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Donnerstag, 26. Januar 2012

(23) Leben und leben lassen...





Samstag, 8.September 2009


EdwardPOV


„Jaaaaa, Baby, hör bloß nicht auf mit diesem Scheiß“, stöhnte ich, während mich eine dieser allzeit bereiten Schlampen heftig mit ihrem Mund bearbeitete. Auf eine nicht unbedingt sanfte Art und Weise hatte ich meine Finger in ihr Haar gekrallt und bewegte heftig ihren Kopf auf und ab – so, wie ich es wollte, verdammt noch mal. ICH war derjenige, der sagte, wie es lief, und ICH war derjenige, der sich nahm, was er brauchte, und aus. Es gab keine beschissene Liebe mehr, keine Gefühle oder sonstigen unnötigen Scheiß. Ich nahm mir, was ich wollte, und wie man sieht, bekam ich es auch. Immer.

Mittlerweile war ich Stammkunde im 'La Cosa Nostra', steigerte mit meinem Whiskey-Konsum den Umsatz enorm und hatte bereits meinen eigenen, reservierten Tisch. Im hintersten Eck des Raucher-Bereiches, dieser Teil des Raumes glich schon beinahe einem Separee. Dort konnte, ja sogar durfte ich alles treiben, was ich wollte, also soff und kiffte ich, wann immer es mir danach war, und auch die Mädels standen Schlange, um mir einen Blowjob zu verpassen. Yeah, das taten sie, denn sie wussten, was sie davon hatten...

„Fuck, yeah, ich komme...“, stöhnte ich auf, nachdem ich einen kräftigen Zug von meinem Joint genommen hatte und gerade eben die angehaltene, giftige Luft aus meinen Lungen stieß. „Und wehe, du vergeudest auch nur einen einzigen Tropfen, ich warne dich“, fauchte ich dieses heftig saugende Dummchen an. Herrgott, ich hasste es einfach, wenn ich mit meinen eigenen Spermaflecken auf den Hosen herum rennen musste, weil diese Tussen es nicht schafften, alles rechtzeitig zu schlucken. Stöhnend drückte ich die Überreste meines Joints in den Aschenbecher und wartete auf meinen Orgasmus, der mich jeden Moment überrollen würde.

Obwohl ich mich jedes Mal bemühte, und obwohl ich wirklich versuchte, vollkommen abzuschalten, hatte ich immer wieder Isabella vor meinen sehnsüchtigen Augen, wenn ich kam. Meine Orgasmen waren fantastisch, befriedigten mich über alle Maßen, doch ich wusste, das war SIE. Nicht diese blöden Schlampen, die wohl alles für mich getan hätten, um in den Genuss meiner talentierten Zunge zu kommen, nein, das war einzig und allein SIE…

„Zur Hölle, Isabella!!“, stöhnte ich so leise wie möglich, um nicht unnötigerweise auf mich aufmerksam zu machen und schoss meine Säfte stoßweise in ihren Mund. Sie saugte und schluckte wie die Irre, solange, bis nichts mehr kam, leckte meinen Schwanz sauber und schaute mich an. Mit gerunzelter Stirn fixierte sie mein entspanntes Gesicht, während ich in die Innentasche meiner Jacke griff. Dort holte ich dieses silbern glänzende Etui heraus, klappte es auf und steckte mir kurz darauf den nächsten Joint in den Mund. Gott ja, ich übertrieb die Kifferei maßlos, doch wen interessierte das? Mich nicht.

„Ich bin nicht Isabella. Mein Name ist Pia“, säuselte sie angepisst, während ich den Freund zwischen meinen Lippen mit dem Feuerzeug beglückte, tief inhalierte und mit hochgezogener Augenbraue wortlos auf meinen schlaffen Schwanz hinunter sah. Pia – yeah, nun wusste ich wenigstens, wie sie hieß – verstand sofort, worum es ging, verpackte ihn fein säuberlich in meiner Jeans, zog den Reißverschluss hoch und funkelte mich zornig an.

Herrgott noch mal, ich hielt in der rechten Hand meinen Joint und mittlerweile in der linken das Glas mit dem Whiskey. Wie sollte ich da noch in der Lage sein, meinen Schwanz zu verpacken? Glucksend stieß ich den Qualm wieder aus und grinste sie an. „Du bist genauso Isabella wie alle anderen, nur weißt du es nicht“. Ihr Gesichtsausdruck nach dieser Meldung war einfach göttlich, und ich lachte mich halb tot.

„Was auch immer du willst, Baby“, schnurrte Pia, zuckte mit den Schultern und setzte sich rittlings auf meinen Schoß. Dabei stieß sie mich an der Hand, und ich verschüttete ein paar Tropfen Whiskey, was für mich einer Todsünde glich.

„Verdammte Scheiße, kannst du nicht aufpassen?“, fuhr ich sie an und schaute sehnsüchtig den Tropfen hinterher, die gerade dabei waren, in meiner hellen Jeans zu versickern. Schnaubend vor Wut legte ich meinen Kopf zurück, zahm einen tiefen Zug und schloss meine Augen. Gott, sie gingen mir alle dermaßen auf den Sack, dass ich kotzen könnte, doch der Oberarsch war ich selbst.

„Gehen wir nach draußen?“, säuselte Pia plötzlich auf meinem Schoß, doch ich rührte mich nicht. An der Nordseite des ‚‘La Cosa Nostra‘ befand sich ein kleiner, verwinkelter Innenhof, wo ich die Schlampen immer leckte, wenn es mir danach war. Zur Hölle, ja – wenn es MIR danach war. Niemand würde es wagen, irgendetwas von mir zu fordern, die konnten mich alle mal.

Meine Lippen zogen sich langsam nach oben, und ich schüttelte den Kopf.

