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Donnerstag, 15. Dezember 2011

(12) Glücklicher Carlisle – Angepisster Edward


„Dann mal los, meine Herren“, sagte Tanja erleichtert, nachdem unser Scheidungsfall über den Lautsprecher aufgerufen wurde, und zu dritt betraten wir den Saal.


„Nun, Mr. und Mrs. Cullen, Sie haben sich also für eine einvernehmliche Scheidung entschieden und sind der Meinung, dass Ihre Ehe so zerrüttet ist, dass Sie ihr keine Chance mehr geben wollen?“, fragte uns ein sehr netter Mittvierziger und sah uns irgendwie traurig an. Seine schmale Lesebrille hatte er auf der Nase ein Stück nach unten geschoben, blickte darüber hinweg und schaute fast ein bisschen wehmütig zwischen Tanja und mir hin und her. Gott, der Typ hatte eindeutig seinen Beruf verfehlt.

„Ja, Sir. Wir haben uns endgültig für diese Trennung entschieden, es führt kein Weg daran vorbei“, erwiderte ich, lenkte meinen Blick kurz zu meiner nickenden Frau und widmete mich wieder dem Richter, der sich irgendwelche Notizen machte und leise seufzte. Irgendwie machte er tatsächlich auf mich den Eindruck, dass er mit seinem Job nicht zufrieden war …

Eine halbe Stunde später waren alle Formalitäten geklärt. Tanja stellte – wie sie es bereits angekündigt hatte – keinerlei Ansprüche, teilte dem Richter mit, dass sie noch heute das Land, ja sogar den Kontinent verlassen würde und für eine rasche Rechtskraft der Scheidung dankbar wäre. Es lief einfach perfekt.

Sie gab noch ihre Adresse in London bekannt, damit der schriftliche Beschluss auch verlässlich zugestellt werden konnte, wir bedankten uns und verließen kurz darauf den kleinen Saal. Bob fiel seiner Tanja um den Hals, sie küssten sich liebevoll, und zu meinem großen Erstaunen machte es mir nichts aus. Sie schienen sich tatsächlich zu lieben, was aufgrund der kurzen Dauer der Beziehung wirklich erstaunlich war, und dennoch freute ich mich für sie.

„Danke, Mr. Cullen“, sagte Bob leise und reichte mir freundschaftlich die Hand, welche ich schüttelte und mich wieder von ihm löste.

‚Wenn du wüsstest, was du dir mit dieser Frau eingehandelt hast, würdest du das nicht sagen‘, ging durch meinen Kopf, und ich hatte wirklich Mühe, mir ein Grinsen zu verkneifen.

„Ich wünsche euch viel Glück, und passen Sie gut auf sie auf“, erwiderte ich und lenkte meinen Blick auf Tanja, die plötzlich einen traurigen Ausdruck in den Augen hatte und ihren Blick zum Boden senkte.

„Hey“, sagte ich leise und ging auf sie zu. Ich legte zwei Finger unter ihr Kinn, hob sanft ihren Kopf und lächelte sie an. „Lass es dir gut gehen in Europa, ja? Ich hab ein verdammt gutes Gefühl, was euch beide betrifft. Genieß dein neues Leben, mach das Beste draus, und ich tu es auch. Alles ist gut, Tanja, glaub mir. Alles ist gut“. Seltsam. Wann hatte ich zuletzt so mit meiner Frau – nein, Ex-Frau – gesprochen? Jedes Wort davon meinte ich ernst, und ich sah an ihrem Lächeln, dass sie mir glaubte.

Eine leichte Wehmut lag über uns, die Zeichen standen auf Abschied, und ein wichtiges Kapitel unseres Lebens ging in diesem Moment zu Ende. Wir hatten geliebt und begehrt, doch letztendlich versagt. Nun war es eben an der Zeit, abzuschließen und getrennte Wege zu gehen. Das Schicksal hatte es wohl nicht gut mit uns gemeint, doch ich war froh, dass das Ende doch so angenehm war.

„Es war schön mit dir“, flüsterte Tanja, lächelte noch immer und warf einen verliebten Blick zu ihrem Bob, der seinen Arm um sie legte und ganz nah an sich zog.

Fuck, niemals hätte ich gedacht, dass unsere Scheidung SO ablaufen und unsere Ehe so problemlos zu Ende gehen würde, ich war wirklich positiv überrascht. Eigentlich hatte ich mit einem üblen Rosenkrieg gerechnet, umso mehr freute ich mich über Bob.

Je länger ich Tanja und ihren Lover betrachtete, desto intensiver wurde mir klar, dass meine Ehe beendet war. Verdammt, ich fühlte mich so gut, frei, und unendlich gelöst, dass ich am liebsten laut schreiend durch die Gänge gerannt wäre, doch ich denke, das käme nicht so gut. Also grinste ich einfach blöd vor mich hin und wartete ab.

Nach einer weiteren Stunde war das Protokoll der Scheidung  getippt. Tanja und ich wurden in ein kleines Büro gerufen, dort mussten wir einiges unterzeichnen und wurden im Parterre zur Kasse gebeten. Jeweils über 250 Dollar ärmer verließen wir das Gericht, und ich griff zur weiß-roten Schachtel, um mir eine Kippe anzumachen, was ich letztendlich auch tat.

„Wir müssen dann los“, sagte Tanja, „unser Flug geht um halb sieben. Ich habe bereits alles gepackt, zumindest das, was mir gehört. Mach dir keine Sorgen, der Rest ist noch da“. Sie kicherte und schmiegte sich eng an Bob’s Brust. Für einen Augenblick zuckte erneut ein trauriger Hauch über ihr Gesicht, als sie mir die Schlüssel überreichte und sich kurz von meinem Nachfolger löste. Beinahe schüchtern legte sie ihre Arme um meinen Hals und drückte mir einen allerletzten Kuss auf den Mund. „Leb wohl, Edward. Ich wünsch dir viel Glück“. Dann löste sie sich von mir, nahm ihren Lover an der Hand, lächelte ihn liebevoll an, und die beiden gingen los.

