Seiten

Sonntag, 11. Dezember 2011

(11) Wir lieben uns, wir lieben uns nicht…




Hochkonzentriert – warum auch immer – holte ich in wenigen Stunden all das auf, was während der letzten Woche liegen geblieben war. Jazz und Jacob hatten perfekt gearbeitet, der Rückstand war also nicht allzu groß. Etliche kleine und einige größere Aufträge waren am Laufen, das Geschäft lief prächtig, und zufrieden lehnte ich mich nach getaner Arbeit gegen halb vier in meinem schwarzen Ledersessel zurück. Ich legte meine Unterarme auf den Armlehnen ab, ließ meinen Kopf nach hinten fallen, schloss die Augen und dachte mit einem entspannten Lächeln an … Isabella. Nicht gut.

„Fuck!“ Plötzlich fiel mir ein, dass sie ja mit mir mitgefahren war, ihr eigenes Auto somit in Forks in der Garage stand und sie keine Möglichkeit hatte, wieder nach Hause zu kommen. Ihre Handy-Nummer hatte ich nicht, also schoss ich hoch, versperrte kurz darauf mein Büro und lief über die Treppen in den zwölften Stock. Den Fahrstuhl ließ ich mit Absicht links liegen. Alleine wollte ich nicht, und abgesehen davon hatte ich eine Scheißangst vor dem Ding. Es erregte mich in einem Ausmaß, welches ich hier, mitten in einem sehr belebten Bürogebäude, nicht gebrauchen könnte.

„Echt super, Cullen. Bist du wirklich schon so weit, dass dich ein Fahrstuhl erregt?“, murmelte ich leise zu mir selbst und klatschte mir fest gegen die Stirn, während ich an meinem Ziel angekommen war. Ich stand vor einer perfekt geputzten Glasfront, auf deren zentral gelegener Tür sich eine große, blaue Rose befand. Darüber stand in altgotischen Buchstaben „BellaRose“, und ich wusste, ich war da.

Irgendwie verdammt unsicher und nervös drückte ich gegen den silbernen, senkrecht angebrachten Griff, drückte die durchsichtige Scheibe auf und ging über einen dunkelblauen Teppich, bis ich an einem halbrunden, weißen Pult angekommen war, an welchem ich hielt.

„Guten Tag, Sir, wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte mich eine Lady um die Vierzig und lächelte mich freundlich an.

„Hi, ich würde gerne … ich suche Ms. Isabella Swan“, stotterte ich, fuhr mir durchs Haar und ärgerte mich über mich selbst. Verflucht, was sollte dieser Scheiß? Warum war ich so dermaßen nervös, dass ich kaum noch einen geraden Satz über die Lippen brachte?

„Haben Sie einen Termin, Sir?“

„Nein, den habe ich nicht, ich wollte nur...“

„Warten Sie einen Moment“, unterbrach sie mich und griff zu ihrem Telefon. „Bella? Hier ist jemand, der dich sprechen möchte … Ja …okay“, dann sah sie mich wieder an. „Wen darf ich anmelden?“

„Edward Cullen“, sagte ich Gott sei Dank sicher und ruhig. Sie wiederholte meinen Namen, bestätigte offensichtlich Isabellas Anweisungen mit einem gelächelten „In Ordnung“ und legte auf.

„Dritte Tür links, Mr. Cullen“. Ich nickte, bedankte mich und machte mich auf den Weg. Dritte Tür links. Fuck, warum wurde mir plötzlich so heiß? Was war der Grund dafür, dass meine Beine zu zittern begannen und ich mich am liebsten auf den blauen Teppich gesetzt hätte, um den Rest meines Lebens einfach an mir vorbeiziehen zu lassen?

„Reiß dich zusammen, du Idiot“, tadelte ich mich selbst, atmete tief durch und klopfte an mein weiß lackiertes Ziel.

„Komm rein“, drang gedämpft an mein Ohr, bevor ich Gott sei Dank wieder cool und stark wie eh und je die Klinke nach unten drückte und ihr Büro betrat. Es roch wie in einem Möbelhaus, alles war offensichtlich neu und ebenso in weiß und blau gehalten, es gefiel mir sehr gut.

Isabella saß an ihrem Schreibtisch und war über Unmengen von Papier und mehr oder weniger dünne, hellblaue Mappen gebeugt. Sie hob ihren Kopf, schaute mich kurz an und senkte ihn wieder. „Was gibt’s?“

Die Stimmung war furchtbar kalt in diesem Raum. Sie vermied es tunlichst, mir in die Augen zu sehen und klopfte nervös mit einem Stift gegen die Kante ihres Schreibtisches, das machte mich krank. Ich hasste dieses Geräusch in diesem Moment so sehr, dass ich sie am liebsten angeschrien hätte, damit aufzuhören. Verdammt, ich hatte sie erst heute Vormittag gefickt, was sollte dieser Scheiß?

„Naja, du … ich dachte nur...“, stotterte ich wie der größte Vollidiot und bemerkte, dass sich augenblicklich meine Hände zu Fäusten ballten. Ich schloss meine Augen, zählte bis fünf und versuchte es erneut, wobei sie mich nach wie vor keines Blickes gewürdigt hatte, sondern scheinbar aufmerksam über ihre Unterlagen las. „Ich wollte dich fragen, wie du nach Hause kommst. Wenn du möchtest ...“.

„... könnte ich mit dir kommen?“, vollendete sie meinen Satz, und die Zweideutigkeit desselben zauberte ein Grinsen auf mein Gesicht. Genau in diesem verfickten Moment hob sie natürlich den Kopf, sah mich an, runzelte die Stirn, und mein Grinsen verschwand so schnell, wie es gekommen war. Während sich meine Finger wieder lockerten, lächelte ich sie an und bestätigte mit einem leisen „Jap“ ihren Verdacht.