„Aber…“, versuchte Pia, zu ihrem Recht, beziehungsweise zu ihrem Orgasmus zu kommen, doch das war mir scheißegal. Ich wollte noch ein paar Whiskeys in mich schütten und den einen oder anderen Joint rauchen, geleckt wurde heute nicht, denn ich hatte keinen Bock.

„Shit happens, Baby“, sagte ich nun gelangweilt und zuckte mit den Schultern, sah sie jedoch noch immer nicht an. Plötzlich krabbelte sie hektisch von mir runter und war weg. Ich hörte noch ein angepisstes „Ja, Man, kack dir nicht ins Hemd“, dann riss ich die Augen auf und sah mich um. Neben mir stand ein ziemlich wütender Jazz mit vor der Brust verschränkten Armen und funkelte mich böse an.

Oooh, Bruderherz hatte wohl wieder einmal eine meiner Schlampen vertrieben, doch dieses Mal war es mir ganz recht. Ich grinste ihn dankbar an und zwinkerte ihm zu.

„Verdammt Edward, jetzt hör doch endlich auf mit diesem Scheiß und benimm dich wie ein erwachsener Mann, Herrgott noch mal“, fauchte Jasper und schaute mich zornig an. Sein lächerlicher Wutausbruch zauberte mir ein amüsiertes Grinsen aufs Gesicht. Genüsslich schloss ich meine Augen und zog heftig an meinem Joint. Ich behielt den giftigen Rauch so lange wie möglich in meinen Lungen und stieß ihn langsam aus, als alles in mir leicht zu brennen begann.

„Was denn? Ich tu doch nichts“, antwortete ich schulterzuckend und grinste weiterhin blöd vor mich hin.

„Du tust nichts? Ja, genau“, schnaubte mein Bruder weiter und ließ seine Augen angewidert über meinen Körper gleiten. „Sieh dich doch mal an. Du säufst, kiffst und vögelst alles, was auch nur annähernd ausschaut wie eine Frau. Findest du das etwa gut?“

„Moment“, widersprach ich ihm, zog wieder an meinem Joint, wiederholte die Prozedur von vorhin und zog eine Augenbraue hoch. „Du weißt, dass ich diese beschissenen Schlampen nicht ficke, Jazz. Es reicht mir schon, wenn sie meinen Schwanz in den Mund nehmen und wie die Irren daran saugen“, sagte ich grinsend und ließ meine Augen interessiert durch das 'La Cosa Nostra' gleiten.

Yeah, ich war nach dieser abgefuckten Hochzeit von Isabella und meinem Dad wieder zum Player geworden, warum denn auch nicht? Ich musste mich vor niemandem rechtfertigen, denn das war MEIN Leben, und das ging keinen was an. Jeden Tag verbrachte ich mindestens zehn Stunden im Büro, doch in meiner Freizeit ließ ich es krachen, Ende der Debatte.

Immerhin war ich auch nur ein Mann und brauchte meine Befriedigung, auch wenn sie nur aus Oralverkehr bestand. Weiter ging ich nicht, weil ich nicht … konnte. Nein, ich WOLLTE nicht.

Ich hatte Isabella schon ewig nicht mehr gesehen, ging ihr erfolgreich aus dem Weg. Dad hatte mich bereits mehrmals zum Essen eingeladen, wollte mir so gerne die Flitterwochen-Fotos von den Malediven zeigen, doch dieser Scheiß interessierte mich nicht. Nicht einmal DEN Fahrstuhl hatte ich jemals wieder benutzt, denn entweder ich nahm die Treppen, oder eben den anderen Lift. Den zwölften Stock mied ich, als würde ich mir dort eine todbringende Seuche holen, und Forks hatte mich auch nicht wieder gesehen. Ich hatte immer eine perfekte Ausrede zur Hand, und Dad schöpfte keinen Verdacht.

Isabella meldete sich nicht bei mir, und ich mich nicht bei ihr. Hier gab es nichts mehr zu diskutieren, und ich musste einfach darüber hinweg kommen, ob ich wollte, oder nicht.

„Na? Schon ein neues Opfer gefunden?“, riss mich Jazz mit einer vor Sarkasmus triefenden Stimme aus meinen Gedanken, und erst dann fiel mir auf, dass ich mich im Lokal umgesehen hatte, ohne überhaupt irgendwas zu sehen. Ich starrte ins Leere, doch suchen musste ich ohnehin nicht, denn ich kriegte sie alle. Meine Player-Qualitäten waren präsenter als je zuvor, die Ladies fuhren auf mich ab, und auch, wenn ich sie nicht fickte, so versetzte ich sie mit meiner Zunge so in Ekstase, dass sie meinen Namen schrien, wenn sie kamen. Yeah, ich leckte sie vom Himmel in die Hölle und wieder zurück.

Genüsslich zog ich wieder an meinem Joint. „Ich muss sie nicht finden, Bruder, denn SIE suchen nach MIR. Du kennst meinen Spitznamen – Edward 'Die Zunge' Cullen“, erklärte ich amüsiert und begann, leise zu lachen.

„Gottverdammtes Arschloch“, keifte Jasper in meine Richtung, doch mich interessierte das nicht. Nichts interessierte mich. „Trink deinen scheiß Whiskey aus und komm mit“, fauchte er mich an und packte mich abrupt am Arm. Durch diese ruckartige Bewegung glitt mir mein Joint aus den Fingern und landete lustlos am Boden. Verflucht, das pisste mich an.

„Pass doch auf“, zischte ich und funkelte verdammt wütend in seine Richtung, während ich meinen Arm aus seiner Umklammerung riss, mich nach unten beugte, meinen qualmenden, süßlich riechenden Freund zwischen meine Finger nahm und ein weiteres Mal zufrieden daran zog.