„Alles Gute“, rief Bob noch über seine Schulter und wollte sich vermutlich noch anständig von mir verabschieden, doch Tanja fauchte ihn an, packte ihn nun fester und zog ihn einfach mit.

„Viel Spaß, du arme Sau“, sagte ich leise und musste nun wirklich lachen, da Bob die Augen verdrehte und hinter meiner Ex-Frau herstolperte, als wäre er ihr Sklave. Genüsslich zog ich an meiner Lucky Strike und schlenderte glucksend zu meinem Aston, während ich meine Scheidungspapiere zu einem Fächer umfunktionierte und mir damit lässig vor dem Gesicht herum fuchtelte.

Tja, und dann war mir nach Singen. Ich fühlte mich so fucking fantastisch, dass ich mich nicht mehr zurückhalten konnte, also schnippte ich meine Zigarette in das nächste Gebüsch, schmiss mich fröhlich in meinen Wagen und sang einfach drauf los.

„I'M FREE - I'm free, And freedom tastes of reality, I'm free - I'm free, AN' I'm waiting for you to follow me…“, yeah, ‚The Who‘, wie geil. Obwohl … auf wen genau wartete ich? Wer sollte mir folgen? Es gab für mich nur Eine, die in diese Rolle schlüpfen könnte. Isab… oh nein, nicht daran denken, Cullen. Bitte nicht.

Meine gute Laune war binnen weniger Sekunden im Arsch. Seufzend schloss ich meine Augen und ließ meinen Kopf nach hinten fallen. Nun war ich also ein freier Mann, und was hatte ich davon?

Dad würde morgen nach Hause kommen und mit seiner Bella ein erotisches Wiedersehen feiern, während ich … oh Scheiße, da war doch noch das Date mit … na toll, wie hieß sie nochmal? Fuck, natürlich – Leah. Für einen kurzen Moment schämte ich mich fast dafür, beinahe ihren Namen vergessen zu haben, war aber dennoch stolz, dass er mir doch noch eingefallen war.

Ich würde jetzt erst mal zurück ins Büro fahren, Jazz von meiner brillanten und ausgesprochen raschen Scheidung erzählen, mich auf die Arbeit stürzen, und dann? Zur Hölle, dann müsste ich wieder in dieses Haus nach Forks. Dorthin, wo sich Isabella befand. Wir hatten gestern bereits auf eine seltsame Art und Weise von einander Abschied genommen, und diese Tatsache machte mich krank. Vielleicht wäre es das Beste, wenn ich ihr bis morgen aus dem Weg gehen und sofort nach oben in mein Zimmer laufen würde, um zu packen.

Natürlich würde ich noch auf die Ankunft meines Vaters warten, aber gleich darauf mein Date wahrnehmen, nachdem ich meine Sachen in meinem Appartement abgeladen hatte. Ja, so wäre es wohl das Beste.

Lautes Hupen riss mich aus meinen trübsinnigen Gedanken, und mein Kopf schoss hoch. Verwirrt schaute ich mich um, da ich nicht wusste, ob dieses nervtötende Geräusch mir galt, ärgerte mich aber sogleich grün und blau, als ich die Ursache kannte.

„Wie lange willst du noch den Parkplatz blockieren? BETTEN sind zum Schlafen da, nicht Autos!!“, brüllte ein glatzköpfiger Idiot durch sein heruntergelassenes Fenster und fuchtelte zornig mit seiner Hand in meine Richtung.

Wortlos hielt ich ihm den gestreckten Mittelfinger entgegen, murmelte ein angepisstes „Fuck you“ und startete meinen Vanquish, um gleich darauf gottverdammt langsam und gemütlich die Parklücke zu verlassen. Glatzkopf war bereits knallrot vor Wut, als ich laut lachend noch einmal meinen Mittelfinger bemühte und wieder ein wenig besser gelaunt zur Firma fuhr.

„Yo, Bruder, sag ‚Geschiedener‘ zu mir“, rief ich laut in Jaspers Büro und grinste über das ganze Gesicht. Er brütete gerade über irgendeinem Papierzeugs auf seinem Schreibtisch, sein Kopf schoss hoch und er grinste zurück.

„Herzlichen Glückwunsch, Edward“, sagte er begeistert, erhob sich und kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. Nachdem er mich brüderlich umarmt und mir ein paar Mal auf den Rücken getätschelt hatte, ließ er mich wieder los und schaute mich traurig an. „Ich wünschte, ich hätte es auch bereits hinter mir“.

„Hey, kommt Zeit, kommt Scheidung. Auch du bist bald ein freier Mann, Jazz. Dann lassen wir es erst mal ordentlich krachen. Ach – apropos – Tanja ist bereits so gut wie weg“, sagte ich nach wie vor grinsend, kramte ein paar Sekunden in meiner Jackentasche und schmiss seine zukünftigen Schlüssel in die Luft. „Hier. Deine“.

„Du meinst…“, begann er und fing sie geschmeidig auf. Ich konnte förmlich sehen, dass ein hoffnungsvolles Lächeln über sein Gesicht huschte und seine Traurigkeit sofort verflogen war.

„Ja, ich meine, Brüderchen. Geh heim, sag deinem Hausdrachen adieu, pack deine Sachen und zieh zu mir. Hau ab, je schneller, desto besser. Ich werde Dads Ankunft morgen noch abwarten, dann komm ich nach“, sagte ich lächelnd und erklärte ihm, dass er seine Sachen ins große Gästezimmer bringen sollte, um dort zu wohnen. Dieses hatte sogar ein eigenes, kleines Bad und war optimal für Jazz.  (Beta-A/N: Ein eigenes Bad? D.h. wir werden nicht von Edward beim Dusch-Sex gestört? Juhu *tanzt im Kreis* --> Nein, aber von MIR ... *bösgrins*)

„Macht es dir denn wirklich nichts aus, wenn ich nun einfach gehe, um Jessica ihrem Schicksal zu überlassen und einfach abzuhauen?“ Nun funkelten seine Augen vor Freude, und ich freute mich mit ihm.

