, konnte diese Stimmung einfach nicht ertragen.

„Nichts“, erwiderte sie, „mach doch, was du willst.“

„Das werde ich auch, darauf kannst du Gift nehmen, Mrs. Carlisle Cullen“. Wütend spuckte ich die letzten drei Worte aus, als wären sie die schlimmste Beschimpfung dieser Welt. Dann senkte ich den Kopf, starrte in meinen Kaffe und vermied es geflissentlich, sie weiterhin anzusehen.

„Ich…“, begann sie, hielt aber inne und seufzte tief. Nach wie vor die dunkelbraune Köstlichkeit fixierend reagierte ich nicht darauf, dass sie mir offensichtlich etwas sagen wollte, also wartete ich ab. „Ich kann es nicht ertragen, wenn ich weiß, dass du bei IHR bist“. So, nun war es raus.

Zornig riss ich meinen Kopf wieder hoch, versuchte wirklich, mich zu beruhigen, doch es gelang mir nicht.

„WAS SOLL DIESE SCHEISSE NUN SCHON WIEDER?“, schrie ich sie an, schlug mit meinen Händen fest auf den Tisch und schoss hoch. „WEN INTERESSIERT DENN, WAS ICH ERTRAGEN KANN?“ Keuchend vor Wut lief ich in der Küche hin und her, fuhr immer wieder durch mein Haar und blieb nach ein paar Minuten vor ihr stehen. Ich stützte meine Arme auf den Tisch und sah auf sie herab. Tränen glitzerten in ihren Augen, doch es interessierte mich nicht. „Meinst du, dass ich scharf bin auf eure Wiedersehensfeier? Meinst du tatsächlich, dass ich es HÖREN will, wie sehr ihr euch freut? Isabella…“, meine Stimme wurde immer leiser, „…ich weiß aus eigener Erfahrung, welche Geräusche du beim Sex von dir gibst. Ich kenne deine Schreie, wenn du kommst, hab noch heute dein Stöhnen in den Ohren und kann es nicht vergessen. NICHTS kann ich vergessen, Baby, verstehst du denn nicht?“

Sie begann, absolut lautlos zu weinen. Bittere Tränen quollen aus ihren geschlossenen Augen, also ja – sie verstand.

„Was ist denn hier für ein Wirbel?“, murmelte Jazz plötzlich durch die Tür und beendete seine Frage mit einem herzzerreißenden Gähnen. Ich zuckte zusammen, sah panisch zu Isabella, die hektisch über ihr Gesicht wischte, sich sofort erhob und zur Anrichte lief.

„Guten Morgen, Jasper. Kaffee?“, murmelte sie mit leicht zittriger Stimme und vermied es tunlichst, ihn anzusehen.

„Gerne, vielen Dank“, erwiderte er und sah mich seltsam an. Ich hielt seinem Blick stand, zuckte mit den Schultern und schüttelte seufzend den Kopf. Was sollte ich denn schon großartig sagen oder tun? Mein Leben war beschissen, ihres war es offensichtlich auch, aber eine Lösung dafür gab es nicht. Rückwirkend betrachtet war ich froh, dass mein Bruder Bescheid wusste, denn spätestens jetzt müsste ich wohl erklären, was zwischen Isabella und mir gelaufen war.

Sie streckte sich und holte eine Tasse aus dem Schrank. Dabei rutschte ihr Shirt ein wenig nach oben und präsentierte einen schmalen Streifen nackter Haut, was schon wieder reichte, um mich nach ihr und ihrem Körper zu verzehren. Fuck, ich musste hier weg.

Jazz fixierte mich, wusste scheinbar genau, was vor sich ging, formte ein lautloses ‚Wohnzimmer‘ mit seinen Lippen und deutete mit dem Kopf dorthin. Ich schloss kurz die Augen, nickte und ging voraus. Seufzend fiel ich auf die Couch, stützte meine Ellenbogen auf die Knie und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Es reichte nicht, von der Küche ins Wohnzimmer zu flüchten, es gab einfach keinen anderen Weg, als dieses Haus zu verlassen. Ich konnte diesen Scheiß hier nicht mehr ertragen.

„Hey“, hörte ich wenige Augenblicke später und spürte, dass sich mein Bruder soeben neben mich gesetzt hatte. Ich hob meinen Kopf und sah ihn an. Er stellte seine Tasse auf dem Couchtisch ab, drehte sich zu mir und erwartete offensichtlich, dass ich zu sprechen begann, doch ich konnte nicht. Wollte nicht.