„Was ist denn hier los?“ hörte ich plötzlich Alice, die – soweit ich mich erinnern konnte – auf die Toilette verschwunden und wohl soeben wieder zurückgekommen war. Nervös schossen ihre Augen zwischen mir und ihrem Lover hin und her, und dann schüttelte sie den Kopf. (Beta-A/N: Bis eben fand ich das Kapitel gut, aber nein, die liebe Elke musste es ja wieder versauen, indem sie Alice eingebaut hat. *bösguck* -->  Tschuldigung *augenverdreh*)

„Ist es mal wieder soweit?“. Jasper nickte, beide seufzten, und sie setzte sich zu mir.

„Edward..“, sagte sie gerade so laut, dass ich sie trotz der Musik hören konnte, „...du kannst so nicht weitermachen. Bitte hör auf damit, dich selbst in den Abgrund zu treiben. Du bist schon so nahe dran. Ein, zwei Schritte noch und du fällst“. Sie streichelte mir sanft über den Arm, während ich einen letzten Zug nahm und wehmütig meinen Freund im Aschenbecher zerdrückte. Jazz saß uns gegenüber und schaute uns traurig an. „Wir sind für dich da, das weißt du, oder?“. Ich nickte. „Du musst dein Leben wieder in den Griff kriegen, Edward, bitte. Du bist so ein wertvoller Mensch und hast etwas Besseres verdient als diese verfluchten Schlampen, bitte hör damit auf“.

Himmel, ich wusste doch, dass sie recht hatte, aber dieses Leben war nun mal das einzige, welches mich noch über Wasser hielt. Sollte ich denn nur noch im Büro oder in unserem Appartement hocken, um im Selbstmitleid zu ertrinken? Natürlich war ich noch lange nicht über Isabella hinweg, und außerdem fürchtete ich mich vor dem 13. September … ihrem Geburtstag. Dad tauchte vor ein paar Tagen in meinem Büro auf, weil er gerade zufällig in der Nähe war und meinte mit einem amüsierten Grinsen im Gesicht, dass er mich eiskalt killen müsste, wenn ich nicht zu dieser Feier erscheinen würde.

Vielleicht wäre es ohnehin das Beste, wenn mich jemand killen würde. Ich hätte endgültig meine Ruhe und würde weder Dad noch Isabella jemals wieder in die Quere kommen. Kichernd griff ich nach meinem tausendsten Whiskey, kippte mir das hochprozentige Zeug in die Kehle und überlegte, ob ich nicht vielleicht doch die Kifferei einstellen sollte.

„Was genau findest du jetzt so lustig?“, wollte Alice wissen, zog eine Augenbraue hoch und musterte mich mit einem angepissten Gesicht.

„Keine Ahnung“, antwortete ich gelangweilt. „Vergiss es einfach. Ich bin ein Arsch und werde auch immer ein Arsch bleiben“. So. Eiskalt die Tatsachen auf den Tisch geknallt.

„Edward...“, murmelte Alice, begleitet von einem tiefen Seufzen, „...du bist kein Arsch. Du solltest nur endlich wieder dein Leben in den Griff bekommen, bevor es zu spät ist. Entweder du versinkst im Drogensumpf, landest bei den Anonymen Alkoholikern und lernst, mit verschiedenen Geschlechtskrankheiten umzugehen, oder du wirst wieder der Edward, den wir alle lieben und hörst auf mit dem Scheiß.  Such es dir aus“.

„Verdammt, ich ficke diese Schlampen nicht“, erwiderte ich wütend und zündete mir eine Zigarette an, an welcher ich hektisch zog und den Rauch zitternd in die Luft stieß. Angepisst folgten meine Augen der grau-blauen Wolke, nur um Alice nicht ansehen zu müssen, und ich  inhalierte gleich noch mal.

„Schon mal was von Herpes gehört?“, erwiderte die kleine Hexe neben mir und verdrehte die Augen genau in dem Moment, ich welchem ich meinen Blick auf sie richtete. Irgendwie sah sie so gottverdammt lustig aus mit ihren zu Stacheln geformten Haaren, dass ich nicht anders konnte, als schon wieder zu lachen.

„Weißt du was?“, zischte sie leise, „Du bist ein blöder Arsch“.

„Sag ich doch“, stimmte ich ihr glucksend zu, zuckte gleichgültig mit den Schultern, lehnte mich zurück und grinste vor mich hin.

„Komm jetzt, lass uns gehen“, wurde Alice nun von Jazz abgelöst, welcher plötzlich ebenso neben mir saß, mich einmal mehr an diesem Abend am Arm packte und versuchte, mich hochzuziehen, doch ich wollte nicht.

„Mmmmh ... ich mag noch nicht nach Hause, du Spaßbremse“, murrte ich angepisst und begann wieder zu kichern. Gott, dieses Gras...

„Halt die Klappe und steh endlich auf“, sagte Jazz mit einem Tonfall in der Stimme, als wäre ich ein trotziges Kind, welches auf ein Spielzeug verzichten sollte, das es nicht wirklich brauchte. Naja gut, er hatte wohl recht, und außerdem war er – wie schon so oft – mein Taxi, also erhob ich mich träge, plumpste jedoch sofort wieder in die weiche Couch zurück.

„Scheiße, Man. Musst du immer so viel saufen und dich dermaßen zudröhnen, dass du kaum noch laufen kannst?“. Mein liebreizendes Brüderchen packte mich – schon wieder! - grob am Arm und zog mich ruckartig hoch. „Liebes, hilfst du mir mal?“ Alice umarmte mich von der anderen Seite, und nun hing ich kichernd zwischen den beiden und amüsierte mich wieder einmal prächtigst über ihr stacheliges Haupt. Wow, sie roch wirklich gut. Mit einem geschnurrten „Mmmmhhh...“ senkte ich meinen Kopf und vergrub mein Gesicht in ihrem duftenden, aber pieksenden Haar.