„Gerne, vielen Dank. Wann wirst du aufbrechen?“. Sie schloss die hellblaue Mappe, welche sie gerade studiert hatte, erhob sich und kam langsam auf mich zu. Geschmeidig wie eine Raubkatze bewegte sie sich, ihre Hüften wackelten sexy hin und her, während sie elegant auf diesen irren Heels vor mich trat.

Fuck, diese Frau war so gottverdammt heiß. Am liebsten hätte ich sie an den Hüften gepackt, sie küssend nach hinten geschoben, mit Schwung ihren Schreibtisch von diesem ganzen Papierscheiß befreit, um sie dann hart und hemmungslos darauf zu fi...

„Edward?“ Sie grinste mich an, zog eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn du noch länger so weiterträumst, werden wir wohl hier übernachten müssen“, kicherte sie, und ich Idiot hatte nichts Besseres zu tun, als zu ihrer weißen Couch zu schauen und mir vorzustellen, dass ich sie mit dem Oberkörper darüber beugen und von hinten hart in sie eindringen würde. Herrgott nochmal, was war bloß los mit mir?

Die Sache im Fahrstuhl war wohl keine gute Idee gewesen. Ich hatte gottverdammtes Blut gerochen und wollte mehr. Viel mehr. Jetzt. Sofort.

„Woran denkst du?“, flüsterte sie plötzlich, verschlang mich mit einem lustverschleierten Blick und legte ihre rechte Hand auf meine Brust. Ich seufzte tief und sah sie an.

„Ich würde dich so gerne ficken, Isabella. Immer und immer wieder. Auf dem Schreibtisch, kniend auf deiner Couch, in UNSEREM Lift, ganz egal, wo ...“. Ein leises Stöhnen entwich ihren leicht geöffneten Lippen, und wie automatisch senkte sich mein Kopf. Mein Atem kam bereits flach und dieses verräterische Herz raste in meiner Brust, als sich mein Mund auf ihren legte und es plötzlich laut an der Tür klopfte, welche unmittelbar danach  aufgerissen wurde.

„Liebes, ich bin dann we... oh, Mr. Cullen. Hi“. Ms. Hale begann, leise zu kichern und schüttelte amüsiert den Kopf, weil Isabella und ich geschockt auseinander geschossen waren und in einer Nanosekunde mindestens 3 Meter Abstand zwischen uns gebracht hatten.

„Gott Bella, ich weiß doch Bescheid. Was soll dieser Scheiß?“. Nun lachte sie laut und flackte sich auf die Couch, auf welcher ich Isabella eigentlich vögeln wollte, aber ich durfte ja nicht. Oder doch?
„Und außerdem...“, sie erhob sich wieder und kam auf mich zu, „Ich hasse diese Sie-Sagerei, das macht erstens irgendwie so alt...“, sie kicherte, „...und zweitens weiß ich wohl vermutlich mehr über dich, als du selbst“.

„ROSE!!!“, fuhr Isabella sie an, doch ungerührt streckte mir die hübsche Blondine ihren Arm entgegen und grinste mich an. „Yeah, das ist mein Name“. Nun erwiderte ich ihr Grinsen, schüttelte ihre Hand und stellte mich vor. „Freut mich sehr. Edward“.

„Ich weiß“, kicherte sie wieder und drehte sich zu ihrer Freundin, Kollegin, Partnerin, wie auch immer. „Man, Schatz, zieh doch nicht so ein Gesicht. Tut mir leid, aber früher oder später wäre er ohnehin drauf gekommen, dass du mir alles erzählt hast - bis ins kleinste Detail“

„ROSALIE HALE!! Wenn du nicht sofort deine vorlaute Klappe hältst, wirst du fühlen, wie es ist, im freien Fall zwölf Stockwerke zu überwinden“, fauchte Isabella sie an, was mich wirklich laut zum Lachen brachte.

Rosalie war mir sofort sympathisch, ich mochte sie sehr. Abgesehen davon schien sie Isabella wirklich eine gute und vor allem treue Freundin zu sein, und das machte mich irgendwie froh. Wir hatten beide ziemlich viel Scheiße um die Ohren, und brauchten wohl jemanden, mit dem wir darüber sprechen konnten, wenn es nötig war. Ich hatte Jazz, und sie hatte Rose. Ausgezeichnet.

Keine Minute später lachten wir alle drei. Die eisige Kälte, die dieses Zimmer erfüllte, als ich es betreten hatte und kurz darauf zu diesem unverkennbaren Knistern wurde, war nun endgültig einer fantastischen Fröhlichkeit gewichen, und irgendwie fiel mir etwas auf. Ich konnte nicht sagen, warum das so war, aber Rosalie erinnerte mich plötzlich an Emmett. Sie hatte dieselbe lebensfrohe Art, ein erfrischendes Lachen und erweckte auf mich den Eindruck, als könnte sie nichts und niemand aus der Ruhe bringen, wenn sie es nicht wollte. Sie liebte ihr Leben, war mit sich und der Welt im Einklang. Ja, ich mochte sie, sie war sehr nett.

„Nun“, japste Rose, lächelte zuerst mich und anschließend Isabella an, „ich bin dann mal weg. Schönen Abend noch“. Sie drückte meinem Fickding einen Kuss auf die Wange, zwinkerte mir zu und verließ kichernd den Raum.

„Ebenfalls“, rief ich ihr hinterher, während Isabella grinsend den Kopf schüttelte und zu ihrem Schreibtisch ging. Ich bewegte mich ebenfalls zur Tür, erklärte diesem gottverdammt heißen, brünetten Weib, dass ich sie in etwa zehn Minuten abholen würde und machte mich wieder auf den Weg nach oben, wo ich kurz darauf in das Büro meines Bruders stürmte, welcher gerade angestrengt zu telefonieren schien.