„Was ist denn passiert? Warum hast du so gebrüllt? Bitte sprich mit mir, vielleicht geht es dir dann besser“, redete er leise auf mich ein, während ich aus dem Augenwinkel sehen konnte, dass Isabella die Treppe nach oben rannte und im ersten Stock verschwand. Natürlich – er war hier, hier bei mir, um meinen Worten zu lauschen und eine Lösung für mein Problem zu finden, doch dieses gab es nicht und würde es auch niemals geben. Dennoch war ich sehr froh über seine Anwesenheit, also wollte ich ihn nicht enttäuschen und legte los.

„Fuck, Jazz, es kotzt mich einfach an. Alles hier ist so beschissen, ich weiß nicht mehr, was ich tun oder lassen soll. Es ist …, ach, ich hab keine Ahnung…“. Ich krallte die Finger schmerzhaft in mein Haar, fühlte mich jedoch ein wenig besser, als er seinen Arm um mich legte und brüderlich auf meine Schulter klopfte. „Dad kommt am Mittwoch von New York nach Hause, und ich…“, tief seufzend sah ich ihn wieder an, „…ich werde es nicht ertragen können, wenn er und Isabella, naja, wenn sie …“.

„Hör auf, quäl dich nicht, ich weiß schon, was du meinst“, unterbrach er mich leise und sah mich mitleidig an.

„Also hab ich für Mittwochabend ein Date ausgemacht, um bloß nicht hier sein zu müssen, was Isabella wiederum gehört hat, und das passt ihr nicht. Herrgott nochmal, Jazz, was soll ich denn tun? Ich werde sie nie haben können, genauso wenig, wie sie mich jemals haben wird, und dennoch stellen wir gewisse Ansprüche, sind eifersüchtig und rasten beinahe aus, wenn…“

„Stopp“, unterbrach er mich wieder und drückte fest meine Schulter. „Es ist genug“.

Dann folgten Minuten des Schweigens. Lediglich unser Atmen zerriss sehr sanft die Stille, die uns umgab. Schon klar – auch Jazz hatte keine Lösung für mein Problem, denn die gab es nicht und würde es auch nie geben. Ich war im Arsch, und das für immer. Fuck.

„Edward, du musst hier weg. Es gibt keine andere Möglichkeit, als Isabella und all das, was zwischen euch war, hinter dir zu lassen. Vergiss einfach alles, streiche diese Nacht aus deinen Erinnerungen und fang ein neues Leben an. Ohne Tanja, ohne SIE. Du schaffst das, Bruder, davon bin ich überzeugt. Sobald Dad wieder hier ist und deine Ex-Frau das Appartement verlassen hat, werden wir eine geile Cullen-WG daraus machen, uns die schärfsten Hühner nach Hause holen, wilde Parties schmeißen und uns gnadenlos besaufen. Hört sich doch gut an, oder?“ Er grinste mich an und hatte tatsächlich mit seiner Rede Erfolg.

„Stimmt, das hört sich wirklich gut an“, stimmte ich ihm zu und spürte allen Ernstes  einen kleinen Hoffnungsschimmer, der durch meinen kalten Körper kroch und mich von innen heraus erwärmte.

„Na also“, sagte Jazz zufrieden, drückte ein letztes Mal meine Schulter, leerte seine Tasse, stellte sie wieder auf den Tisch und stand auf. „So, ich muss dann mal los. Ab in die Höhle der Löwin“, gluckste er. „Sollte sie mich bestialisch ermorden – ich setze dich als meinen Haupterben ein“. Er lachte sich einen ab, amüsierte sich königlich über seine Zukunftsprognose und ging Richtung Flur. Dort zog er sich an, bat mich noch, Isabella liebe Grüße auszurichten, holte den Autoschlüssel aus der Jackentasche und war weg.

Nun saß ich hier in meinem Elend. Ich war am Arsch, Isabella heulte sich in ihrem Zimmer vermutlich die Augen aus und Dad … wusste von nichts. Hatte keine Ahnung davon, dass sein Sohn und seine Verlobte sich begehrten, bereits Sex miteinander hatten und ihn wahnsinnig gerne wiederholen würden … alles scheiße, gottverdammt beschissen.

Während ich gerade drauf und dran war, im Selbstmitleid zu versinken, klingelte es an der Tür. Jaja, Bruder, was man nicht im Kopf hat, hat man wohl in den Beinen.
Grinsend erhob ich mich und trottete schwerfällig zur Tür.

„Hast du was verge…“, doch das war nicht Jazz. Definitiv NICHT. Vor mir stand eine große, schlanke und ziemlich heiße Blondine, die ich noch nie gesehen hatte und demnach auch nicht wusste, wer sie war. Zugegeben, sie war wunderschön, aber hatte absolut keine Wirkung auf mich. War ich denn nun schon so abgestumpft anderen Frauen gegenüber, oder störte mich lediglich das Blond? Keine Ahnung, ich starrte sie einfach nur an.