„Hör gefälligst auf, an meiner Süßen zu schnüffeln, du Arsch“, knurrte Jazz und lachte. Natürlich war ihm klar, dass er diesbezüglich nichts von mir  zu befürchten hatte. Nichts lag mir ferner, als Alice anzubaggern, denn erstens war sie nicht mein Typ, und zweitens die Freundin von Jazz.

'Mach hier nicht einen auf heilig, du miese Ratte. Du hast die Verlobte deines Vaters gefickt‘, wies mich die böse Stimme in meinem Kopf zurecht, aber ich war so besoffen und stoned, dass ich nur darüber lachte.

Jazz murmelte plötzlich „Scheiße, ich muss noch bezahlen“,  lehnte mich gegen die Tür, zog mein Portemonnaie aus meiner Jeans und ging zur Bar, um rasch meine Rechnung zu begleichen, während sich Alice schnell noch auf die Toilette verzog. Salutierend bestätigte ich Jasper das Versprechen, mich nicht zu bewegen und auf ihn zu warten, also verschränkte ich die Arme vor der Brust und scannte lässig den Raum.

„Hi Edward“, schnurrte plötzlich etwas Weibliches neben mir und ich schaute auf sie herab.

„Hi“, erwiderte ich kurz angebunden und schaute in die hellblauen Augen einer heißen Blondine. Wie hieß die noch mal? (Beta-A/N: Elke, Darling, ELKE!!)

„Naaaa?“, hauchte sie und fummelte mit ihrem Zeigefinger über meine Brust, meinen Bauch und kratzte mit leichtem Druck über meinen Schritt. „Kommst du oder gehst du?“

„Ich komme“, sagte ich grinsend, obwohl es natürlich nicht stimmte, denn ich war ja am Gehen. Dennoch gefiel mir die Zweideutigkeit, und ich konnte mir diesen kindischen Scheiß wieder einmal nicht verkneifen.

„Ich würde auch gerne kommen“, sagte …  egal, wie sie hieß, und leckte sich lüstern über die vollen Lippen, die nun feucht schimmerten und leicht geöffnet waren. Mmmmh...

Ich stieß mich leicht taumelnd ab, drehte Blondie ruckartig um, drückte sie gegen die Wand und presste meinen Mund grob auf ihren. Mir war es einfach danach. Ohne Umschweife drängte sich meine Zunge zwischen ihre Lippen, und sofort ließ sie mich ein. Die unbekannte Blonde packte mich fest am Arsch, und kurz darauf packte mich jemand noch fester an meinen Schultern.

„Hör jetzt auf mit diesem Scheiß und komm mit“, knurrte mein Bruder und zog mich mit Schwung von Blondie weg. Diese bedachte ihn mit einem wütenden Blick und ich – lachte. Was denn sonst?

„Tut mir leid, Baby. Wir sehen uns“, gluckste ich und stolperte durch die Tür. Woah, die kühle, frische Luft versetzte mir förmlich einen Schlag. Gott, war ich besoffen.

„Dich kann man keine einzige Sekunde allein lassen, Herrgott noch mal“, fluchte Jazz und zog mich weiter zu seinem Wagen, der Gott sei Dank gleich gegenüber stand. Ich taumelte nach wie vor lachend über die Straße, Jasper rechts, Alice links, und ließ mich so richtig bemuttern.

Apropos Mutter - „Hi Mom“, grüßte ich und blieb schlagartig stehen. Moment mal … „Mom??“

Ich starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an und sie senkte verlegen den Blick. „Hallo, Jungs“, sagte sie leise und beinahe schüchtern zu uns, bevor sie sich an Alice wandte und ein „Guten Abend“ an sie richtete.

„Woah, was machst du hier in Port Angeles? Solltest du nicht in Seattle sein? Bei deinem italienischen Hengst?“ In meiner gnadenlosen Bedröhnung fiel mir Rocky Balboa ein, und ich begann wieder, zu lachen.

„Halt die Klappe, Man. Sag jetzt bloß nichts Falsches. Lass mich reden“, zischte mir Jasper ins Ohr, während sich Mom mit unserer kleinen Hexe beschäftigte und diese gerade in einen seichten Smalltalk verwickelte.

„Guten Abend, Mrs. Cullen, was für ein Zufall“, säuselte Alice und streckte Mom ihr kleines Händchen hin.

„Freut mich sehr, Sie wieder zu sehen, Alice“, erwiderte unsere Mutter mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht. Die beiden schüttelten sich die Hände und machten einen auf dicke Freunde, aber ich wollte dennoch wissen, warum sie in Port Angeles war.

„Also, Mom, was machst du hier?“. Jazz bedachte mich mit einem Halt-dein-vorlautes-Maul-sonst-hau-ich-dir-eine-rein-Blick, doch das war mir scheißegal. Ich musste einfach wissen, was sie hier tat. Vielleicht war dieser Paolo ja schon längst Vergangenheit, und alle Probleme wären  gelöst, ohne, dass wir etwas davon mitgekriegt hätten. Nein, oder? Wenn dem so wäre, hätte sie es uns doch gesagt.

„Hast du getrunken?“. Gott, jetzt ging DAS wieder los. Ich hasste es, wenn sie eine Frage mit einer Gegenfrage überspielte, aber nicht mit mir, verdammt noch mal.