„Hey, natürlich nicht. Du hast den Laden doch auch eine Weile allein übernommen, jetzt bin ich einmal dran. Also, Bruder, geh mit Gott, aber geh“. Grinsend deutete ich mit dem Kopf zur Tür und machte mich selbst auf den Weg dorthin. „Ach, und Jazz …“, sagte ich bereits mit der Klinke in der Hand, „… weißt du, ob Jake bereits mit Jessica in Kontakt getreten ist? Du weißt schon, wegen der Modelsache?“ Jake kam seltsamerweise schon immer ziemlich gut mit Jessica aus. Insofern waren mein Bruder und ich fucking froh, dass er sich um den ganzen Scheiß kümmern würde.

„Nein, ist er nicht. Er meinte, dass er das nicht am Telefon klären möchte, also wollte er die Sache persönlich mit  ihr besprechen und war heute bei unserem Appartement, doch Madame war nicht da“. Er verdrehte die Augen und grinste mich an.

„Shoppeeeeeen“, kam es völlig synchron aus unseren Mündern geschossen, und laut lachend ging jeder seiner Wege.

Die folgenden Stunden verbrachte ich mit hochkonzentrierter Arbeit, erledigte alles, was angefallen war und rief gegen halb sechs Jake zu mir, um weitere Details wegen der Sache mit Jessica zu besprechen. Nachdem wirklich jede Kleinigkeit geregelt war, wünschte ich ihm einen schönen Abend und verließ mein Büro.

Mit einem mulmigen Gefühl, weil ich nicht wusste, wie ich mich Isabella gegenüber verhalten sollte, fuhr ich nach Forks. Irgendwie war ich froh über die Tatsache, bald wieder in Seattle zu wohnen, um mir diese Fahrerei zu ersparen, doch der Abschied von Isabella fiel mir jetzt schon schwer.

Gott, je mehr ich mich meinem Elternhaus näherte, desto nervöser wurde ich. Ich begann tatsächlich zu schwitzen, krallte meine Finger um das Lenkrad und bemühte mich um eine ruhige Atmung, doch es gelang mir nicht. Kurz vor einer ausgewachsenen Panikattacke stoppte ich meinen Wagen vor dem Haus und war wirklich froh über die Tatsache, heil daheim gelandet zu sein. Ich legte meinen Kopf für eine Weile zurück, schloss die Augen und begann, gleichmäßig aus- und wieder einzuatmen. Minutenlang kämpfte ich mit meiner inneren Angst, besiegte sie jedoch wirklich und stieg aus.

Meine Beine wogen je eine gefühlte Tonne, als ich mich langsam und träge der Haustür näherte. Mit zittrigen Fingern steckte ich den Schlüssel ins dafür vorgesehene Loch, drehte ihn einmal kurz nach rechts und trat ein. Kein Mucks war zu hören, als ich das Licht einschaltete, meine Jacke – elegant wie immer – auf den Garderobehaken schmiss, mich meiner schwarzen Anzugschuhe entledigte und mich auf den Weg in die Küche machte. Mein Magen gab furchterregende Geräusche von sich, als ich vor dem Herd zu stehen kam und eine Pfanne vorfand, in welcher sich ein herrliches Steak mit buntem Gemüse und Bratkartoffeln befand. Mmmmmh…

Sie hatte also gekocht. Für mich. Ein wunderschönes, warmes Glücksgefühl durchströmte meinen Körper, welches ich jedoch sofort verdrängte und den perfekt temperierten Pfanneninhalt auf einen Teller gab. Sofort setzte ich mich zum Tisch, sprang noch einmal auf, um mir ein Glas Wasser zu holen, doch dann legte ich los. Mit einem zufriedenen Grunzen machte ich mich über diese überaus delikate Mahlzeit her, verschlang sie bis auf den letzten Krümel und räumte hinterher die Küche auf.

Und nun? Verflucht nochmal, ich hatte doch tatsächlich Angst davor, den ersten Stock des Hauses zu betreten. Ich wusste, dass sie sich dort oben befand, also zog ich es vor, unten zu bleiben. Was war ich doch für ein elendiger Schisser? Dennoch tat ich das, was ich für richtig empfand.

Mich über mich selbst ärgernd griff ich nach einem Glas, goss mir einen teuren Rotwein ein, stellte die Flasche wieder weg und schlenderte langsam ins Wohnzimmer, um mir einen Film anzusehen. Ich entschied mich für ‚Fight Club‘ und beneidete die Jungs dafür, dass sie mit diesen inszenierten Schlägereien ihre Aggressionen abbauen konnten. Ich wollte auch...

Allerdings handelte es sich bei mir wohl weniger um Aggressionen, die mir das Leben erschwerten, sondern eher um Ängste, die ich nicht in mir haben wollte. Ob ich die auch rausprügeln könnte? Ich grinste kurz blöd vor mich hin, nahm einen großen Schluck Wein und legte mich auf die Couch.

„Hats geschmeckt?“, hörte ich plötzlich irgendwo hinter mir und erschrak. Sofort setzte ich mich auf, starrte meiner zukünftigen Stiefmutter ins Gesicht und erschrak erneut. Sie sah schrecklich aus.

„Ja, vielen Dank, aber … was ist los, Isabella?“. Unter ihren geröteten und geschwollenen Augen befanden sich dunkle Schatten, die im Halbdunkel des Wohnzimmers ziemlich unheimlich wirkten. Ihr Haar war zerzaust und vollkommen wirr, die Nase leicht gerötet, und dennoch befand sich auf ihren Lippen ein leichtes Lächeln, was ihre verweinten Augen jedoch nicht erreichte.