„Hi. Mein Name ist Rosalie Hale, ich bin die Geschäftspartnerin und beste Freundin von Bella. Sie hat mich angerufen, es geht ihr scheinbar nicht …“.

„Rose!!“, hörte ich plötzlich hinter mir. Isabella kam zur Tür gelaufen, schupste mich aus dem Weg, fiel dieser Rosalie um den Hals und zog sie unmittelbar danach ins Haus. „Ich bin so froh, dass du da bist“. Für einen kurzen Moment sah sie mich an, und ein widerliches Stechen durchfuhr mein Herz, als ihr Blick mit meinem verschmolz. Obwohl ich diese tiefe Traurigkeit schon so gut kannte und ich mich eigentlich schon daran gewöhnt haben sollte, tat sie immer wieder weh.

Unsere Augen trennten sich wieder, und Isabella stellte uns der Form halber vor.

„Edward, das ist Rosalie Hale, meine beste Freundin und Geschäftspartnerin unserer Firma“, sagte sie sehr förmlich, trocken und kühl. „Ich weiß“, nickte ich im Hinblick darauf, dass Ms. Hale sich bereits selbst vorgestellt hatte. „Rose“, fuhr sie ungerührt fort, „das ist Edward Cullen, einer der …“, sie stockte kurz und senkte den Kopf, „…Söhne meines Verlobten“.

„Wow“, gluckste Rosalie, ließ ihren Blick an mir auf und ab gleiten, grinste mich an und richtete ihren Blick auf Isabella, die irgendwie wütend ihre Freundin beobachtete und ihre Augen zu schmalen Schlitzen verzog. „Bist du dir sicher, dass du den Vater willst, und nicht den Sohn?“ Autsch!

Die zukünftige Mrs. Carlisle Cullen packte Blondie am Arm, funkelte sie zornig an, zog sie ohne weiteren Kommentar zur Treppe und hoch in den ersten Stock. Ich stand da und grinste einfach blöd hinterher. Als ich mich von diesem sensationellen Kommentar erholt hatte, runzelte ich die Stirn. Rose wusste also offensichtlich nicht, was zwischen mir und Isabella lief, sonst hätte sie das wohl nicht gesagt. Ob Isabella sie hergeholt hatte, um sich das Herz auszuschütten? War Ms. Hale nun das, was vor wenigen Minuten mein Bruder für mich war?

Fuck, ich hatte wirklich keine Lust darauf, dies herauszufinden, indem demnächst beide auf mich losgehen würden, also zog ich es wieder einmal vor, still und heimlich das Haus zu verlassen. Rasch huschte ich nach oben, streifte Socken über meine Füße, beschloss, einfach so zu bleiben, wie ich war und ging wieder nach unten. Dort schnappte ich mir die Autoschlüssel, schlüpfte in meine Chucks, griff nach meiner Lederjacke und fuhr kurz darauf los.

Ich liebte es, in meinem Vanquish durch die Gegend zu cruisen, also beschloss ich kurzerhand, nach Seattle zu fahren. Vielleicht würde ich ja einen Sprung in die Firma machen, um nach dem Rechten zu sehen. Ganz egal, was, ich brauchte Ablenkung, und das sogar sehr dringend. Andere Frauen kamen mir überhaupt nicht in den Sinn, ich wollte einfach nur meine Ruhe vor dem weiblichen Geschlecht und allein sein, sonst nichts.

Auf der Fahrt nach Seattle dachte ich sehr intensiv über meine Zukunft nach, doch als ich vor dem Firmengebäude hielt, war ich gleich schlau wie zuvor. Tatsächlich – ich hatte elendslang überlegt, was ich tun und wie ich mich Isabella gegenüber verhalten sollte, doch ich wusste es nicht.

Mit einem verzweifelten Seufzen stieg ich aus, verschloss per Knopfdruck den Wagen, schaute nach rechts und links, überquerte die Straße und zog meine Schlüssel aus der Jacke. Meine Hand zitterte, als ich die hohe, gläserne Tür aufsperrte, und ich wunderte mich darüber, warum das so war. Ich schloss sie wieder ab, ging zum Fahrstuhl und kannte plötzlich den Grund für dieses Zittern, welches immer schlimmer wurde und mir das Atmen erschwerte.