„Ja, hab ich. Also – zum tausendsten Mal: Warum bist du in Port Angeles und nicht in Seattle?“ Langsam aber sicher wurde ich wütend. Auch Jaspers Zischen konnte mich nicht davon abbringen, eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, zur Hölle. Ich wollte den Scheiß wissen. Jetzt!

Mom musterte mich mit einem seltsamen Blick. In ihren Augen konnte ich Sorge und Mitleid sehen, doch das wollte ich jetzt nicht. Und überhaupt – warum sorgte sie sich und aus welchem Grund bemitleidete sie mich?

„Es geht dir nicht gut, oder?“. Fuck, jaaaa, natürlich, sie kannte mich. Ich war ihr Sohn und Mütter haben eben ein Gespür für sowas, aber DAS.INTERESSIERTE.MICH.NICHT.

„Das tut jetzt nichts zur Sache. Ich will verflucht noch mal wissen, was du hier tust und wie es dir geht“. Alice streichelte mir sanft über den Rücken, und es half. Ich beruhigte mich ein wenig, nuschelte ein leises „Sorry“ zu meiner Mom, und seufzend legte sie los.

„Es gibt heute ein wundervolles Klavierkonzert in Port Angeles. Ich vergöttere den Pianisten, er ist ein absoluter Meister seines Faches“, begann sie und schickte einen verträumten Blick in den Himmel. „Ich bin mit meiner Studienkollegin verabredet, du weißt schon, die, mit der mich Emmett gesehen hat“. Sie kicherte wie ein kleines Mädchen. Scheinbar war ihr gerade eingefallen, dass ich damals erzählt hatte, Em hätte sie gesehen und gemeint, sie sähe gut aus. „Also, das ist alles. Ich treffe mich mit einer guten, alten Freundin, lasse mich von traumhaft schöner Musik berieseln, werde hinterher noch etwas mit ihr trinken gehen, und dann fahre ich wieder heim. Zufrieden, Sohn?“. Sie lächelte mich an und legte den Kopf leicht schräg.

Etwas verwundert über die Tatsache, dass wir überhaupt so normal mit einander umgingen, nach all dem, was vorgefallen war, setzte ich meine Fragestunde fort. „Und wo ist Paolo?“

'Bitte, bitte sag, dass du dich von ihm getrennt und ihn in die Wüste geschickt hast. BITTE', hoffte ich inständig, doch wie eine Seifenblase zerplatzte dieser Wunsch.

„Er musste dringend dienstlich nach Washington. Als kleine Entschuldigung hat er mir diese Konzertkarten geschenkt“. Während sich meine Hände zu Fäusten ballten, lächelte sie glücklich vor sich hin. Dieses gottverdammte Arschloch hatte sie also mit diesen Karten bezirzt, um wieder einmal Mrs. Washington zu ficken. Gott, ich könnte...

„Edward, bitte reiß dich zusammen. Wir dürfen jetzt nichts übereilen“, flüsterte Jazz. Alice hatte Mom in ein Gespräch über den Pianisten verwickelt, scheinbar kannte sie ihn auch. Begeistert unterhielten sich die beiden, während Jasper ruhig auf mich einredete und es tatsächlich schaffte, dass ich wieder runter kam.

Als ich allerdings das Wort 'Verlobter' aus dem Mund meiner schwärmenden Mutter vernahm, flippte ich fast aus. Ich riss meinen Kopf in ihre Richtung, hatte große Mühe, meinen Zorn im Zaum zu halten und starrte sie an.

„Du bist … was hast du eben gesagt?“

„Was meinst du, Schatz?“. Woah, nun war ich wieder ihr Schatz? Naja, vermutlich nicht mehr lange.

„Ich hab da gerade was gehört. Nämlich das Wort 'Verlobter'. Hat er denn...“

„Ja, Edward. Paolo hat mich am 18. August gebeten, seine Frau zu werden. Naja, weißt du … ich wusste ja, dass Carlisle an diesem Tag heiratet, und … es ging mir nicht so gut. Tut mir leid“. Sie senkte den Blick, zuckte mit den Schultern und atmete einmal tief durch. Dann schaute sie mir wieder in die Augen, und ihre strahlten und funkelten vor Glück. „Erst hat er mich liebevoll getröstet, war sehr zärtlich und verständnisvoll und fragte mich scherzhaft, ob ich denn nicht auch wieder heiraten wollte. Rein aus Spaß meinte ich 'Ja, warum denn nicht?' Dann hat ein Wort das andere ergeben, und plötzlich kniete er vor mir und bat mich, seine Frau zu werden. Ist das nicht süß?“. Nun kullerten Tränen der Rührung und des Glücks über ihre Wangen, und ich hatte das Gefühl, als müsste ich meiner neuesten Lieblingsbeschäftigung nachgehen – kotzen.

„Oh, verdammt, zehn vor neun, ich muss los. Bin spät dran“, sagte sie plötzlich hektisch, nachdem sie einen Blick auf ihre Uhr geworfen hatte. „Kommt mich doch mal wieder besuchen, ja? Wir müssen doch über die Hochzeit sprechen“, nuschelte sie noch gestresst, während sie bereits rückwärts lief. Sie warf noch ein paar fliegende Küsschen in die Luft, drehte sich mit einem lauten „Hat mich gefreut, Alice“ um und verschwand.

Mit weit aufgerissenen Augen und offenen Mündern starrten wir ihr hinterher, bis Jazz die bedrückende Stille mit einem leisen „Fuck“ zerriss.

Mein Kopf schwirrte, und plötzlich drehte sich alles um mich herum. Oder war ich derjenige, der sich drehte? Naja, egal. „Scheiße, Bro, und jetzt?“. Fassungslos hielt ich mich an Jaspers Volvo fest und suchte seinen Blick.