„Nun, es ist … keine Ahnung“, stotterte sie leise und kam langsam auf mich zu. „Es geht mir nicht allzu gut“.

„Komm her“, sagte ich nun und klopfte mit der flachen Hand neben mich. „Möchtest du auch ein Glas Wein?“

„Gern“, erwiderte sie, und sofort sprang ich auf, lief in die Küche, holte ein zweites Glas, schnappte gleich die ganze Flasche und ging wieder zurück. Ich schenkte ihr ein, reichte ihr das Glas und stieß mit meinem sanft dagegen. „Auf…“, doch dann wusste ich nicht mehr weiter. Ich wollte einen tollen Trinkspruch bringen, aber es fiel mir keiner ein.

„Auf uns und unsere Zukunft, wie auch immer sie aussehen möge“, sagte Isabella traurig und vernichtete ihren Wein fast auf Ex. Elegant nippte ich an meinem Glas, nahm Isabella ihres ab und stellte beide auf den Tisch.
„Was guckst du da?“, fragte sie mich, um offensichtlich von der bedrückenden Stimmung abzulenken, die uns umgab. Ich sah sie kurz an und zuckte mit den Schultern. „Fight Club“.

„Ich hasse solche Filme“, murmelte sie leise und kuschelte sich in die Couch. „Was bringt es denn diesen Idioten, sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen?“

„Nun, du könntest deine Augen ja mit Brad Pitt beschäftigen, oder?“, grinste ich, doch sie tat es nicht.

„Scheiß auf Brad Pitt, ich würde viel lieber …“, sie seufzte tief und schüttelte den Kopf. „Was würdest du lieber, Isabella?“

„Ach, vergiss es. Wie war die Scheidung?“, lenkte sie ab, rappelte sich ein wenig hoch und sah mich irgendwie mitleidig an.

„Was soll ich sagen? Ich bin ein freier Mann, und ich liebe es“. Augenblicklich überzog ein breites Lächeln ihr Gesicht. Gott, wie ich es liebte. Wenn diese Frau lächelte, ging die Sonne für mich auf, ich war machtlos und konnte absolut nichts gegen dieses Gefühl tun, welches sich … verdammte Scheiße, Cullen, reiß dich doch zusammen!! Beschissenes Weichei!

„Tanja hat wirklich keine Schwierigkeiten gemacht?“ Erstaunt setzte sie sich nun auf und musterte mich mit einem seltsamen Blick. So, als konnte sie kaum glauben, dass ich alles reibungslos über die Bühne bringen konnte.

„Nein, hat sie nicht, ganz im Gegenteil. Unmittelbar nach der Scheidung hat sie die arme Sau von Bob an der Hand gepackt und mit ihm das Weite gesucht“, und plötzlich fiel mir etwas ein. „Isabella?“

„Hm?“. Sie kuschelte sich wieder in die Couch.

„Warum bist du heute Morgen nicht mit mir gefahren?“. Sie zuckte kurz zusammen, seufzte tief und richtete ihren Blick desinteressiert auf Brad Pitt.

„Ich musste nachdenken. War verwirrt. Abgesehen davon war ich mir sicher, deine Nähe nicht ertragen zu können…oder zu wollen. Ach, keine Ahnung, ich weiß es nicht. Es war einfach … besser so“. Ihre Stimme wurde immer leiser, und ich beließ es dabei. Irgendwie hatte ich das Gefühl, nicht mehr aus ihr rauszubekommen, was dieses Thema betraf.

„Wann kommt Dad morgen eigentlich an?“, lenkte ich das verkrampfte Gespräch in eine andere Richtung und stellte in diesem Moment fest, dass nicht nur das Gespräch verkrampft war, sondern auch ich.

„Er landet um 15.45 Uhr. Ich werde ihn gleich nach der Arbeit in Seattle am Flughafen abholen und mit ihm nach Hause fahren“.

„Du … freust du ich? Auf … ihn?“. Leise – viel zu leise kamen diese Worte zaghaft über meine Lippen, und kaum hatte ich sie ausgesprochen, hasste ich mich dafür. Rasch griff ich nach meinem Glas und nahm einen großen Schluck.

„Ja“. Verflucht, ich wusste es. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, kam dieses beschissene Wort über ihre Lippen, und ich hasste diese zwei Buchstaben wie nie zuvor.

„Gut“. Nein, nichts war gut. Ich wollte fluchen, schreien, irgendetwas gegen die Wand schmeißen, doch ich blieb ganz ruhig und leerte mein Glas. „Ich denke, ich werde nach oben gehen. Wünsch dir eine gute Nacht, und schalt bitte alles aus, bevor du gehst“. Eine gefährliche Gefühlsmischung tobte in mir, und ich war davon überzeugt, dass es das Beste wäre, jetzt einfach zu gehen.

„Warte, ich komme mit. Allein will ich hier nicht sitzen“. Sie kippte hastig den restlichen Wein in ihre Kehle und schoss hoch.

„Schlaf gut“, hauchte ich, als wir vor unseren Zimmern angekommen waren, und fühlte einen Stich in meinem Herz, als ich einmal mehr diese tiefe Traurigkeit sah, die sie komplett in sich zusammen fallen ließ.

„Du auch“. Mit einem tiefen Seufzen senkte sie ihren Blick. Ich legte zwei Finger unter ihr Kinn, drückte es ein wenig hoch und sah sie an. Ungeweinte Tränen funkelten in ihren Augen, als ich mich einfach nicht dagegen wehren konnte und meine Lippen ganz zart über ihre hauchen ließ. Sofort besann ich mich jedoch darauf, dass sie bereits morgen in den Armen meines Dads einschlafen und wieder aufwachen würde, also trennte ich mich schweren Herzens von ihrem weichen Mund und drehte mich weg. „Gute Nacht“, sagte ich ein letztes Mal mit einer dermaßen kalten Stimme, dass ich selber erschrak, öffnete meine Tür und ließ sie allein.