ER war es. ER. Mein Herz begann, bedrohlich gegen meine Brust zu hämmern, als ich den ‚Up‘-Button drückte, um mit diesem verräterischen Scheißding in den 18. Stock zu gelangen. Mit einem leisen ‚Pling‘ fuhren kurz darauf die zwei silbrigen, schweren Teile auseinander und ich starrte atem- und bewegungslos in diesen kleinen Raum. Nichts hatte sich verändert. Alles sah genauso aus wie an diesem verhängnisvollen Sonntag, der mein ganzes Leben verändern sollte. Mein Atem beschleunigte sich, als ich auf die Stelle schaute, an welcher die fünf benutzten Kondome lagen, bevor wir sie vor diesen beiden Jungs kichernd entsorgt hatten. Mein Kopfkino präsentierte mir die stöhnende Isabella. Gegen die Wand gelehnt, gefangen in einem ihrer fünf Orgasmen, oder waren es mehr? Fuck, ich konnte sie bei keinem einzigen sehen, doch ich wollte sie sehen, verdammt nochmal, ich MUSSTE.

Als sich die zwei Eisenteile wieder zuschoben, ohne dass ich den Lift betreten hatte, lehnte ich mich seufzend dagegen und senkte den Kopf. Schwer lastete mein Haupt auf meinen Schultern, als ich es immer wieder hin und her bewegte und letztendlich beschloss, dieses Gebäude wieder zu verlassen.

Es war sehr einsam hier an diesem Sonntag. Keine einzige Menschenseele lief mir über den Weg, ich hörte keine Stimmen, kein reges Treiben, keine aufgekratzten Büromenschen waren zu sehen, keine … Isabella. Gott, wie sehr würde ich mir wünschen, mit ihr in diesem Aufzug zu stehen. Jetzt. Und ich war mir sicher, dass ich das tun würde, wonach es meinem Körper verlangte. Ich würde sie nehmen, sie stundenlang ficken, so wie vor einer Woche. Immer und immer wieder.

Fuck, in diesem Moment wurde mir etwas bewusst. Sollte ich in diesem besagten Fahrstuhl jemals wieder auf Isabella treffen, könnte ich für nichts garantieren. Dieses Teil turnte mich an, Herrgott nochmal. Es war der Inbegriff für harten, leidenschaftlichen Sex und hatte mit der Außenwelt nichts zu tun. Es war so, als wäre das unser ganz privates, geheimes Versteck, um uns das zu holen, was wir wollten. Unverbindlichen,  rasend geilen Sex.

‚Verflucht Cullen, sieh dich mal an. Du stehst schwer atmend und erregt vor einem gottverdammten Fahrstuhl und sabberst ihn an‘, tadelte ich mich in Gedanken selbst, und tatsächlich – ich war hart.

„Scheiße“, fluchte ich laut vor mich hin und rannte förmlich zur Tür. Ich musste hier raus, und zwar schnell. Wenige Augenblicke später stand ich neben meinem Vanquish und überlegte, was ich nun tun sollte. Fürs Erste zog ich mal eine Lucky Strike aus der weiß-roten Packung, steckte sie an und nahm einen tiefen Zug. Während ich genüsslich den Rauch wieder ausatmete, knurrte mein Magen, aber sowas von laut. Grinsend sah ich ihn an. „Lass uns was essen gehen, Kumpel. In Ordnung?“, sagte ich zu … meinem MAGEN?? Oh mein Gott, wäre es nicht besser, sofort in die nächste Klapse zu fahren? Dort würde ich doch auch etwas Essbares kriegen, oder?

Leise vor mich hin glucksend und immer wieder den Kopf schüttelnd rauchte ich meine Zigarette bis zum Filter, klemmte diesen zwischen Zeigefinger und Daumen, schnippte ihn elegant in die Botanik und traf damit beinahe eine ältere Lady, die mit ihrem Hund spazieren ging.

„Können Sie nicht aufpassen, junger Mann?“, fuhr sie mich an und fuchtelte mit einem Regenschirm bedrohlich in meine Richtung. Bedrohlich, ja genau. Ich lachte laut auf wegen meiner blöden Gedanken, worauf sie noch wütender wurde und ich das Gefühl hatte, sie würde ganz gerne ihren kleinen Scheißer auf mich hetzen. „Sorry, Lady“, brachte ich japsend hervor, drehte mich weg und ging einfach los.

Etwa fünfzehn gedanklich absolut abwesende Minuten später stand ich vor einem kleinen Restaurant, in welchem ich noch nie gewesen war und trat ein. Überrascht wegen eines absolut fantastischen Ambientes setzte ich mich an einen Tisch in der linken hinteren Ecke des Raumes und ließ meinen Blick aufmerksam durch die Räumlichkeiten wandern. Eindeutig chinesisch. Okay, ich mochte das Zeug, also blieb ich hier.