„In Ordnung. Jaaaaa, ich werde pünktlich sein“, murmelte er leicht angepisst in sein Handy, sah mich kurz an und deutete mir, einen Augenblick zu warten. „Bis Donnerstag“, dann legte er auf. „Gott, diese Brandon. Edward, die Frau macht mich krank. Sowas Nerviges aber auch“. Ich musste unweigerlich grinsen, als er plötzlich eine hohe Frauenstimme imitierte und die Augen verdrehte. „Und dieses Mal bitte pünktlich“, spottete er, spitzte die Lippen, fuchtelte mit erhobenem Zeigefinger drohend durch die Luft und brachte mich damit erneut zum Lachen.

„Na, hoffentlich zerfleischt ihr euch nicht, bevor die Scheidung rechtskräftig ist“, gluckste ich, meldete mich aber kurz darauf für heute ab. „Ach, und Jazz -“, ich drehte mich nochmal um, bevor ich endgültig durch die Tür verschwand, „- nicht vergessen, ich hab morgen meinen Gerichtstermin“.

„Du hasts gut. Ich kann es kaum erwarten“, sagte er leicht gestresst, lächelte mich jedoch sofort wieder an, wünschte mir alles Gute und einen schönen Abend, doch dann war ich weg. Ich lief in mein Büro, fuhr meinen PC hinunter, schaltete das Licht aus, versperrte die Tür und eilte in den zwölften Stock.


Es war bereits kurz vor fünf, als ich meinen Aston startete und ihn Richtung Forks lenkte. Die Stimmung im Wagen war so wie die, als ich ihr Büro betreten hatte. Kalt, distanziert, nervtötend, und wir sprachen kein Wort.

„Rosalie ist sehr nett“, begann ich kurz darauf einen nichtssagenden Smalltalk, da mich diese Stille wahnsinnig machte und ich sie nicht länger ertrug.

„Ja, das ist sie. Ich liebe diese Frau“, stimmte mir Isabella zu, ohne jedoch ihren Blick vom Seitenfenster zu nehmen. Vollkommen bewegungslos starrte sie durch das perfekt geputzte Glas und beobachtete scheinbar hochgradig interessiert die Gegend, die an uns vorbei flitzte und zu einem satten Grün verschwamm. Bitte, sprich weiter. Lass mich deine Stimme hören, wenn ich schon nicht deinen Körper berühren darf... „Edward?“ Yeah, Baby, genau SO.

„Hm?“ Mein Name aus ihrem Mund hatte so einen wundervollen Klang, dass ich es für besser hielt, mich starr auf die Straße zu konzentrieren, also tat ich es auch und sah sie nicht an.

„Das, was du vorhin in meinem Büro gesagt hast … von wegen, du würdest mich gerne … du weißt schon...“, stotterte sie, „immer und immer wieder. War das … dein Ernst?“ Fuck, hätte sie nicht ein oberflächlicheres Thema wählen können? Ich zuckte kurz mit den Schultern und entschloss mich ohne zu zögern dafür, die Wahrheit zu sagen. Was hatte ich denn schon großartig zu verlieren?

„Ja, das war es“, beantwortete ich also schlicht ihre Frage und konnte einfach nicht umhin, meinen Blick auf sie zu richten. Fehler.

„Wow...“, hauchte sie und senkte ihre Lider, während ihre Zunge langsam über ihre Lippen streichelte und sie mir feucht glänzend entgegen blitzten. Fuck. Mit einem leichten Kribbeln im Unterleib riss ich den Kopf wieder nach vorne, schüttelte ihn leicht und erschrak, als ich plötzlich ihre Hand an meinem rechten Oberschenkel spürte. Verdammt, wie sollte ich mich da bloß auf das Fahren konzentrieren?

„Hm…“, summte sie, streichelte sich über meine teilweise wirklich ziemlich zerfetzte Jeans und spielte mit ihrem Zeigefinger an dem Riss herum, welcher mein nacktes Knie entblößte. „Erklär mir bitte, warum du als erfolgreicher Geschäftsmann mit solchen Hosen zur Arbeit gehst, obwohl du eigentlich in einem feinen Anzug stecken solltest“. Fuck, also DAS war doch mal ein krasser Themenwechsel.

„Nun, alles Taktik, meine Liebe“, erwiderte ich, grinste kurz nach rechts und kümmerte mich sofort wieder um den Verkehr, „Jazz, Jake und ich sind ein junges, dynamisches Team. Wir sind noch nie die ultimativen Anzug-Typen gewesen und werden es auch niemals sein, daher tragen wir das auf Arbeit, was wir wollen, auch wenn es zerrissene Jeans sein müssen, verstehst du? Unsere Kunden kennen, akzeptieren und lieben uns so, wie wir sind, und genau das macht den kleinen Unterschied aus, Isabella“. Wieder schaute ich sie kurz an und seufzte leise, als sie mit ihrem Zeigefinger in kleinen Kreisen über mein nacktes Knie fummelte und mir kleine Stromstöße durch den Körper jagte.

„Und außerdem – es gibt da noch einen Grund“.

„Ach ja?“ Ihr Kopf schoss hoch, unsere Blicke verschmolzen wieder kurz, und ich nickte.

„Ja. Du weißt – heute, im Fahrstuhl. Genau durch diesen Riss in meiner Jeans konnte ich fühlen, wie nass du warst, als ich dir mein Knie auf die Pussy gedrückt habe…“. Mit einem leisen Stöhnen erstarrte sie neben mir, zog ruckartig ihre Hand wieder weg und legte ihren Kopf zurück. „Fuck“, murmelte sie, während ihre Augen sich schlossen und ein breites Grinsen meine Mundwinkel nach oben zog. Mit Genuss nahm ich zur Kenntnis, dass sich die kleinen Härchen auf ihren Unterarmen aufgestellt hatten und sie ihre Schenkel aneinander rieb. Scheiße, nicht gut. Gar nicht gut.