Mit einem lauten „Fuck“ schmiss ich mich auf mein Bett und starrte eine gefühlte Ewigkeit in das Dunkel der Nacht. Mein Kopf war leer. Genauso wie mein Herz und meine Seele. Leer. Ich fühlte nichts, alles war taub, meine Glieder schwer. Dennoch erhob ich mich wieder, entledigte mich meiner Kleider und sprang unter die Dusche. Das heiße Wasser brachte wieder ein wenig Leben in mich, und nachdem ich mir die Zähne geputzt hatte, fiel ich nackt ins Bett.

Kaum war ich dabei, es mir gemütlich zu machen, erhielt ich eine SMS. Sofort griff ich nach meinem Handy, öffnete sie und musste grinsen.


Fühle mich verdammt wohl hier, danke Bro. Alles Weitere morgen. J


So sehr mich der Abschied von Isabella ankotzte, so sehr freute ich mich auf Jazz. Er war schon immer ein wirklich angenehmer Zeitgenosse gewesen, und ich war mir sicher, das Richtige getan zu haben, indem ich ihm angeboten hatte, bei mir zu wohnen.


Kein Problem, gerne. Freu mich. E


schrieb ich rasch zurück, legte mein Handy wieder weg und schloss die Augen, um endlich zur Ruhe zu kommen.

Obwohl ich mich beschissen fühlte und todmüde war, stellte sich der Schlaf nicht ein. Auch noch zwei Stunden später wälzte ich mich hin und her, war seltsam unruhig und nervös. Ob Isabella schlafen konnte? Ging es ihr vielleicht so wie mir?

Seufzend fuhr ich mir durchs Haar, setzte mich auf und erschauerte, als eine Gänsehaut über meinen Körper kroch. Zitternd schaltete ich die  Deckenbeleuchtung ein, kletterte aus dem Bett, tapste erschöpft zu meinem Schrank und zog mir ein T-Shirt über den Kopf. Nachdem ich auch noch in eine Boxershorts geschlüpft war, fühlte ich mich wieder wohler und wollte einfach nur schlafen. Schlafen und verdrängen, oder noch besser – vergessen.

Ich schaltete das Licht aus, stolperte in meiner grenzenlosen Müdigkeit über meine eigenen Füße und knallte lautstark mit der Schulter gegen meinen Schrank. „Verdammte Scheiße!!“, rief ich angepisst aus, rieb mir weiterhin fluchend über die schmerzende Stelle und schlich vorsichtig zum Bett, als es leise an der Tür klopfte.

„Komm rein“, sagte ich und sah sogleich Isabella, die langsam in mein Zimmer kam. Nachdem sich meine Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich sehen, dass sie ein helles, knielanges Nachthemd trug. Ihr langes, nun fast schwarzes Haar wallte ungestüm über ihren Oberkörper, und fuck, ja – sie sah aus wie ein Engel.

„Alles in Ordnung? Hast du dich verletzt?“, fragte sie besorgt und kam Schritt für Schritt auf mich zu.

„Nein, nicht wirklich. Mein Schrank hat gemeint, sich mit mir anlegen zu müssen“, scherzte ich und entlockte ihr damit ein leises „Oh, dann ist ja gut“. Sie kicherte.

„Also, dann …“.

„Edward, bitte…“, unterbrach sie mich, während ich schon dabei war, wieder in mein Bett zu krabbeln. Ich stoppte meine Bewegungen, setzte mich hin und starrte sie an. Isabella eilte zu mir und nahm neben mir Platz. „Verdammt, ich kann nicht schlafen“, murmelte sie und seufzte tief.

„Ich auch nicht“, gab ich ehrlich zu und zuckte mit den Schultern. Sie sah mich eine Weile durchdringend an, hob ihre Hand, streichelte über meine Wange, und ich schmiegte mich in diese sanfte Berührung, ohne dass ich es irgendwie hätte verhindern können.

„Darf ich … würde es dir etwas ausmachen…“, stotterte sie mit einem zaghaften Flüstern, „wenn ich bei dir bleiben würde? Kann ich diese letzte Nacht hier in deinem Bett schlafen? Nur schlafen, Edward. Es ist … ich will nicht alleine sein“.

„Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist, Isabella“, erwiderte ich unsicher. Obwohl ich mir nichts sehnlicher wünschte, als sie während der letzten Stunden, die uns noch blieben, an meiner Seite zu haben, fühlte es sich so gottverdammt falsch und betrügerisch an. Betrügerisch meinem Vater gegenüber, und dennoch wurde ich schwach.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, seufzte ich tief, kuschelte mich unter meine Decke und hob sie hoch. Keine zehn Sekunden später lag sie neben mir. „Danke“, hauchte sie, sonst nichts. Ich zog sie in meine Arme, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und schlief augenblicklich ein.



*****



Mittwoch, 25.7.2009


(A/N: Und wer von euch hat nun gedacht, ich würde sie wieder vögeln lassen?? Hää?? Hand heben, aber flott!! *lol*)

Natürlich war das Bett leer, als ich am nächsten Morgen viel zu früh erwachte. Oder war es nur ein Traum? Hatte ich geträumt, dass ich die vergangene Nacht mit Isabella in diesem Bett verbracht hatte? Ohne … Sex?

Verwirrt setzte ich mich auf, verdrehte angepisst die Augen, nachdem mir bewusst wurde, welcher Tag heute war und ließ mich seufzend wieder in die Kissen fallen. Sofort kroch mir Isabellas unvergleichlicher Duft in die Nase, also wusste ich – sie war hier. Dennoch musste ich zur Kenntnis nehmen, dass sie es nun nicht mehr war, also kletterte ich mit einem resignierten Seufzen aus dem Bett und nahm erst mal eine heiße Dusche.