Eine sehr kleine, mandeläugige Schönheit begrüßte mich einen Augenblick später  sehr nett, schmachtete mich kurz an und drückte mir die Speisekarte in die Hand. Ich nickte ihr dankbar zu, wandte sofort den Blick wieder ab und widmete mich dem, weshalb ich hier saß. Futter.

Mein bester Freund, der Magen, knurrte erneut, und ich verdrehte meine Augen, bevor ich sie das reichhaltige Angebot checken ließ, welches sich mir offenbarte. Für einen kurzen Moment schweiften meine Gedanken zu Isabella und dieser Rosalie. Ob Blondie denn mittlerweile Bescheid wusste, was vor sich ging? Würde mein Mädchen denn noch immer weinen, oder waren sie auch mittlerweile in der Küche, um etwas zu essen? Ja, genau, MEIN  Mädchen, was war ich doch für ein Idiot?

„Haben Sie schon gewählt, Sir?“, fragte mich die untergroße Mandeläugige und strahlte mich an.

„Ähm … ja. Eine große Cola und gebratene Nudeln, vielen Dank“, bestellte ich und legte die Speisekarte weg.

„Eine große Cola und gebratene Nudeln“, wiederholte sie in einem bezaubernden Dialekt, kritzelte die Bestellung auf einen kleinen Block, lächelte mich an und drehte sich weg.

„Schieb mal deinen kleinen, sexy Arsch zur Seite, Mei-Lin, und lass mich vorbei“, hörte ich plötzlich eine tiefe, männliche Stimme und riss meinen Kopf in die Richtung, aus der sie kam. „Edward? Edward Cullen? Ich glaub die Scheiße jetzt nicht“, sagte diese Stimme nun wieder, und ich beugte mich ein Stück nach rechts, um neben … ähm … Mei-Lin vorbeizugucken, und ein breites Grinsen überzog mein Gesicht, als ich sah, wer hier sprach.

„Emmett? Emmett McCarthy“, fragte ich genauso geschwollen und stand auf. Tatsächlich, er drängelte sich an der Chinesin vorbei, schlang seine Arme um meine Schultern und klopfte mir leise lachend auf den Rücken.

„Hey Man, was tust DU denn hier? Schon lang nicht mehr gesehen“, sagte er freudig überrascht, ließ mich los, grinste breit und setzte sich auf einen Stuhl an meinem Tisch. „Bring mir noch ein Bier, Süße“. Mei-Lin lächelte ihn an, nickte und ließ uns allein.

„Du hast dich kein Bisschen verändert“, lachte ich und bezog das nicht nur auf sein Äußeres, sondern auch auf die lockeren Sprüche, die er offensichtlich in den letzten Jahren nicht verlernt hatte, sondern auch noch ausgebaut zu haben schien.

„Nun – ich bin öfters hier, und die Kleine kennt mich nicht anders“, gluckste er, und unmittelbar darauf begann eine tolle, sehr unterhaltsame und ungemein ablenkende Unterhaltung, die mich immer wieder laut lachen ließ. Emmett war ein toller Mensch. Immer gut gelaunt, ständig ein Grinsen auf den Lippen, und eine Einheit mit sich und der Welt. Er versprühte die pure Lebensfreude und war in diesem Moment genau das, was ich brauchte.

„Ich komme gerade von meiner Rechtsanwältin, musste noch etwas klären wegen der Scheidung, den restlichen Papierkrieg erledigen und so Scheiß“, klärte er mich auf, nachdem ich gefragt hatte, warum er in dieser Gegend war. Alice Brandon, genau. Ihr Büro war nicht weit weg von hier. Mit einem lauten Lachen kommentierte er die Tatsache, dass Jazz und ich Ms. Brandon ebenso kontaktiert hatten, um unsere Frauen loszuwerden, und er versicherte mir, sie wäre gut.

„Scheiße, Edward, ich schwöre dir, diese Frau ist eine Hexe. Sie hat die Gabe, alle um ihre kleinen, zarten Finger zu wickeln, ganz egal, ob Mann oder Frau. Auch, wenn du sie nicht mehr brauchen solltest, aber Jasper war sehr klug, auf mich zu hören. Sie ist wirklich die Beste“.

Aus Minuten der fantastischen Unterhaltung wurden Stunden, und ehe ich mich versah, war es halb fünf. Das Essen schmeckte fantastisch, die flambierten Bananen, die ich mir zum Nachtisch gönnte, waren einfach köstlich, und zu guter Letzt tauschten wir unsere Handy-Nummern aus.