„Oh Man...“, seufzte er, begann wie aufgezogen hin und her zu laufen und fuhr sich durchs Haar. An seinem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass er angestrengt nach einer Lösung suchte, also hielt ich einfach die Klappe und wartete ab. Ich war längst nicht mehr in der Lage, klar zu denken, und Alices Kopf schoss zwischen uns beiden hin und her. Gerade, als sie den Mund öffnen wollte, um etwas zu sagen, drückte ich den gestreckten Zeigefinger auf meine Lippen und teilte ihr so mit, dass sie ebenfalls ruhig sein sollte. Mein schlaues  Brüderchen würde eine Lösung finden, davon war ich überzeugt.

Nach gefühlten drei Wochen blieb er plötzlich stehen, und ich konnte die symbolische Glühbirne förmlich sehen, die soeben über seinem klugen Köpfchen blinkte und verflucht, ich musste schon wieder lachen. Also nein, dieses Gras … ich sollte wirklich aufhören mit diesem Scheiß.

„Wir dürfen diese Hochzeit auf keinen Fall zulassen“, begann er nun leise und kickte kleine Steinchen von A nach B. „Es gibt leider keinen anderen Weg, als Paolos Frau zu kontaktieren“. Alice und ich keuchten auf. „Fuck, wir müssen diese Mrs. Elena Rizzante ausfindig machen, koste es, was es wolle. Edward …“, nun drehte er sich zu mir und schaute mir dermaßen streng in die Augen, dass ich direkt Angst vor ihm bekam, „... du hörst ab sofort auf mit dieser beschissenen Sauferei und Kifferei. Es gilt jetzt, unsere Mom vor dem größten Fehler ihres Lebens zu bewahren, und das werden wir auch tun. Internet-Recherche, Edward. DAS ist das, was dich während der nächsten Tage in deiner Freizeit beschäftigen wird, und sonst nichts. Ist das klar?“. Boah, er wurde richtig laut.

„Jawohl, Chef“, antwortete ich und hatte große Mühe, nicht schon wieder zu lachen. Gott, ich liebte meinen Bruder, wenn er einen auf Vier-Sterne-General machte. Ich biss mir also auf die Zunge, um ernst zu bleiben, während Jazz leicht misstrauisch in meine Richtung nickte und sich dann zu seiner Liebsten drehte. „Hilfst du mir, Süße?“

„Aber natürlich, Schatz“, quietschte Alice begeistert, und dieses Geräusch ging mir durch Mark und Bein. In meiner bekifften Ruhe gestört verzog ich das Gesicht und stöhnte ein „Gehts noch ein bisschen lauter?“, in die Richtung meiner Schwägerin in spe, die mich nun mit einem tödlichen Blick zu ermorden schien.

„Halt die Klappe. Niemand zwingt dich dazu, dir ständig die Birne zuzudröhnen, oder?“, fuhr sie mich an, während Jazz leise lachte.

„Gott, ihr zwei...“, gluckste er, verdrehte die Augen und deutete mit dem Kopf zu seinem Volvo. „Los jetzt. Wir wollen doch hier keine Wurzeln schlagen, oder? Und außerdem haben wir Besseres zu tun“. Er zog eine Augenbraue hoch und machte einen auf Sherlock Holmes. Kurz darauf saßen wir in seinem Wagen und fuhren nach Hause.

„Wisst ihr eigentlich, was verdammt schade ist?“, fragte ich die beiden, die vor mir saßen und gerade ihre Finger mit einander verschlangen. „Was?“, fragten beide wie aus der Pistole geschossen. Jazz konzentrierte sich weiterhin auf den Verkehr, Alice drehte ihren Kopf zu mir zurück und schaute mich abwartend an.

„Dass ich heute nur einen Blowjob hatte“.

„Gott, Edward, halt doch einfach mal deine versaute Klappe“, knurrte die untergroße Rechtsanwältin, drehte sich wieder nach vorn und schlug sich fest auf die Stirn.

„Was?!?“, fuhr ich fort, „Ich hab mein Tagespensum heute nicht erreicht, und ihr seid schuld. Wenn ich die Schlampen schon nicht ficke, dann darf ich doch wenigstens meinen Schwanz in ihren Mu...“

„JAJA, es reicht“, stoppte Jazz meinen sexuellen Ausbruch und lachte sich schlapp. „Man, du bist wirklich ein Schwein. Behalte deine Gelüste für dich, bitte. Ich glaube nicht, dass meine Süße daran interessiert ist, und glaub mir – ich bin es gleich noch weniger. Also bitte, ja? Halt den Mund“.

„Jawohl, Sir“, sagte ich kichernd, legte den Kopf zurück und schloss meine Augen. Der viele Alkohol und das Gras vernebelte nach wie vor mein Gehirn, doch im Großen und Ganzen ging es mir gut. Dies gab mir allerdings zu denken, da sich mein Körper offensichtlich schon an diesen Scheiß zu gewöhnen schien. Wenn ich genauer darüber nachdachte, fiel mir tatsächlich auf, dass ich seit der Hochzeit jeden Tag besoffen war. Nun ja – zumindest nicht ganz nüchtern. Auch Joints waren mittlerweile an der Tagesordnung, seit mich dieser seltsame Kauz im  'La Cosa Nostra'  in ein Gespräch verwickelt hatte und ich nun einer seiner Stammkunden war.

Fuck, was war bloß aus mir geworden? Alice und Jazz hatten recht – ich durfte unmöglich so weitermachen. Gott sei Dank war es nur bei der einen Line geblieben, die ich letztes Wochenende aufgezogen hatte. Hinterher dachte ich, meine Nase würde mir aus dem Gesicht faulen, also ließ ich das lieber sein. Das Feeling war zwar hammergeil, aber nein, das war nichts für mich. Finger weg von harten Drogen!

Einige Minuten grübelte ich vor mich hin und packte mich am Ende mental an der Nase. Nun war Schluss mit diesem ausschweifenden Lebensstil. Ich musste aufhören zu saufen und endlich die Finger von den Drogen lassen. Es machte mich nur kaputt. Immerhin hatte ich eine tolle Familie, einen fantastischen Job, und auch sonst war alles perfekt. Ich würde ab sofort alles daran setzen, mein Leben wirklich wieder in den Griff zu kriegen, und vor allem müsste ich mich um eines kümmern – über Isabella hinwegzukommen...

„Auuuufwachen“, brüllte mich Alice plötzlich an und ich erschrak so heftig, dass ich förmlich zusammen zuckte und mir den Ellenbogen stieß. „Ich schlaf doch gar nicht, Herrgott noch mal“, fauchte ich sie an und hätte sie am liebsten ohne Rückflugticket zum Mond geschossen. Blöde Kuh!

Angepisst vor mich hin murmelnd kletterte ich mehr schlecht als recht aus Jaspers Volvo und schmiss mich wenige Minuten später grunzend in mein Bett. Ich schlang meine Arme um das Kissen, auf welchem Isabella nach unserer Party lag und inhalierte ihren Duft. Gott, natürlich roch der Scheiß schon lang nicht mehr nach ihr, aber Einbildung ist doch auch eine Bildung, oder?

'Ja, genau, Cullen. Soviel zum Thema über Isabella hinwegkommen', schnurrte dieser kleine, beschissene Teufel in meinem Kopf und grinste mich diabolisch an.

„Klappe, du Arsch“, knurrte ich, denn yeah, ich war allein und konnte reden, mit wem ich wollte.

„Aber ich hab doch gar nichts gesagt“, kam es überrascht von Jazz, und ich schoss hoch. Scheiße, doch nicht allein...

„Hab auch nicht dich gemeint“, murrte ich und fuhr mir durchs Haar.

„Wen dann?“

„Vergiss es, Bro“

„Okay“. Er zuckte mit den Schultern und setzte sich auf mein Bett. „Hör zu, Edward. Du schläfst jetzt mal ordentlich deinen Rausch aus, und wir werden sofort das Internet nach dieser Elena Rizzante checken, in Ordnung?“

„Danke, Man. Du bist der beste Bruder, den es gibt“, schleimte ich und fiel ihm um den Hals.

„Boah, du stinkst. Schau, dass du unter die Dusche kommst“, gluckste Jazz und schob mich von sich weg. Erschöpft und gottverdammt müde sank ich nach hinten, fiel in die weichen Kissen und meine Lider klappten zu.

„Keinen Bock“, murmelte ich und fiel unmittelbar darauf in einen tiefen und erholsamen Schlaf.



*****



Sonntag, 9.September 2009


„Heilige Scheiße“, murmelte ich mit geschlossenen Augen, obwohl ich noch gar nicht wirklich munter war. Ich hatte lediglich die Decke ein wenig bewegt, um mich anständig reinzukuscheln, doch das, was ich da roch, gefiel mir nicht. Pfui Teufel. Jaaa, meine Güte, ich hatte gestern keine Kraft mehr zum Duschen, also musste ich schleunigst darauf achten, munter zu werden, doch das war nicht leicht.

Ich hatte einen pelzigen Geschmack im Mund und im Magen ein flaues Gefühl. Hatte wohl ordentlich Gas gegeben gestern, aber warum zur Hölle bekam ich meine beschissenen Augen nicht auf?

Plötzlich flog meine Tür auf, knallte lautstark gegen die Wand und yeah – sie waren offen.

„Wir haben sie, steh auf“, schrie Jazz aufgekratzt in mein Zimmer, eilte auf mich zu, schmiss sich ohne Rücksicht auf Verluste in mein Bett und wachelte mit einem Blatt Papier vor meiner Nase rum. Wie jetzt? Wen?

„Wen habt ihr? Fuck, Alter, ich bin noch immer mit einem Fuß im Land der Träume, was willst du denn von mir? Normale Menschen schlafen um diese Zeit, Herrgott noch mal“. Und meine Äuglein fielen wieder zu.

„Man Edward, es ist erstens viertel nach elf und zweitens meine ich damit Mrs. Elena Rizzante. Verdammt, Bro, wir haben sie, beziehungsweise ihre Mail-Adresse. Sie engagiert sich stark in einer Foundation für krebskranke Kinder, dürfte eine tolle Frau sein. Naja, wie dem auch sei, es war ein Leichtes, diese Adresse zu finden, also wirf deinen Kadaver aus dem Bett und komm ins Wohnzimmer. SOFORT!“. Boah, hier war er wieder, der Vier-Sterne-General.

Diese Nachricht faszinierte mich dann aber doch, und ich setzte mich auf. „Wow, fucking gute Neuigkeiten, Brüderchen. Das hast du wirklich gut gemacht“, säuselte ich und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. „Aber bitte - darf ich noch unter die Dusche?“, flehte ich und bedödelte ihn mit meinem besten Dackelblick.

Er rümpfte seine Nase und grinste mich an. „Ich denke, das wäre im Interesse von uns allen, also hau dich in die Fluten und beeile dich“. Dankbar nickte ich ihm zu, war keine zehn Sekunden später im Bad und zehn Minuten danach klitschnass im Wohnzimmer. Nun – natürlich hatte ich etwas angezogen und steckte in meinem kuscheligen Bademantel, aber meine Haare tropften unaufhörlich auf das dunkelblaue Frottee. Nachdem ich allerdings keine Zeit hatte, das Naturchaos auf meinem Kopf zu trocknen, lief ich einfach zu Alice und Jazz und setzte mich auf die Couch.

„Kaffee?“, fragte mich die kleine Hexe, und ich grinste. Gott, war die Frau gut zu mir.

„Gern. Danke“.

Sie drückte meinem Bruder einen schnellen Kuss auf die Lippen und verschwand Richtung Küche, während Jazz seine Finger bereits über die Tastatur eilen ließ.
„Jetzt wird es ernst“, murmelte er vor sich hin, beendete in dem Moment seine Tipperei und drehte erwartungsvoll seinen Laptop zu mir. „Schreib du“.

„Wieso ich?“

„Ich hab eh schon  die Mail-Adresse gefunden“, zickte Jasper herum.

„Einen Scheiß hast du …“, fiel ihm Alice ins Wort und drückte mir eine Tasse mit duftendem Kaffee in die Hand, „…das war nämlich ich“. Sie grinste ihm breit ins Gesicht und widmete sich mir. „Soll ich tippen?“ Genervt, als würde sie einen Streit zwischen zwei Kleinkindern schlichten, verdrehte sie die Augen und zog den Laptop zu sich. Okay, Frauenpower, sie schrieb.

Eine geschlagene Stunde saßen wir an dieser beschissenen Mail, korrigierten sie gefühlte tausend Mal, löschten sie teilweise, fügten etwas anderes hinzu, doch dann war sie unserer Meinung nach perfekt.

„So, Süße, bitte lies sie jetzt abschließend noch einmal vor“. Jazz ließ sich seufzend nach hinten fallen und fuhr sich erschöpft über das Gesicht. Ich tat es ihm gleich und Alice holte tief Luft. „Okay, dann mal los.


Sehr geehrte Mrs. Rizzante!

Entschuldigen Sie bitte, dass wir Sie mit dieser Mail einfach überfallen, aber das muss einfach sein, es gibt keinen anderen Weg.

Wir sind zwei erwachsene Brüder, leben in Seattle, und unsere Eltern sind geschieden.
Nun ist es aber so, dass unsere Mutter, Esme Cullen, bald wieder heiraten möchte, und zwar einen gewissen Paolo Rizzante.
Im Zuge diverser Internet-Recherchen ist uns immer wieder Ihr Name untergekommen, und wir sind uns ziemlich sicher, dass Sie nicht die Schwester, sondern die Ehefrau von Paolo Rizzante sind. Wenn unsere Erkenntnis die Richtige ist, bitten wir Sie, uns zu helfen.
Wir lieben unsere Mutter sehr und wollen nicht, dass Paolo ihr das Herz brechen wird. Natürlich wird er – wenn wir recht haben – auch Ihres brechen, und das tut uns sehr leid, aber wir bitten Sie – helfen Sie uns.
Selbstverständlich sind wir jederzeit über diese Mail-Adresse für Sie erreichbar und wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich melden würden, auch, wenn wir mit unserem Verdacht völlig danebenliegen sollten.
Wir danken Ihnen für Ihre Hilfe
Edward und Jasper Cullen.“



„Yeah, hört sich gut an, weg damit“, meinte Jazz zufrieden.

„Dafür“, stimmte ich ebenso zu.

„Jawohl, meine Herren“, schnurrte Alice, klickte auf ‚Senden‘ und klappte den Laptop zu. „Boah…“, stöhnte sie erleichtert auf und schmiegte sich lächelnd in die Arme meines Bruders.

Anschließend bestellten wir uns Futter vom Chinesen, tranken eine Flasche Wein, und ich war wieder leicht beduselt, weil ich wohl den Rausch von gestern aufgewärmt hatte, aber das war egal. Ich fühlte mich gut, und der Absturz vom vergangenen Abend hatte mir anständig die Augen geöffnet. Gerade noch rechtzeitig schien ich die Kurve gekratzt zu haben, nicht zuletzt wegen der lieben Worte von Alice.

Wortlos setzte ich mich neben sie, zog sie sanft aus Jaspers Umarmung, schlang meine Arme um ihren zierlichen Oberkörper und drückte sie fest an meine Brust. „Danke“, sagte ich leise und lächelte sie an.

„Wofür?“, wollte sie wissen und runzelte die Stirn.

„Für deine Worte. Gestern im ‚La Cosa Nostra‘. Möglicherweise hast du mir das Leben gerettet, meine kleine Lieblingshexe“, klärte ich auf. Sofort überzog ein strahlendes Lächeln ihr Gesicht. Sie wand sich leicht aus meiner Umarmung, nur um mir gleich hinterher begeistert um den Hals zu fallen. „Bitte, sehr gerne. Ich mag dich doch, Edward. Außerdem könnte ich meinen Liebsten wegschmeißen, wenn mit dir irgendetwas passieren würde, und das wollen wir doch nicht, oder?“. Liebevoll schaute sie zu Jazz und zwinkerte ihm zu. Gott, ich liebte meine Familie und wusste, dass sie immer für mich da war und ich mich jederzeit auf sie verlassen konnte. Dieses Gefühl war in diesem Moment so fucking gut, dass ich mir plötzlich vollkommen sicher war, mit ihrer Hilfe auch über Isabella hinweg zu kommen.

„So, genug fremd gekuschelt“, murmelte Jazz gespielt angepisst und griff grinsend nach dem Laptop, der nach wie vor zugekappt auf dem Couchtisch lag. „Lasst uns mal gucken, ob Mrs. Rizzante vielleicht schon zurück gemailt hat“. Ich drückte Alice einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange, wir strahlten uns ein paar Sekunden an und widmeten uns Jasper, dessen Augen immer größer wurden, während sie über den Bildschirm huschten.

„Fuck“, keuchte er und drehte den Laptop zu uns.

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