Meine rechte Hand wanderte wie automatisch auf ihr Bein, streichelte eine Weile hin und her, bis ich für einen kurzen Moment ihr wundervolles Gesicht betrachtete und das Bedürfnis hatte, sie genau dort zu berühren. Leicht zitternd bewegte ich meine Finger über ihre Wange und diese wundervollen, weichen Lippen, streichelte über ihre süße, kleine Nase und erschrak beinahe zu Tode, weil sie abrupt den Kopf in meine Richtung riss.

Sofort schnellte meine Hand wieder zurück und ich widmete mich mit gerunzelter Stirn dem Verkehr. Mein Herz raste vor Schreck in meiner Brust, doch nachdem ich die folgenden Worte vernommen hatte, blieb es einfach stehen.

„Liebst du mich?“. Oh mein Gott, und jetzt?

Ich setzte den Blinker und fuhr rechts ran. Niemals könnte ich in diesem Zustand, in welchem ich mich nun befand, in Ruhe den Wagen weiterlenken, also beschloss ich, anzuhalten und mich irgendwie aus dieser Scheiße rauszureden.

„Was?!“, fragte ich, nachdem ich den Motor abgestellt hatte und hoffte, auf diese Art und Weise die Antwort wenigstens ein paar Sekunden hinauszögern zu können, doch es nutzte nichts.

„Edward, ganz ehrlich – Liebst du mich?“, wiederholte sie ihre Frage, setzte sich aufrecht hin und drehte ihren Oberkörper so, dass sie mir nun gerade in die Augen sehen konnte.

Was für eine Frage … was für eine Scheiße? Ich hatte doch erst heute meinem eigenen Bruder versichert, dass dem nicht so war. Nein, ich liebte sie nicht. Ich begehrte über alle Maßen ihren Körper, liebte diesen fantastischen, harten Sex, aber ich liebte nicht … SIE. Oder doch? Gut, mein Schwanz sah das vermutlich anders, aber verdammt, was waren das bloß für Gefühle, die in mir tobten, wenn ich Isabella sah, berührte, spürte und fühlte? Ich wusste es doch selber nicht, wie sollte ich diese Frage also beantworten?

Würde ich nun ‚Ja‘ sagen, wäre das vermutlich eine einzige Katastrophe, die eine Verkettung von noch mehreren großen oder kleinen Katastrophen mit sich bringen würde. Dad, die Hochzeit, all dies könnte zu einem Desaster werden, und das wollte ich doch unbedingt vermeiden. Abgesehen davon liebte ich sie doch nicht. Oder? Gott, ich war so verwirrt!!

Würde ich ‚Nein‘ sagen, wäre alles gut. Keine Konsequenzen, ein glücklicher Vater, eine glückliche Stiefmutter, ein fucking frustrierter Edward, aber offenbar sollte es so sein. Das Schicksal meinte es wohl nicht gut mit mir. Beschissenes Karma. Wie dem auch sei, die Entscheidung, diese Frage mit einem ‚Nein‘ zu beantworten, erschien mir in diesem Moment, die einzig Richtige zu sein, also tat ich es auch.

„Nein, Isabella, ich liebe dich nicht“, sagte ich gerade heraus, spürte jedoch unmittelbar darauf ein seltsames Stechen in der Brust. Auf eine seltsame Art und Weise fühlte sich diese Antwort nicht ehrlich an, es war einfach falsch.

Isabella senkte leicht den Kopf, atmete schwallartig die Luft aus, die sie offensichtlich angehalten hatte und sah mich wieder an. Das wundervolle Braun in ihren Augen wirkte kalt, ihr Blick … enttäuscht? Gott, was erwartete sie von mir? Was hätte uns ein ‚Ja‘ gebracht? Nichts als Verwirrung, Kummer und Schmerz.

„Warum hast du so lange gebraucht, um mir auf diese Frage zu antworten?“, quälte sie mich weiter. „Du bist dir nicht sicher, oder?“

„Himmel, ich weiß nicht…“, ich lehnte den Kopf zurück, schloss für einen kurzen Moment die Augen, machte sie wieder auf und schaute so kalt wie möglich in Isabellas Gesicht. „Doch, ich bin mir sicher, es tut mir leid. Ich liebe deinen fucking heißen Körper, der Sex mit dir ist atemberaubend, doch ich liebe dich nicht“. Die Kälte in meiner Stimme ließ mich beinahe frösteln, doch ich war mir sicher, das Richtige getan und gesagt zu haben, obwohl es sich so abgrundtief falsch anfühlte und mich innerlich erschauern ließ.

Verdammt, ich musste sofort aufhören, über diesen Scheiß nachzudenken. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr hatte ich den Eindruck, dass da doch … mehr war? Mehr als nur diese unglaubliche körperliche Anziehung? Mehr als nur der harte, leidenschaftliche Sex? Mehr als…

„In Ordnung“, riss sie mich aus meinen wirren Gedanken, „lass uns fahren“. Sie wuselte teilnahmslos in ihrem Sitz herum, straffte den Gurt, schaute seitlich aus dem Fenster und bewegte sich nicht mehr.

„Isabella, ich…“

„Es ist okay, Edward, kein Problem. Vergiss einfach, dass ich dich danach gefragt habe, ja?“

Mit einem tiefen Seufzen startete ich den Wagen und fädelte mich wieder in den dichten Nachmittagsverkehr. Die Stimmung, die hier nun herrschte, war an Grausamkeit kaum zu überbieten. Ich fühlte mich schlecht, so gottverdammt schlecht. Diese bedrückende Stille machte mich wahnsinnig, also versuchte ich, sie aufzulockern, indem ich langsam darauf hinarbeitete, was Jake mir heute unterbreitet hatte.