Ich trocknete mich ordentlich ab und kleidete mich an, doch dann fiel mir auf, dass ich gestern das Packen vergessen hatte, also erledigte ich das jetzt. Es war ja nicht viel, was ich vor knapp eineinhalb Wochen hier her gebracht hatte, dementsprechend schnell war ich fertig und schlenderte laut gähnend in die Küche, um mir einen Kaffee zu gönnen. Danach ging es mir – natürlich – besser, und ich lief nach oben, um mir die Zähne zu putzen. Unmittelbar danach brach ich auf.

Selbstverständlich schoss ich als erstes gleich mal in Jaspers Büro, doch er war nicht da, und ich stieß mir beinahe die Stirn an der verschlossenen Tür. Seltsam. Mein Bruder war immer schon ein Frühaufsteher gewesen, ganz im Gegensatz zu mir. Oft hatten wir schon wegen der Vermutung gelacht, deshalb nicht verwandt zu sein. Nun, man hört und liest doch immer wieder, dass Babies in den Krankenhäusern vertauscht werden. Vielleicht...

„Morgen, Edward“, lächelte Jacob an mir vorbei und eilte mit einer dünnen, schwarzen Mappe zum Kopierer, der sich am Ende des Ganges befand.

„Tu doch nicht so, als würdest du arbeiten, Winnetou“, grinste ich und lief gleich hinterher, weil ich einfach wissen wollte, was um diese Zeit schon so wichtig war.

„Halt die Klappe und hilf mir mal“, lachte er, drückte mir die Mappe in die Hand, zog das A4-Fach des Kopierers heraus und befüllte es mit strahlend weißem Papier. Ich warf inzwischen einen Blick auf die Unterlagen, und meine Augen wurden groß, als ich sah, worum es ging.

„Jetzt wird es also ernst, huh?“.

„Yeah, ich hab Jessica bereits um sieben angerufen, um einen Termin mit ihr auszumachen. Natürlich war sie ziemlich angepisst, weil ich sie geweckt habe, aber als ich ihr sagte, worum es ging, rastete sie beinahe aus vor Freude und Stolz. Sieht gut aus, würd ich sagen. Sogar die Tatsache, dass Bella im Spiel ist, ließ sie kalt. Ihr heißbegehrter Model-Job zählt wohl mehr als alles andere“. Grinsend und vollkommen von unserem Plan überzeugt, machte er sich daran, alles zu vervielfältigen, was für Jess notwendig war.

„Gott, wenn wir dich nicht hätten…“

„…Hättet ihr glatt einen anderen. Jaja, ich weiß“, lachte er. Ich dankte ihm für seine tolle Arbeit und ging wieder zurück zu Jaspers Büro, welches aber nach wie vor verschlossen war. Schulterzuckend gab ich es auf, betrat mein Büro und fuhr gerade meinen PC hoch, als mein Handy vibrierte. Kurz machte ich mir Sorgen wegen Jazz, doch die SMS war nicht von ihm.


Heute um 8? Es bleibt doch dabei? Leah


Verdammt, ich hatte es schon wieder verdrängt.


Natürlich! Edward


schrieb ich rasch zurück und war mir irgendwie überhaupt nicht darüber im Klaren, was ich bei ihr anstellen sollte. Alles, womit ich den Rest des Tages verbringen wollte, war, mich anständig zu besaufen, doch dafür brauchte ich kein Date. Nun war es allerdings zu spät, also beschloss ich einfach, mich bei Leah zu betrinken, sie einmal zu vögeln und dann einen unrühmlichen Abgang zu machen. Toller Plan, Cullen, einfach fantastisch. Ich schüttelte angepisst den Kopf und konzentrierte mich auf meinen Job.

„Morgeeeeeen“, schockte mich Jazz eine gute Stunde später, als er ohne anzuklopfen die Tür aufriss, sie geräuschvoll wieder schloss und sich breit grinsend auf die Couch fallen ließ. „Scheiße, hab ich gut geschlafen. Dein Appartement ist einfach fantastisch, und diese Ruhe … hm…“. Ich lachte.

„Das freut mich, Man“, und das tat es wirklich. Ich hatte ihn schon lang nicht mehr so fröhlich erlebt, und es machte mich glücklich, dass ich dafür verantwortlich war. „Und? Was hat Jessica gesagt?“. Amüsiert stützte ich die Ellenbogen auf meinen Schreibtisch, legte meinen Kopf in die Hände und grinste ihn an.

„Woah, sie ist fast ausgerastet, hat mit diversen Dingen nach mir geworfen, aber Edward, ich schwöre dir, ein Blinder trifft besser als sie“. Lachend schüttelte er den Kopf und fuhr fort. „Du wirst schon sehen, was du davon hast“, sagte er mit einer gekünstelt hohen Stimme, machte einen auf Jessica und verdrehte die Augen, während aber im nächsten Augenblick eine leichte Nervosität sein plötzlich angespanntes Gesicht überzog. „Gott, die Frau macht mich wahnsinnig“. Nun war die Fröhlichkeit dahin. Seufzend ließ er seinen Kopf nach hinten fallen, schloss die Augen und rührte sich nicht mehr.

Sofort schoss ich hoch, lief zu ihm und nahm neben ihm Platz. „Hey, wir kriegen das schon hin, mach dir keine Sorgen. Du hast die beste Scheidungsanwältin Seattles an deiner Seite, und…“

„Vom Regen in die Traufe. Die nächste Zicke!“, unterbrach er mich, ohne die Augen zu öffnen und seufzte so dermaßen herzzerreißend, dass ich ihn einfach mal ganz fest umarmen musste.