„Wie geht es eigentlich deinen Eltern? Alles okay?“, fragte er, kurz nachdem ich bezahlt hatte und gerade auf dem Weg nach draußen war, um eine Zigarette zu genießen.

„Geschieden“, zuckte ich mit den Schultern und hoffte, dass er nicht weiter über dieses Thema sprechen würde, doch das war wohl nichts.

„Oh Scheiße, tut mir leid. Und? Jemand Neues im Anmarsch? Stiefmutter oder Stiefvater? Wie sieht´s aus?“, grinste er frech und nahm dankbar die Lucky Strike entgegen, die ich ihm unter die Nase hielt.

„Ähm … ja“, stotterte ich leicht angepisst, „mein Dad heiratet wieder“.

„Woah, echt? Wann und wen? Kennst du sie schon?“ Fuck, ja, ich kannte sie. In- und auswendig.

„Am 18. August, also schon sehr bald. Und ja, ich kenne sie“. Bitte, lieber, guter Emmett, belass es dabei. Ich hab echt keinen Bock, das jetzt…

„Und? Wie ist sie so? Verstehst du dich mit ihr? Verdammt, jetzt lass dir noch nicht alles aus der Nase ziehen, Man“. Kichernd boxte er mir gegen den rechten Oberarm, zog genüsslich an seiner Kippe und stieß mit geblähten Wangen den Rauch in die Luft.

Ich nahm ebenso einen tiefen Zug, schloss kurz die Augen, machte sie wieder auf, entließ den blau-grauen Qualm aus meinem Mund und lächelte ihn krampfhaft an.

„Ja, ich kenne sie, und sie ist … okay. Isabella ist erst 28 Jahre alt, aber die beiden lieben sich sehr“. …und ich würde ganz gerne meine beschissenen Nudeln durch die Gegend kotzen.

„Sieh mich an, Alter“, sagte Emmett plötzlich ganz ernst und starrte mich eindringlich an. Vollkommen perplex tat ich, was er wollte und schaute ihm in die Augen, die mich aufmerksam musterten und um welche sich sogleich kleine Lachfältchen bildeten, weil er von einem Ohr bis zum anderen grinste. „Du stehst auf sie, hab ich recht?“

Fuck, wir hatten uns über Jahre aus den Augen verloren, doch diese Ich-weiß-genau-was-du-denkst-Fähigkeit hatte er offensichtlich noch immer. Diesem Typen konnten wir noch nie etwas vormachen, ständig wusste er über alles Bescheid. Wie auch jetzt. Scheiße.

„Das ist … kompliziert, Em“, seufzte ich und senkte den Kopf. Gott, wenn er wüsste. Trotz der liebenswerten, lockeren und lebensfrohen Art war Emmett allerdings auch sehr gefährlich. Leider Gottes kamen oft Dinge aus seinem vorlauten Mund, die besser drinnen geblieben wären, also wechselte ich sofort das Thema, um so etwas elegant zu umgehen.

„So, Alter, hat mich irre gefreut, dich wiedergesehen zu haben. Wir telefonieren bald,  um Seattle unsicher zu machen, in Ordnung? Ich werde noch eine Woche in Forks bleiben, und anschließend mit Jazz wieder in mein Appartement ziehen, du weißt schon, wenn meine Frau nach London abgezwitschert ist“, grinste ich, „und dann schmeißen wir unsere Luxuskörper auf die Piste, ok?“

„Hört sich gut an“, erwiderte er, und ich war heilfroh über die Tatsache, dass mir der Themenwechsel gelungen war. Nach einer kurzen Verabschiedung schwang ich meinen Arsch in meinen Wagen und fuhr wieder nach Forks.

Dort angekommen registrierte ich erstaunt, dass Rosalie nach wie vor bei uns war. Die beiden saßen bei einem Glas Wein im Wohnzimmer und Isabella … weinte. Noch immer oder schon wieder? Gott, ich wollte es gar nicht wissen.

Als ich mich vorsichtig den Mädels näherte, streichelte Rose Isabella gerade liebevoll die Tränen von der Wange, während mir die Frau meiner Träume einen Blick zuwarf, der mich kurz erschauern ließ. Ich wusste ganz genau, was er mir sagen sollte, spürte, was in ihr vorging und sie schon wieder so traurig machte. ‚Warst du bei IHR?‘, flüsterten mir ihre Augen zu, und wortlos schüttelte ich den Kopf. Ein zaghaftes Lächeln huschte über ihr verweintes Gesicht, und gequält lächelte ich zurück.