„Rose und du …“, begann ich also und hoffte zutiefst, dass sie auf mein Ablenkungsmanöver einsteigen würde. Sie riss ihren Kopf zu mir und starrte mich fragend an. „Ihr wollt eure Werbekampagne bei Jazz und mir in Auftrag geben?“. Sie grinste, Gott sei Dank.

„Ja, warum denn nicht? Bleibt doch in der Familie“. Verschmitzt zwinkerte sie mir zu, während sich schlagartig die Kälte zwischen uns auflöste und ich dies mit einem zufriedenen Seufzen zur Kenntnis nahm.

„Stimmt“, erwiderte ich und lächelte sie kurz an. „Aber … nun … ihr sucht doch nach einem Model dafür, oder?“. Woah, jetzt ging es ans Eingemachte, und irgendwie hatte ich Schiss vor ihrer Reaktion.

„Ja, das ist richtig, hast du einen Tipp?“.

„Allerdings, den habe ich“, sagte ich leicht unsicher, während wir zu Hause angekommen waren und ich meinen Vanquish vor unserem Haus zum Stillstand brachte.

„Perfekt. Lass uns reingehen. Ich mach uns etwas zu essen, und dann sprechen wir darüber, ja?“. Vollkommen locker und gelöst schwang sie sich elegant aus dem Wagen und bewegte sich geschmeidig auf die Haustür zu. Meine Augen hefteten sich auf ihren heißen Arsch und glitten diese gottverdammt muskulösen Beine entlang, bis sie sich umdrehte und wissend in meine Richtung grinste. „Kommst du?“

Ja, ich würde gerne kommen. In dir, verflucht.
Kopfschüttelnd stieg ich aus, versperrte auf Knopfdruck mein tiefschwarzes Juwel und ging durch die bereits geöffnete Tür. Ich schmiss gekonnt meine Lederjacke auf den Garderobehaken, entledigte mich meiner Chucks, schlenderte ins Bad, um mir die Hände zu waschen und begab mich sogleich in die Küche, in welcher Isabella sich befand. Leicht nervös nahm ich Platz und spielte verlegen an den Löchern meiner zerrissenen Jeans.

Isabella war gerade dabei, die Lebensmittel zu checken und fuchtelte mit einer Packung Spaghetti vor meiner Nase herum. „Lust auf Pasta Asciutta?“, fragte sie, und mit einem begeisterten Nicken stimmte ich zu.

Sofort taute sie in der Mikrowelle Hackfleisch auf, schnappte sich aus der Gemüselade ein paar Tomaten und legte mit der Zubereitung los.

„Also, dann erzähl mal etwas wegen des Models, ich bin schon gespannt“, forderte sie mich auf, während sie sich eine Schürze um ihre sexy Taille band und sich mit einem angsteinflößenden Messer über eine unschuldige Zwiebel her machte.

Mein Herz trommelte gegen meine Brust, und ganz ehrlich – ich hatte keine Ahnung, wie ich nun beginnen sollte. Mein Hirn setzte vollkommen aus und ließ mich gnadenlos im Stich, als nur ein einziges, verflucht unüberlegtes Wort über meine Lippen kam.

„Jessica“

„Welche Jessica?“ Lächelnd und nichtsahnend schnitt sie mittlerweile die Tomaten in kleine Würfelchen und schob diese vom Schneidebrett in einen Topf.

„Jaspers Jessica“. Oh Man, was sollte ich denn sagen? Die Katze war bereits aus dem Sack, und ich hing viel zu tief drin. Abgesehen davon war es schon zu spät, um noch um den heißen Brei zu reden, also – raus damit.

„WAS?!“. Sofort ließ sie das Messer fallen, ignorierte die Tomaten, wischte ihre bekleckerten Finger an der Schürze ab, drehte sich zu mir und starrte mich an. „Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder?“ Ihre dunklen Augen funkelten mich zornig an, und ich fühlte mich wieder einmal beschissen.

„Doch, Isabella, hör mir bitte zu“.

„Keine Sekunde werde ich dir zuhören, du bist ja völlig durch geknallt. Diese dumme, überschminkte Pute, was soll ich mit der? Meinst du nicht, dass es für unsere Kampagne etwas weit Besseres gibt? Gott, ich glaub das jetzt nicht“, fauchte sie angepisst und widmete sich wieder den Tomaten, auf die sie nun gnadenlos einhämmerte und sie regelrecht lynchte. Sie taten mir direkt leid.

Okay, Plan B.

Ich erhob mich, stellte mich hinter sie und legte meine Hände auf ihre Hüften, welche ich langsam und mit leichtem Druck gegen ihre Mitte lenkte. Kurzfristig stoppte sie ihre Tomaten-Folter, lehnte den Kopf gegen meine Schulter und seufzte leise auf.

„Bitte hör mir zu, Isabella“, hauchte ich gegen ihren Hals, zog mit meiner Zunge eine nasse Spur bis zur Mulde hinter ihrem Ohr und nahm zufrieden zur Kenntnis, dass ein leichter Schauer ihren Körper durchfuhr.

„Okay“, stöhnte sie leise, „du hast fünf Minuten“, und ich grinste.

„Wie du weißt, steht mein Bruder kurz vor der Scheidung“, legte ich also los, um meine begrenzte Zeit zu nutzen. Sie nickte. „Du könntest ihm wirklich helfen, wenn du unserem Plan zustimmen würdest“.