Ich redete noch eine gute halbe Stunde auf Jasper ein und schaffte es tatsächlich, ihn wieder zu beruhigen. Jessica machte ihm mit ihren beschissenen Drohungen wirklich Angst, doch der Modelvertrag würde einiges regeln, von dem dieses Miststück noch nichts ahnte, denn soweit dachte sie nicht.  Jake würde sich mit ihr heute zu Mittag treffen, doch der Vertrag war schon so gut wie unter Dach und Fach. Ms. Brandon … Alice würde sich um die restliche Scheiße kümmern, und Jazz wäre genau so frei wie ich. Gott, wie sehr ich mich darauf freute, wenn wir all dies endlich hinter uns hätten und auch er seine Ex-Frau in die Wüste schicken könnte.



Gegen vier Uhr nachmittags wurde ich ziemlich nervös. Die Gewissheit, dass mein Dad bereits wieder zu Hause war und vermutlich gerade Isabella küsste, bescherte mir ein dumpfes Drücken in der Magengegend. Ich hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen, da ich keinen Bock darauf hatte, also war mir schon ein wenig schlecht.

Kurz darauf verabschiedete ich mich von Jazz, erzählte ihm von meinem Date und meinte noch, dass es heute später werden könnte. Grinsend nahm er diesen Input zur Kenntnis, und ich machte mich auf den Weg nach Forks. Unterwegs musste ich einmal anhalten, weil mir so übel war, dass ich dachte, auf der Stelle in den angrenzenden Wald kotzen zu müssen, doch irgendwie kriegte ich mich wieder ein und stoppte meinen Wagen eine Weile später vor unserem Haus.

Es war hell beleuchtet und strahlte eine beschissene Fröhlichkeit aus, welche mir eine neue Welle dieser verfluchten Übelkeit verschaffte und den kalten Schweiß aus meinen Poren drückte. „Augen zu und durch“, murmelte ich mutmachend zu mir selbst, ging raschen Schrittes auf die Haustür zu und sperrte sie auf.

In der Hoffnung, dass es mir etwas besser gehen würde, wenn ich etwas in meinem Magen hätte, steuerte ich geradewegs in die Küche, doch ich prallte beinahe zurück, als ich sah, was sich hier tat.

Isabella saß auf der Anrichte neben dem Kühlschrank. Ihre Beine waren weit gespreizt, und mein Dad stand zwischen ihren Schenkeln. Sie küssten sich leidenschaftlich, während ihre Hände an seinem Arsch herumfummelten und seine Isabellas Brüste massierten. Verdammte, gottverdammte Scheiße, musste das jetzt sein??

‚Cullen, sei stark. Lass dir jetzt bloß nichts anmerken, du willst doch deinen Vater nicht verletzen, oder? Reiß dich zusammen’, sagte ich gedanklich zu mir selbst, atmete so unauffällig wie möglich ein paar Mal tief durch und spürte plötzlich eine eisige Kälte, die durch meinen Körper kroch.

„Guten Abe … ooooh, störe ich?“, machte ich einen auf locker und lustig, und die beiden schossen erschrocken auseinander.

„Hi Sohn“, rief Dad glücklich aus und fiel mir um den Hals. „Alles klar? Gott, bin ich froh, wieder bei euch zu sein. Die letzte Woche war schrecklich, ich hab euch wirklich vermisst“, sprudelte es aus ihm raus. Bei den letzten Worten drehte er sich zu seiner Braut und funkelte sie liebevoll an. Ich fühlte mich augenblicklich schlecht. Wenn er wüsste…

„Hallo, Edward, wie war dein Tag?“, sagte nun Isabella und lächelte mich an.  Die Kälte in mir wurde beinahe unerträglich, als ich den Tonfall vernahm, in welchem sie mit mir sprach. Es war so, als wäre sie tatsächlich meine … Mom. Sie hörte sich wirklich und wahrhaftig an, als wäre da niemals etwas zwischen uns gewesen, als wären wir die besten Freunde, aber nicht mehr. Was war bloß los mit dieser Frau?

Sie verschlang meinen Dad mit sehnsüchtigen und dermaßen verliebten Blicken, dass sich förmlich mein Herz zusammenkrampfte und drohte, in meiner Brust zu explodieren. Da war nichts. Nichts, was jemals darauf hindeuten würde, dass wir hammergeilen Sex miteinander hatten, und noch mehr. Nichts…

„Okay, vielen Dank“, beantwortete ich ihre Frage, was sie wiederum mit einem gottverdammt mütterlichen Lächeln kommentierte.

„Fein, das freut mich. Hast du Hunger?“, säuselte sie, während sie sich kichernd nach vorn beugte, Dad an der Hand packte und ihn zu sich zog. Zärtlich schmiegte sie ihre Arme um seinen Nacken und hauchte ihm einen verliebten Kuss auf den Mund. Zur Hölle, was sollte diese Scheiße??

„Nein, danke. Ich will eure traute Zweisamkeit nicht stören. Abgesehen davon hab ich noch ein Date, dort werde ich wohl unter anderem auch etwas zu essen kriegen“. Ich grinste in mich hinein, als ich zufrieden feststellte, wie Isabella zusammenzuckte, als ich das Wort ‚Date’ geschmeidig über meine Lippen gleiten ließ.

„Oooh, ein Date? Bist du denn noch immer mit dieser dunkelhaarigen Schönheit zusammen?“, fragte Dad, sah mich dabei jedoch nicht an, sondern strahlte seiner Verlobten ins Gesicht.

„Du meinst Leah? Ja, das bin ich“, log ich eiskalt und bemerkte wieder mit einem innerlichen, gottverdammt bösen Grinsen, dass Isabella zusammen zuckte.