„Schönen Abend noch“, wünschte ich, schlenderte irgendwie erschöpft in die Küche, machte mir ein Sandwich und ging nach oben in mein Zimmer. Nachdem ich meinen kleinen Imbiss verspeist hatte, genehmigte ich mir eine heiße Dusche und fiel gleich darauf ins Bett, da ich morgen wieder arbeiten würde und ausgeschlafen sein musste.

Unendlich viel Scheiße schwirrte in meinem müden Kopf herum, doch irgendwann schlossen sich meine Augen, und ich fiel in einen seichten, unruhigen Schlaf.


*****



Montag, 23.Juli 2009


„Oh nein, bitte nicht…“, stöhnte ich, als mich um sechs Uhr morgens der Wecker aus dem Tiefschlaf riss. War es denn nicht immer so, dass man ganz besonders gut schlief, wenn es Zeit war, aufzustehen? Natürlich.

Angepisst rieb ich mir den Schlaf aus den Augen, streckte mich erst mal durch und setzte mich auf. Müde beförderte ich meine Beine aus dem Bett, blinzelte wütend in den Regen, der unerbittlich gegen die Scheiben trommelte und schlich leise vor mich hin fluchend ins Bad.

Nicht einmal die heiße Dusche schaffte es, meine Laune zu heben, also zog ich mich einfach an und ging nach unten, um meinen Kaffee zu genießen. Vielleicht vermochte ja ER es, mich fröhlicher zu machen.

„Guten Morgen“, begrüßte mich Isabella, kaum dass ich die Küche betreten hatte, welche bereits nach meinem liebsten Muntermacher duftete.

„Morgen“, erwiderte ich ihren Gruß und keuchte leise auf, als ich ihr Gesicht betrachtete. Ihre Augen waren geschwollen und gerötet vom vielen Weinen, und sie sah einfach beschissen aus. Toll, und ich fühlte mich schlechter als je zuvor.

Wortlos setzte ich mich zum Tisch und genoss meinen Kaffe. Ich wusste absolut nicht, was ich tun oder sagen sollte, also ließ ich es sein. Auch Isabella sprach nicht mit mir. Die Stimmung in der Küche war elektrisch aufgeladen, aber dieses Mal nicht von unterdrückter Lust und endloser Gier, sondern von Kummer, Traurigkeit und Leid.

Ich fühlte ein entsetzliches Drücken im Brustkorb und wollte einfach nur weg. Rasch trank ich meine Tasse leer, erhob mich, räumte sie in den Geschirrspüler und verließ den Raum. „Ich muss los, bis dann“, nuschelte ich, lief noch mal ins Bad, um mir die Zähne zu putzen und brach kurz danach auf.

Als ich gerade meinen Wagen starten wollte, fiel mir ein, dass ich Isabella eigentlich nach Seattle mitnehmen könnte. Zwar stand ihr knallroter Mini-Cooper in der Garage, aber wir hatten doch denselben Weg.

Seufzend ging ich wieder zurück, traf sie im Flur an und unterbreitete ihr meine Idee.

„Gern, vielen Dank“, strahlte sie mich an. Augenblicklich durchströmte ein warmes Prickeln meinen Körper und machte mich unendlich froh. Diese wenigen Minuten in der Küche waren einfach schrecklich, und ich wollte sowas nicht. Auch, wenn viel vorgefallen war, vor allem vieles, was gar nicht vorfallen hätte dürfen – die bedrückende Stille, ich hasste sie.

„Edward?“, stupste sie mich am Oberarm, und ihre Stimme schickte mir wieder einmal Signale durch den Körper, die es wohl besser nicht gäbe. „Ich bin soweit, wir können dann los“.

„Oh … ja, klar“, stotterte ich wie ein liebeskranker Teenager und ging zur Tür.

Die Fahrt nach Seattle war lang und schweigsam. Zwischendurch war ich so nervös, dass ich förmlich das Gefühl hatte, mich am Lenkrad anhalten zu müssen. Meine Knöchel traten hervor und schmerzten schon ein wenig, weil ich meine gottverdammten Augen nicht davon abhalten konnte, über ihre langen Beine zu gleiten. Sie trug einen knielangen Rock, der natürlich durch das Sitzen nach oben rutschte und gerade einmal das bedeckte, was ich absolut nicht sehen sollte. Ihr sexy Oberkörper steckte in einer ebenso schwarzen, verflucht heiß geschnittenen Bluse, und um ihre schmale Taille trug sie einen breiten, lackledernen Gürtel, was mich einfach nur noch sabbern ließ. Die schwarzen Heels mit roter Sohle rundeten die Perfektion ab, und – was soll ich sagen? – ich litt Höllenqualen neben ihr.

Sie hingegen starrte ununterbrochen durch das Seitenfenster in den Regen, würdigte mich keines Blickes, fummelte nervös an einem silbernen Knopf ihrer kleinen Handtasche herum und seufzte leise vor sich hin. Gott, wie gerne würde ich einfach irgendwo rechts abbiegen und alles um uns herum vergessen? Ich würde sie vögeln. Hart, hemmungslos und wild in sie stoßen, und … verdammte Scheiße, apropos HART …

„Alles in Ordnung?“, fragte sie mich plötzlich und ich erschrak.

„J-Ja, warum?“

„Naja, du gibst irgendwie … seltsame Geräusche von dir“, erklärte sie, richtete ihre Augen auf meinen Schritt und grinste. Oookay, sie grinste. Was hatte ich bloß getan? Welche Geräusche meinte sie? Ich wusste es nicht.

Das war leider Gottes der Auslöser dafür, dass sich diese bedrückende Stimmung im Wagen in eine erotisch-prickelnde wandelte, verdammt nochmal, es war wieder soweit.

Es knisterte, ich konnte es förmlich fühlen. Immer wieder trafen sich unsere sehnsüchtigen Blicke. Es passierte absolut nichts, wir berührten uns in keinster Weise, aber dennoch konnten wir beide diese sexuelle Spannung spüren, die uns umgab. Isabella seufzte leise auf, lehnte ihren Kopf zurück, schloss ihre Augen und … verflucht nochmal, rieb ihre Schenkel aneinander. Sie war heiß, und sie war reif. Reif, von mir genommen zu werden. Fuck.

Ich musste mich unentwegt zusammenreißen, nicht ihre nackte Haut zu berühren. Ständig zuckte meine rechte Hand in ihre Richtung und stoppte kurz vor diesem weichen, warmen Fleisch, welches förmlich danach flehte, von mir liebkost zu werden.

„Tu es einfach“, flüsterte sie gerade so laut, dass ich sie hören könnte. Aber sie hatte doch die Augen geschlossen, und ich dachte sogar, sie würde schlafen, verdammter Mist.

„Was … meinst du?“, fragte ich, machte einen auf unschuldig, zuckte mit den Schultern und sah starr auf die Straße.

„Berühr mich, Edward“. Oh.Mein.Gott. Da war es wieder – ich hatte keine Chance. Sie würde dieses gottverdammte Spiel gewinnen, und ich wäre nie wieder in der Lage, meinem Vater in die Augen zu sehen. Nein, verdammt NEIN, ich durfte das nicht. ‚Cullen, bleib stark‘, flehte ich mir gedanklich zu, während dieser beschissene, kleine Verräter in meinem Kopf natürlich anders dachte. ‚Nimm sie dir, sie ist bereit‘, säuselte dieser Idiot, aber zur Hölle, er hatte doch recht. Oder?

Zu allem Überfluss war nun allerdings SIE diejenige, die MICH berührte, ihre Hand vorsichtig nach links wandern ließ und mit leichtem Druck über meinen Oberschenkel fuhr. Mein verfluchter Schwanz reagierte auf sie wie auf keine andere. Niemals hatte eine Frau solche Gefühle in mir ausgelöst, wie die Verlobte meines Vaters, never ever.
Ich biss mir fest auf die Lippe, um ein Stöhnen zu vermeiden, griff nach ihrer Hand und legte sie auf ihren Schoß. „Nicht“, bat ich leise, sah sie allerdings nicht mehr an.

„Tut mir leid“, seufzte sie und starrte wieder stumm aus dem Fenster. Verdammt, was sollte ich bloß tun? Alles, was mir zu diesem Thema einfiel, war, wieder einmal mein Lenkrad zu malträtieren und mir Bananen-Mom in Erinnerung zu rufen, um meine Erregung wieder in den Griff zu bekommen, was mir Gott sei Dank auch gelang.



„Danke fürs Mitnehmen, und …“, sie lächelte mich verlegen an, „…sorry wegen vorhin“. Dann drehte sie sich um und betrat arschwackelnd das Gebäude, in welchem sich unsere Firmen befanden. Wie ein Schoßhund lief ich ihr hinterher und keuchte leise auf, als mir so richtig bewusst wurde, dass sich nicht nur unsere Büros in diesem Gebäude befanden, sondern auch ER. Der Fahrstuhl.

Obwohl mir klar war, dass es auch ein riesen Fehler sein könnte, musste ich wissen, ob sie so wie ich auf dieses Teil reagierte. Ich atmete einmal tief durch und tat, was ich absolut nicht mehr verhindern konnte.

Okay, Cullen, jetzt oder nie.

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