„Wie … warum?“, fragte sie verwirrt und drehte sich so in meinen Armen, dass sie mir in die Augen sah. Sachlich und trocken setzte ich sie von den Vorteilen in Kenntnis, die ich erst kürzlich Jasper unterbreitet hatte. Bis ins kleinste Detail schilderte ich ihr alles, was zu diesem Thema zu sagen war und legte ständig das besondere Augenmerk darauf, meinem Bruder damit einen großen Dienst zu erweisen. Natürlich merkte ich auch an, dass hinter der überschminkten Jessica eine natürliche Schönheit steckte, und ein perfektes Styling mit ‚BellaRose‘-Produkten eine tolle Werbeträgerin aus ihr machen könnte. Nachdem ich den Vortrag beendet hatte, legte ich meine flachen Hände auf ihre Wangen und schaute sie fragend an. „Nun, was meinst du, meine Schöne?“

„Hm … ich muss zugeben, dass sich das tatsächlich gut anhört“, erwiderte sie leise, doch ich bemerkte, dass augenblicklich die Stimmung kippte und sich wieder dieses gefährliche Knistern über uns legte. Ich versank in ihren dunkelbraunen Augen und unsere Blicke verschmolzen, bevor sich die Lider senkten und kurz darauf unsere Lippen aufeinander prallten.

Ein leidenschaftlicher Kuss machte in diesem Moment alle geschäftlichen Gespräche zunichte. Unerbittlich kämpften unsere Zungen und hielten uns vom Sprechen ab.

„Du verwirrst mich“, keuchte sie, als ich mich von ihr löste, um wieder Luft zu holen, und ich grinste sie an. „Tut mir leid“. Sie gab mir einen leichten Klaps auf den Arsch und wandte sich kichernd den Tomaten zu.

„Rose kennt Jessica nicht, das heißt, ich werde sie bitten, die vertraglichen Details mit ihr zu besprechen“, plante sie bereits weiter und machte mich damit unglaublich froh. „Ganz ehrlich – ich bin nicht heiß darauf, das zu tun“.

„Kann ich verstehen“, stimmte ich zu, stellte mich jedoch gleich wieder hinter sie, legte meine Hände erneut an ihre Hüften und mein Kinn auf ihre rechte Schulter. Mit einem gesummten „Mmmhh…“ lehnte sie sich leicht gegen meine Brust, fragte mich jedoch sogleich, wer von uns beiden die Vertragsverhandlungen führen würde – Jazz oder ich.

„Keiner“, gluckste ich. Wieder drehte sie sich in meinen Armen um und sah mich an. Isabella zog eine Augenbraue hoch, legte ihre Hände auf meine Brust und den Kopf etwas schräg. „Wer dann?“

„Jacob. Weißt du, er hat mit uns zusammen studiert, ist ein verdammt guter Freund, ein toller Geschäftsmann und Meister seines Faches. Er ist quasi unsere rechte Hand und nur deshalb nicht dritter Teilhaber der Firma, weil er finanziell nicht die Möglichkeit dazu hatte. Dennoch ist er für uns so etwas wie ein gleichberechtigter Partner, wenn auch nicht auf dem Papier“.

„Oooh, dann ist gut“, lächelte sie, drehte sich wieder um widmete sich zum gefühlten tausendsten Mal den Tomaten. Gott, wenn wir so weitermachten, hätten wir übermorgen noch immer nichts zu essen.

„Ich hab wirklich keinen Bock, mit dieser Frau zu verhandeln, und was Jasper betrifft, muss ich wohl nicht mehr dazu sagen, oder?“

„Nein, das musst du nicht“, kicherte sie, löste sich aus meiner Umarmung  und nahm das aufgetaute Hackfleisch aus der Mikrowelle, welche mit einem lauten ‚Pling‘ ihre Arbeit beendet hatte.


Keine halbe Stunde später saßen wir bei Tisch, verspeisten eine herrliche Pasta und genossen eine Flasche Wein. Die Stimmung war fantastisch, wir vertrugen uns wirklich gut. Die Sache im Auto war vergessen, keiner von uns beiden sprach mehr davon. Gott, war ich froh.

„Warum wolltet ihr eigentlich unbedingt, dass wir eure Werbekampagne übernehmen?“, wollte ich wissen, während wir das schmutzige Geschirr in die Spülmasche gaben und die Küche aufräumten.

„ICH wollte das, Edward, und du fragst ernsthaft, warum?“, gab sie ohne Umschweife zu, und mit weit aufgerissenen Augen fixierte ich ihr schönes Gesicht. „Komm“, hauchte sie, drückte mir mein Glas in die Hand, nahm ihres, schnappte die halbvolle Flasche Wein und verließ den Raum.

Mit gerunzelter Stirn lief ich ihr hinterher. Sie ging ins Wohnzimmer, stellte Glas und Flasche auf den Tisch, plumpste seufzend auf die Couch und klopfte neben sich. „Setz dich zu mir“. Voller Angst vor dem, was nun kommen würde, nahm ich neben ihr Platz und schaute sie an.

Sie nahm meine Hände in ihre, schluckte und senkte ihren Kopf, um jeglichen Augenkontakt zu vermeiden.

„Edward, mir ist klar, dass du dieses Haus verlassen wirst, sobald dein Vater wieder hier ist. Ich verstehe auch, warum du das tust, aber…“, sie hielt kurz inne, und ich spürte eine Träne, die lautlos auf unsere verbundenen Hände fiel. Gott, was sollte ich denn tun?

Mein Herz tat weh, und ich wollte nicht, dass sie meinetwegen weinte, aber Herrgott nochmal, es musste einfach sein. Es führte kein Weg an meiner Entscheidung vorbei, so leid es mir auch tat.