„Ach, Edward“, rief mein Vater plötzlich aus, wand sich zärtlich aus der Umarmung seiner Braut und sah mich neugierig an. „Wie lief die Scheidung? Ist alles soweit in Ordnung?“

„Yeah, Dad, alles bestens. Tanja hat tatsächlich auf jegliche Ansprüche verzichtet und ist noch gestern Abend nach London geflogen, um mit ihrem Bob ein neues Leben zu beginnen. Er ist sehr nett“, sagte ich trocken und vollkommen ruhig, zuckte mit den Schultern und richtete einen kurzen, verschämten Blick auf Isabella, die verliebt bis über beide Ohren den Arsch meines Vaters bestaunte. Verfickte Scheiße, die Frau war doch nicht ganz dicht!! „Ach, und liebe Grüße von Jazz. Er ist gestern in mein Appartement gezogen, hat sich von Jessica getrennt, und seine Scheidung ist ebenso im Laufen. Ich werde ab heute ebenfalls wieder in meine Wohnung ziehen, nur, damit du es weißt“.

Plötzlich begann mein Dad, herzlich zu lachen. „Oh mein Gott“, japste er nach Luft und schüttelte den Kopf, „Da ist man mal eine Woche weg, und es geht schon rund. Ihr gebt ja anständig Gas“, lachte er weiter, umarmte mich und klopfte ein paar Mal fest auf meinen Rücken. Dann wurde er plötzlich ruhig und lächelte mich an. „Es ist gut, wenn du dich wieder auf deine eigenen Beine stellen willst, ich kann das verstehen. Du weißt, dass ich immer für dich da bin und dieses Haus jederzeit für dich offen steht, Edward“, sagte er plötzlich verflucht liebevoll, und ich fühlte mich schlecht. Fuck, ja, ich liebte meinen Vater, doch nun wäre es wirklich das Beste, zu gehen.

Ich hatte noch eine gute Stunde Zeit bis zu meinem Date, also verließ ich kommentarlos die Küche, genehmigte mir eine schnelle Dusche und zog mich an. Dann holte ich alles aus dem Bad, was ich noch in mein Appartement mitnehmen wollte, steckte es in einen Plastikbeutel und stand für eine Weile komplett verloren in meinem Zimmer herum. Eine tiefe, innere Leere erfüllte mich, als mir so richtig bewusst wurde, dass dies hier ein Abschied war. Nicht nur von Isabella, sondern auch von meinem Zimmer, in welchem ich mich immer so wohl gefühlt hatte, ein Abschied von meinem Elternhaus.

Mit einem heftigen Kopfschütteln versuchte ich, diese trübsinnigen Gedanken loszuwerden, doch es gelang mir nicht. Nach ein paar weiteren beklemmenden Minuten packte ich meine Habseligkeiten, warf noch einen letzten Blick zurück und schloss seufzend die Tür. Einer plötzlichen Eingebung folgend ließ ich mein Gepäck wieder fallen, betrat erneut den Raum, aus welchem ich gerade gekommen war, lief zu meinem Nachttisch und holte einige Kondome aus der Schublade. Ja, ich wollte Isabella quälen, und ja, ich wollte sehen, wie sie darauf reagiert. Grinsend stopfte ich mir die Gummis in die Hosentaschen, ging die Treppe nach unten, stellte Tasche und Beutel wieder ab und schlenderte lässig ins Wohnzimmer, weil ich dort Stimmen hörte.

Dad und Isabella lagen eng umschlungen auf der Couch, kicherten und flüsterten wie zwei verliebte Teenager und küssten sich gerade, als ich mich ihnen näherte. Natürlich war ich so klug gewesen, die Kondome wieder aus meinen Taschen zu holen und hielt sie in der Hand.

„So, ich bin dann mal weg“, begann ich, die beiden zu unterbrechen. Träge ließen sie von einander ab und starrten mich an. Dad bedachte mich sofort mit einem liebevollen Lächeln, während Isabella genau das tat, was ich wollte. Sie fixierte mit einem tödlichen Blick meine Hand, die gerade dabei war, langsam und gespielt ungeschickt die Kondome in die Jeans-Tasche zu stopfen. Ich grinste.

Die Augen meines Vaters fanden ebenfalls den Weg zu meinen Fingern, die nun damit beschäftigt waren, die letzte Folienpackung in die Jeans zu quetschen, und ein amüsiertes Grinsen huschte über sein Gesicht. „Oh, du sorgst vor“, gluckste er und hielt mir kurz seinen nach oben gestreckten Daumen hin. Isabella hingegen fiel komplett in sich zusammen, und ihr Blick war leer. Eine noch nie dagewesene Kälte funkelte in ihren Augen und machte mir fast ein bisschen Angst.

„Aber natürlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Isabella in der Blüte ihres jungen Lebens zur Stief-Grandma werden möchte“, sagte ich mit einer vor Sarkasmus triefenden Stimme und grinste sie diabolisch an. Ein tiefes, kehliges Keuchen entfuhr ihren leicht geöffneten Lippen, welches ich mit Genuss zur Kenntnis nahm und ihr frech ins Gesicht grinste. Oh yeah, Baby, wer ist hier der Stärkere von uns beiden?

Dad lachte herzlich auf. „Nein, das kann ich mir auch nicht vorstellen, oder, mein Schatz?“. Glucksend zog er sie an seine Brust und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Ich glaube, da hätte ich wirklich keinen Bock darauf, Liebling“, erwiderte sie fröhlich, obwohl ich genau sehen konnte, wie sehr sie all das hier anpisste, doch es war mir in diesem Moment egal. Mit einem bösartigen Grinsen schmiegte sie sich in die Arme meines Vaters, und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass so eben ein kalter Krieg zwischen uns ausgebrochen war.

„Dann wünsch ich euch mal einen schönen Abend und hoffe, dass meiner noch besser wird“, sagte ich letztendlich, nickte den beiden noch einmal zu und ging Richtung Flur.

„Dir auch, mein Sohn. Viel Spaß mit Jazz, und melde dich regelmäßig bei uns, ja?“, rief mir Dad noch hinterher, von Isabella kam nichts. Schon klar. Auf irgendeine seltsame Art und Weise hochgradig amüsiert verließ ich das Haus, schmiss mein Gepäck achtlos in meinen Wagen und fuhr los.

Auf zu Leah.

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