Langsam hob sie den Kopf, und die tiefe Traurigkeit in ihren Augen erschütterte mich so sehr, dass ich schlucken musste. Vorsichtig löste ich unsere Verbindung, legte meine Hände flach auf ihre Wangen und streichelte mit meinen Daumen die Tränen weg. Isabella schluchzte einmal leise auf, atmete tief durch und fuhr fort.

„Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du aus meinem Leben verschwindest, Edward, es ist … verdammt, ich weiß es nicht“. Ein heftiges Weinen ließ ihren Körper erzittern und sie fiel mir um den Hals. Sofort schlang ich meine Arme um sie, drückte sie fest an meine Brust und vergrub mein Gesicht verzweifelt in ihrem Haar.

All der Schmerz, die Unsicherheit und diese seltsamen Gefühle, die mich vorhin im Wagen lahm gelegt hatten, waren wieder da. Der Druck in meinem Brustkorb fühlte sich schrecklich an, doch plötzlich musste ich etwas wissen, es musste einfach raus.

„Isabella, liebst du mich?“ Ich sah sie nicht an, sie sah mich nicht an, wir saßen lediglich eng umschlungen auf der Couch, und nur ihr leises Schluchzen durchbrach die bedrückende Stille, die uns umgab. Minutenlang.

Dann löste sie sich von mir, wischte die Nässe von ihrem Gesicht und bedachte mich mit einem eiskalten Blick, der mir einen gruseligen Schauer über den Rücken jagte.

„Es ist vollkommen egal, was ich für dich empfinde, Edward, denn ich darf es nicht. Vergiss es einfach, ja? Vergiss bitte, was jemals zwischen uns vorgefallen ist, es hat keinen Sinn. Ich werde mein Leben und meine Liebe Carlisle schenken, und auch du wirst deinen Weg gehen, mit wem auch immer. Vergiss MICH“. Sie griff nach ihrem halbvollen Glas, kippte mit einem Schluck den Wein in ihre Kehle und stellte es wieder auf Tisch. Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, stand sie auf, lief die Treppe nach oben und verschwand im ersten Stock. Das Letzte, was ich hörte, war das laute Schlagen einer Tür, dann war ich allein. Gottverdammt allein.

Mit einem frustrierten „Fuck“ sackte ich zusammen und fuhr mir angepisst durchs Haar. Warum war dieser ganze Scheiß so kompliziert? Ich fühlte mich schlecht, ausgepowert, und mir war kalt. Seufzend griff ich nach der dunkelblauen Decke, die sich immer auf der Couch befand, wickelte mich darin ein und legte mich hin. Sämtliche Lebensgeister hatten mich verlassen,  und das machte mich schwach. Eine tiefe Müdigkeit breitete ihren düsteren Mantel über mir aus, und kurz darauf schlief ich ein.




*****


Dienstag, 24.Juli 2009


Nicht wirklich ausgeschlafen, da tausende von quälenden Gedanken die halbe Nacht durch meinen Kopf geisterten, schlich ich demotiviert und müde gegen halb sechs Uhr morgens die Treppe nach unten. Verdammt, wann war ich denn eigentlich nach oben gegangen?? Naja, egal.

Automatisch bewegten sich meine Beine dorthin, wo meine Nase Kaffee-Geruch ortete, und ich landete sogleich in der Küche, in der ich Isabella vermutete, doch hier war sie nicht. Ich rief ihren Namen quer durchs Haus, genoss eine Tasse meines allerliebsten Muntermachers, doch offensichtlich war ich allein.

Nachdem ich mir die Zähne geputzt und mich für den Scheidungstermin in Schale geworfen hatte, schnappte ich die Mappe mit meinen wichtigsten Unterlagen und warf einen Blick in die Garage. Isabellas knallroter Mini war weg. „Gut, dann eben nicht“, nuschelte ich ein wenig enttäuscht in meinen imaginären Bart, schwang mich elegant in meinen Vanquish und fuhr los.


„Morgen, Bruder“, sagte ich zu Jazz, nachdem ich die Tür zu seinem Büro einen Spalt breit geöffnet und meinen Kopf hindurch gesteckt hatte.

„Du bist hier? Ich dachte, du hättest heute deinen Scheidungstermin“. Überrascht schaute er mich an und runzelte die Stirn.

„Yeah, das hab ich auch, aber erst um halb zwölf. Ach, und Jazz?“, nun öffnete ich die Tür ganz, trat ein und schmiss sie hinter mir zu. „Ich konnte Isabella gestern tatsächlich noch knacken und sie von unserem Plan überzeugen. Sie ist einverstanden, was Jessica betrifft“.

„Wirklich??“, erwiderte er, strahlte mich an und griff sofort zum Telefon. „Jake? Kommst du mal in mein Büro? … Ja, gleich … Danke“, dann legte er wieder auf. „Du bist ein Genie, weißt du das?“, lobte er mich, kurz bevor Jacob ins Zimmer kam.

In kurzen Worten erzählte ich den beiden von meinen Überredungskünsten und dem daraus resultierenden Erfolg, und Jake freute sich ungemein darüber,  diesen Auftrag übernehmen und überwachen zu dürfen.

„Ihr könnt euch voll und ganz auf mich verlassen, Jungs“. Mit einem stolzen und überaus zufriedenen Lächeln verließ Jake Jaspers Büro und ließ uns wieder allein.

Obwohl alles bestens verlief, machte ich mir Sorgen um Jazz. Er wirkte blass, vollkommen erledigt, und die dunklen Ringe unter seinen Augen erweckten den Eindruck, als hätte er seit Tagen nicht mehr geschlafen. (Beta-A/N: Naja, er war die Nächte ja auch immer mit mir beschäftigt und ich sehe auch nicht viel besser aus. *seufz --> Kein Kommentar *augenverdreh*)
„Alles okay mit dir?“, fragte ich ihn, doch sofort schüttelte er den Kopf. Mit einem tiefen Seufzen sank er auf seine Couch, legte seinen Kopf zurück und schloss die müden Augen.

„Edward, ich schwöre dir, die Frau treibt mich in den Wahnsinn. Ich halt das einfach nicht mehr aus daheim. Sie ärgert und quält mich, wo sie nur kann, nervt mich von früh bis spät. Jede Sekunde, die wir gemeinsam verbringen, wird nur gestritten und geschrien. Ich kann nicht mehr“.

„Hey“, sagte ich leise, setzte mich neben ihn und boxte ihm leicht gegen den linken Oberarm, „wenn alles nach Plan verläuft, ist Tanja bereits heute Abend weg. Ich geh mal davon aus, dass sie ihre Sachen längst gepackt hat, also solltest du das auch. Hast du denn schon?“. Fragend schaute ich ihn an, doch er schüttelte nur den Kopf.

„Man, Jazz, hör mir mal zu. Ich werde nach der Scheidung wieder hier her kommen. Du wirst dich – sobald ich zurück bin – vom Acker machen, fährst nach Hause und packst deine wichtigsten Sachen, in Ordnung? Wenn Jessica diesen Job – was ich schwer hoffe – annehmen wird, werden wir ihre Shooting-Termine abchecken und deine restlichen Habseligkeiten dann abholen, wenn sie unterwegs ist. Du musst ihr nie wieder begegnen, wenn du das nicht willst, in Ordnung?“. Er nickte, hatte die Augen jedoch nach wie vor geschlossen. Gott, ich hasste es, ihn leiden zu sehen, es kotzte mich einfach an.

„Denk an die Hühner und die geilen Partys, Bro. Wir werden uns in meinem Appartement eine schöne Zeit machen, vögeln wann und wen wir wollen, saufen bis in die frühen Morgenstunden und so laut Musik hören, dass die Scheiben klirren, okay?“. Nun huschte ein leises Lächeln über seine Lippen, und er sah mich endlich an. „Okay“.

„Na also, geht doch“. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht erhob ich mich, verabschiedete mich fürs Erste und ging noch eine Weile in mein Büro. Dort erledigte ich meine Arbeit, beantwortete etliche Mails, führte ein paar wichtige Telefonate und bereitete eine Power-Point-Präsentation vor, die ich in den nächsten Tagen benötigen würde, um einen coolen Auftrag an Land zu ziehen. All dies ging mir Gott sei Dank sehr leicht und schnell von der Hand, und ich wusste auch, warum. Es lenkte mich ab. Von Isabella, von Dad, der morgen wieder nach Hause kommen würde, von der Scheidung, die mich doch ein wenig nervös machte, einfach von all dem Scheiß, der mich momentan umgab.

Kurz nach elf meldete ich mich bei Jasper ab, versperrte mein Büro und ging zum Lift. Schon von Weitem konnte ich sehen, dass das knallrote 'Out of Order'-Lämpchen leuchtete, also lief ich mit einem leisen „Schade“  zur Treppe und rannte grinsend die achtzehn Stockwerke nach unten.

Neugierig, was mit unserem Fahrstuhl los wäre, richtete ich mein Augenmerk auf die zwei Typen, die sich daran im Parterre zu schaffen machten. Ich ging näher ran und registrierte mit einem Schmunzeln, dass es genau dieselben waren, die Isabella und mich aus unserem geliebten  Gefängnis befreit hatten.

„Hi Jungs“, grüßte ich beim Vorbeigehen, und sie rissen die Köpfe zu mir.

„Tag, Sir“, kam es von beiden wie aus der Pistole geschossen, und nach einer Sekunde machte es Klick. „Das ist doch der Typ mit den fünf Kondomen, oder?“, flüsterte der eine. „Ja, letzten Sonntag, ich bin mir ziemlich sicher“, nuschelte der andere.

Ich bleib einen Moment stehen, drehte mich um und zwinkerte ihnen zu. Die Blicke, die sie mir zuwarfen, waren so voller Ehrfurcht und grenzenloser Bewunderung, dass ich den Eindruck hatte, jeden Moment um ein Autogramm gebeten zu werden. Amüsiert vor mich hin lachend klemmte ich meine Dokumentenmappe unter den Arm und verließ das Haus.

Zehn vor halb zwölf ging ich auf den Verhandlungssaal zu, vor welchem ich mich mit Tanja verabredet hatte. Sie war schon da, allerdings nicht allein.

„Hi“, begrüßte mich Tanja leicht verlegen und drehte sich sofort zu ihrem neuen Lover. „Edward, das ist Bob. Bob, das ist Edward, mein … Mann“, stellte sie uns vor, und ganz ehrlich – ich mochte den Typ sofort. Er war etwas kleiner als ich, konnte mir optisch natürlich nicht das Wasser reichen, aber sein Lächeln war aufrichtig und seine Augen funkelten gemütlich und warm.

Selbstverständlich durfte man auch die Tatsache nicht außer Acht lassen, dass er mich von diesem blonden Gift befreien würde, und ich musste mich wirklich beherrschen, um ein leises Kichern zu unterdrücken. Im Geiste wünschte ich ihm viel Spaß…

„Freut mich sehr, Mr. Cullen“, sagte Bob höflich und schüttelte meine Hand.

„Mich auch“, erwiderte ich grinsend, freute mich über seinen kräftigen Händedruck, da ich es immer wieder hasste, mit kaltem Schweiß und wabbeligen Fingern in Berührung zu kommen, und fühlte mich plötzlich fucking gut.

„Dann mal los, meine Herren“, sagte Tanja erleichtert, nachdem unser Scheidungsfall über den Lautsprecher aufgerufen wurde, und zu dritt betraten wir den Saal.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen