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Sonntag, 22. Januar 2012

(22) Just married ... or what?




‚Sag es. Sag die drei Worte, Edward. Sag, dass du mich liebst. Ich brauche Carlisle, ich brauche DICH, bitte lasst mich nicht allein. Ich kann nicht atmen. Aber bitte  – SAG ES, und … ich bin dein‘


BellaPOV


Gezählte drei Sekunden fixierten meine tränennassen Augen diesen Mann in der ersten Reihe, für den ich sofort alles hingeschmissen hätte. Ich war tatsächlich bereit, die Hochzeit für ihn platzen zu lassen, alles hätte ich für ihn getan, alles. Er bräuchte nur diese drei Worte sagen, und verflucht ja – ich wäre sein.

Doch Edward schloss nach diesen drei Sekunden seufzend die Augen, schüttelte kaum merkbar den Kopf und ließ ihn langsam zwischen seine Schultern sinken.

Ich fühlte einen Stich in meinem Herzen, der mich kurz aufkeuchen ließ. Er liebte mich nicht, wollte mich nicht und gab mich frei. Für einen Moment hatte ich Angst davor, ohnmächtig zu werden. Auf eine seltsame Art und Weise hatte ich plötzlich das Gefühl, alles verloren zu haben, was mir wichtig war. All das, was ich brauchte, um glücklich zu sein. Meine Lider wurden schwer und senkten sich träge. Hüllten mich in eine willkommene Dunkelheit, während alles um mich herum unheimlich leise und beklemmend war.

„Isabella?“

Erschrocken riss ich meine Augen wieder auf und starrte in das nervöse Gesicht des Reverends, der vermutlich den Verdacht hegte, ich würde jeden Moment schreiend die Kirche verlassen. Dann drehte ich meinen Kopf so, dass ich Carlisle in die Augen schauen konnte.

Mein Carlisle. Der Mann, der mich nun zu seiner Ehefrau machen würde, wenn ich diese zwei Buchstaben über meine Lippen bringen könnte. Er liebte mich, und ich … liebte ihn auch. Ich war sein und er war mein. Mein Liebster würde mir das geben, was ich brauchte, um glücklich zu sein. Nicht nur Liebe und Zärtlichkeit, sondern auch Schutz, Geborgenheit, und die Wärme, die ich seit Charlies Tod so vermisste.

Würde ich nun ‚Nein‘ sagen, wäre ich wieder vollkommen allein, und dieser Gedanke brachte mich beinahe um. Edward wollte mich nicht, und Carlisle fixierte mich mit einem verzweifelten Blick, ich sah es ihm an. Er lächelte, doch dieses Lächeln war nicht echt.

‚Bitte sag was – Bitte sag JA‘, signalisierten mir seine Augen, und in diesem Moment wusste ich, was richtig war.

Ich hob meine rechte Hand, legte sie an Carlisles Wange, streichelte sanft darüber  und hauchte ein gelächeltes „Ja. Ja, ich will“.

Mein Schicksal war besiegelt, und es fühlte sich … gut an. Nicht perfekt, aber gut. Verdammt noch mal, ich brauchte ihn. Brauchte einen Mann an meiner Seite, der sich um meine einsame, kranke Seele kümmern würde. Und ja, ich liebte meinen Carlisle. Nicht auf dieselbe Art und Weise, wie Edward, aber … mein Gott, was hatte ich getan?

Wieder fühlte ich mich, als würde mich jeden Moment eine Ohnmacht in die Knie zwingen, doch als ich in die Augen meines Mannes sah, wusste ich, dass alles, was in den letzten Sekunden geschah, richtig war. Er strahlte und wirkte unglaublich glücklich. Es schien, als wäre er am Ziel seiner Träume, als WÄRE  ich sein Traum, der plötzlich zur Realität wurde.

Je länger ich in seine funkelnden und strahlenden Augen sah, desto mehr war ich davon überzeugt, das Richtige getan zu haben. Dieses ‚Ja‘, welches ich soeben ausgesprochen hatte, war der einzige Weg, nicht an einer allumfassenden Einsamkeit und Traurigkeit zugrunde zu gehen, und dieses ‚Ja‘ besiegelte meine Liebe zu ihm. Zu meinem Mann.

„Hiermit erkläre ich Sie zu Mann und Frau“, holte mich der Reverend abrupt in die Gegenwart zurück. „Sie dürfen die Braut nun küssen“.

Mit einem atemberaubend glücklichen Lächeln legte Carlisle zärtlich seinen Arm um meine Taille, zog mich eng an sich und küsste mich so liebevoll und innig, dass ich in den Kuss seufzte und ihn leidenschaftlich erwiderte.

Leises Applaudieren der Gäste begleitete unsere erste Vereinigung als Mann und Frau, und ohne Edward eines einzigen Blickes zu würdigen, verließen wir die Kirche als Ehepaar.


EdwardPOV


„Herzlichen Glückwunsch“, sagte ich zu meinem Dad, als wir das Gotteshaus verlassen hatten und ich nun tun musste, was alle anderen taten. Gratulieren.

Verdammt, ich liebte ihn. Natürlich war er nach wie vor nicht nur mein Vater, sondern auch mein Kumpel, Vertrauter und bester Freund. Dennoch steckten Worte in meiner Kehle, die ich nur zu gern ausgesprochen hätte, es jedoch niemals tun dürfte und würde. Jedes einzelne davon lief darauf hinaus, dass er MEINE Frau hatte. Isabella war MEIN und würde es auch immer bleiben. Allerdings nur in meinem Herzen und meiner … Seele. Ich liebte sie so sehr, und doch hatte ich sie vor wenigen Minuten verloren. Für immer.

Sie war NICHT meine Frau, sondern die meines Dads.
Sie war auch nicht mein. Niemals.

„Vielen Dank, mein Sohn, ich danke dir“. Ja, er war glücklich, und ich konnte es ihm nicht verdenken. Ich wäre es auch an seiner Stelle. Mit dieser Frau…

„Auch dir natürlich herzlichen Glückwunsch. Mom“, sagte ich nun zu Isabella, zwang mir mit Müh und Not ein gekünsteltes Grinsen aufs Gesicht und drückte ihr je einen Kuss auf die Wangen, was sie sofort erröten ließ. Verdammt.

„Danke, ähm … Sohn“, erwiderte sie kichernd, doch das, was ihre Augen wortlos sagten, gefiel mir nicht. Obwohl sie gerade eben meinem Vater das Ja-Wort gegeben hatte und bereits Mrs. Carlisle Cullen war, fand ich sie wieder in ihren dunkelbraunen Iriden – diese tiefgründige, verhasste und herzzerreißende Traurigkeit. Ich fühlte mich schuldig, ausgebrannt und leer, während ich ihr ein verkrampftes Lächeln schenkte und ging.




Die Hochzeitsgesellschaft begab sich nach der Trauung wieder zu meinem Elternhaus, wo sich ein Catering-Service mittlerweile anständig ausgetobt und unseren Garten in ein Freiluft-Restaurant verwandelt hatte. Tante Elizabeth hatte sich perfekt um alles gekümmert, und kaum waren wir eingetroffen, ging es auch schon mit dem Essen los.

Obwohl ich heute schon mit der Kloschüssel gekuschelt hatte, gab ich mich auch weiterhin dem Alkohol hin. Gegessen hatte ich nicht viel, denn es schmeckte nicht, aber saufen – ja, DAS ging immer. (Beta-A/N: Da kann Jazz ja froh sein, dass er mich hat und zum Kuscheln nicht auch eine Kloschüssel nehmen muss. ^^)

Natürlich wusste ich, dass ich den Frust über diese Eheschließung nicht mit übermäßigem Alkoholgenuss vertreiben konnte, aber für heute müsste es reichen. Abgesehen davon trug ich den Verdacht mit mir herum, dass Isabella mein sein könnte, wenn ich gottverdammter Arsch ihr meine Liebe gestanden hätte, aber nun war es zu spät.

Das frisch gebackene Ehepaar wurde gefeiert, lachte glücklich und nahm immer wieder Glückwünsche und Komplimente entgegen, was für ein schönes Paar sie doch wären und wie gut sie zusammen passen würden, während ich von Minute zu Minute besoffener wurde und kaum noch einen geraden Satz über die Lippen brachte.

Isabellas Augen suchten ständig meine, doch ich wich ihnen aus. Warum sollte ich mir selbst mehr Schmerzen zufügen, als die, die ich ohnehin ununterbrochen empfand?

„Hey, wie geht es dir?“, fragte mich Jazz, nachdem ich mich abseits der Hochzeitsgesellschaft an einen Baum gelehnt und die Augen geschlossen hatte. Alles drehte sich, als ich sie wieder öffnete und in das traurige Gesicht meines Bruders sah.

„Beschissen“, antwortete ich ehrlich, zuckte mit den Schultern und runzelte die Stirn. Betrunkene und Kinder sagen doch immer die Wahrheit, oder? Also musste ich auch nicht lügen.

„Scheiße Man, es tut mir so leid. Kann ich dir irgendwie helfen?“

„Brüderchen, mir kann … keiner helfen. Nicht mal ich selbst“, gab ich leicht lallend zurück und schüttelte den Kopf. Sofort hörte ich jedoch wieder auf mit dem Scheiß, da mir noch schwindliger wurde, also hielt ich still, zog eine Augenbraue hoch und fixierte Jaspers Augen, die mich traurig gefangen hielten. „Weißt du, was das Schlimmste ist?“ Ich lachte sarkastisch auf und konzentrierte mich darauf, ihm nun möglichst ohne Lallen das zu sagen, was unentwegt durch meinen Kopf schwirrte.

„Ich hab es verkackt, Jazz. Hätte ich Isabella meine Liebe gestanden, wäre sie nun mein und nicht Mrs. Carlisle Cullen. Ich Idiot hab es verkackt, verstehst du das?“ Ein kaltes, ja richtig bösartiges Lachen drang aus den Tiefen meiner Kehle. Ich fuhr durch mein Haar, zog fest daran und stöhnte auf vor Schmerz. „Zur Hölle, Bruder, ich bin schuld. Ich ganz allein. Hätte ich nur meine beschissene Klappe aufgebracht, wäre alles gut. Alles gut…“. Meine Stimme wurde immer leiser und brach.

„Man, Edward … verdammt. Bitte hör auf mit diesem Scheiß. Mach dich doch selbst nicht kaputt. Woher willst du das wissen?“

„Sie hat mich in der Kirche angesehen. Kurz vor ihrem ‚Ja‘. Dieser Blick, Jazz … sie flehte mich förmlich an, irgendetwas zu sagen, die Trauung abzubrechen, sie wollte es, verstehst du? Doch ich konnte nicht, war wie gelähmt. Ich habs verkackt“. Seufzend senkte ich den Kopf und schloss erneut meine Augen, da ich spürte, dass sich Tränen darin sammelten, die ich zur Hölle noch mal nicht weinen wollte.

„Oh Scheiße“, hörte ich plötzlich Alices Stimme, und unmittelbar darauf vernahm ich leises Tuscheln von Emmett und Rose.

„Schon gut, alles okay“, sagte ich zu meinen Freunden, nachdem ich meine Lider dazu bewegen konnte, sich wieder zu heben. Ich stieß mich von dem Baum ab, gegen den ich mich gelehnt hatte, torkelte leicht zur improvisierten Outdoor-Bar, holte mir einen Whiskey und schaute mich kurz um, um einen Blick auf Isabella zu erhaschen, doch ich fand sie nicht.

Einmal mehr an diesem Tag kippte ich meinen liebsten, hochprozentigen Freund auf Ex in meine Kehle und hatte unmittelbar darauf das Gefühl, bald wieder kotzen zu müssen. Also knallte ich das leere Glas auf den nächstbesten Tisch und ging grinsend ins Haus. Mittlerweile war es mir scheißegal, ob ich wieder ein Date mit der Kloschüssel hätte, denn alles war egal. Wirklich alles.

Mich am Geländer festhaltend, wackelte ich in den ersten Stock und sah in dem Moment, dass Isabella in ihrem Zimmer verschwand. Nachdem ich ohnehin nichts mehr zu verlieren hatte, ging ich ihr nach und trat ohne anzuklopfen ein.  Immerhin war ich stockbesoffen, ich durfte das. Yeah.

Isabella stand vor dem Badezimmer und fummelte gerade an ihrem Kleid herum. Sie erschrak ziemlich, als ich mit einem geschmeidigen Tritt die Tür hinter mir schloss und grinsend daneben stehen blieb.

„Schönen guten Tag, Mrs. Carlisle Cullen“, spuckte ich förmlich aus und keuchte, als sich kurzfristig mein Magen überdrehte, doch ich konnte mich noch gerade so beherrschen, um nicht auf den teuren Teppich zu kotzen.

„Edward…“, japste Isabella und starrte mich beinahe ängstlich an, „was tust du da?“.

„Keine Ahnung“. Ich zuckte mit den Schultern und ging langsam auf sie zu. „Was tust DU da?“, wollte ich nun wissen und blieb unmittelbar vor ihr stehen. Ich konnte es nicht fassen, sie wich tatsächlich ein paar Schritte zurück, bis sie die Wand in ihrem Rücken spürte und zitternd die Hände hob.

„Ich bin … naja, es ist … du meine Güte, ich habe meine Tage, und sollte mal wieder … Herrgott, du weißt schon…“, stotterte sie herum, und kichernd drehte ich mich weg. „Ich verstehe“, sagte ich wissend und schmiss mich aufs Bett. „Lass dich nicht aufhalten“.

Mit einem nervösen Lächeln verschwand sie im Bad, während ich mich hinlegte und die Augen schloss. Woah, keine gute Idee. Sofort drehte sich alles, und meine Lider schossen wieder hoch. Obwohl mein Alkoholspiegel fucking hoch zu sein schien, war ich verwundert, noch einigermaßen flüssig sprechen zu können und nutzte diese Tatsache auch aus, kaum, dass Isabella wieder bei mir war.

„Und? Wie fühlst du dich, Mrs. Carlisle Cullen? Bist du nun glücklich und am Ende deiner Träume?“ Verdammt, und jetzt musste ich wirklich darauf achten, nicht ungut zu werden. Eine seltsame Form der Wut kroch durch meine Adern, vermengte sich mit einem sehr hohen Maß an Verzweiflung und perfektionierte sich mit einem Schuss Frustration. Es gab so verdammt viel, was ich ihr sagen wollte, doch diese Gefühlsmischung machte es mir nicht leicht.

„Edward, was soll der Scheiß? Was erwartest du von mir, und was genau willst du nun hören?“ Auch Isabella wurde wütend und funkelte mich zornig an. Sie kam ein paar Schritte auf mich zu und hatte wieder diesen Ausdruck eines Racheengels, den ich so sehr an ihr liebte.

Aber zur Hölle, ich durfte nichts mehr an ihr lieben, es war vorbei.

„Verdammt, ich will wissen, ob du glücklich bist als Frau meines Vaters. Sag es, Isabella, ich will es hören. Sprich es aus, verflucht“, sagte ich vielleicht etwas zu laut, und erschrocken wich sie wieder zurück.

„Du machst mir Angst“, flüsterte sie und ihre Augen füllten sich mit Tränen.

Sie hatte Angst. Vor mir. Gott nein, das wollte ich nicht. Niemals.

„Himmel, ich will dir doch keine Angst machen, Kleines. Ich wollte doch nur wissen, ob du glücklich bist“, erwiderte ich leise und spürte, dass ich meine Gefühle langsam wieder in den Griff bekam. Wie gerne hätte ich sie in diesem Moment an mich gezogen, um sie zu küssen. Verdammt, nicht einmal das, es hätte mir schon gereicht, sie nur fühlen und riechen zu dürfen, doch auch das durfte ich nicht. Nie mehr.

„Ja, Edward“, flüsterte sie. „Ja, ich bin glücklich“.

„Bist du das? Wie schön“. Verflucht, die Wut war wieder da. „Dann bin ich ja froh, dass wenigstens einer von uns beiden das erreichen konnte, was er sich wünschte. Ich gratuliere, Mrs. Cullen“, schnaubte ich wütend, fuhr mir durchs Haar und begann, im Zimmer hin und her zu laufen.

„Weißt du eigentlich, wie es mir geht? Hast du überhaupt den blassesten Schimmer einer Ahnung, was du mir mit dieser beschissenen Hochzeit angetan hast?“

„Edward, ich…“

„Nein, Isabella, halt einfach die Klappe. Ich will nicht hören, wie glücklich du bist, um mich zu…“

„ABER DU HAST MICH GERADE DANACH GEFRAGT“, schrie sie mich nun an und wurde ganz rot vor Zorn.

„Ja, das hab ich“, zischte ich leise und so gottverdammt wütend, dass ich am liebsten das ganze Zimmer zu Kleinholz verarbeitet hätte. „Und ganz ehrlich – Baby? Ich hasse es, dass du glücklich bist, denn dieses Glück ist nicht echt“.

„Wie meinst du das?“. Sie starrte mich an und schüttelte unaufhörlich den Kopf.

Ich stoppte meine hastigen Schritte, wankte jedoch leicht, nachdem ich stehen blieb. Also lehnte ich mich gegen die Wand, verschränkte die Arme vor der Brust und grinste sie unsicher an. „Ich habe dieses Gefühl schon länger, Isabella, und nun ist es intensiver als je zuvor. Fuck, wir haben bereits darüber gesprochen, aber scheinbar kannst du dich nicht einmal daran erinnern. Egal, alles, was ich sagen will ist - Du findest in meinem Dad all das, was du vermisst, seit dein Vater gestorben ist, nicht wahr?“.

„Nein, das ist nicht…“

„DOCH, DAS IST ES“, brüllte ich sie an, stieß mich ab von der Wand, und sie zuckte zurück. „Hör auf, dich selbst und alle anderen zu belügen, und gib es endlich zu. Du liebst meinen Vater nicht so, wie du es solltest, denn du suchtest einfach einen neuen Dad. Gratuliere Isabella – du hast ihn gefunden“, und nun begann sie, heftig zu zittern und torkelte ein paar Schritte zurück.

„Warum sagst du sowas?“, flüsterte sie, während erste Tränen aus ihren Augen quollen und nasse Bahnen über ihre geröteten Wangen zogen. Verdammt, wir hatten diese Debatte doch schon einmal geführt, aber es war, als ob es sie nie gegeben hätte. Sie hatte tatsächlich alles verdrängt.

Als wollte sie sich selbst beschützen, schlang sie die Arme um ihren Oberkörper und bedachte mich mit einem zornigen Blick. „WARUM TUST DU MIR DAS AN?“, schrie nun sie wieder.

Ich starrte nur in ihr zorniges Gesicht, schüttelte langsam den Kopf, sagte jedoch nichts. Verdammt, ich hatte sie wirklich verletzt und gottverdammt wütend gemacht, aber nun war es endlich raus – wieder einmal. Obwohl ich es versuchte, konnte ich in diesem Moment nicht sprechen, denn diese drei Worte, sie schnürten mir gerade die Kehle zu und ich wusste, dass ich sie aussprechen musste. Es war soweit…

„WARUM, SAG ES MIR!“ Wütend kam sie auf mich zu, funkelte zornig und verschlang mich mit ihren vor Wut beinahe schwarzen Augen. „WARUM??“

„WEIL ICH DICH LIEBE, HERRGOTT NOCHMAL! Weil ich dich liebe…“, wiederholte ich leise, und dann verließ mich die Kraft und ich fiel auf die Knie. „Weil ich dich liebe…“, flüsterte ich ein drittes Mal und sackte völlig in mich zusammen.

Isabella starrte mich ungläubig  an, keuchte laut auf sank vor mir ebenfalls auf die Knie. „Du … oh mein Gott…“

Vergessen waren all der Zorn, die Wut und diese explosive Gefühlsmischung tief in mir. Alles, was blieb, war die Verzweiflung, die mich schon seit Wochen bedrückte. Aber sie war plötzlich so intensiv, dass ich am ganzen Körper zu zittern begann und größte Mühe damit hatte, nicht ebenso zu weinen.

Ich hob meine rechte Hand, legte sie an ihre nasse Wange und streichelte mit dem Daumen eine Träne weg. „Ich liebe dich, Isabella. Schon so lang“.

Sie schluchzte laut auf, und in ihren Augen konnte ich blankes Entsetzen erkennen, welches mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte und mein Zittern nur noch verstärkte. „Warum hast du … verdammt, Edward“. Ein heftiges Schluchzen hinderte sie daran, weiter zu sprechen, und es dauerte ein paar Sekunden, bis sie wieder ganz bei mir war. Nachdem sie zwei Mal tief Luft geholt und kurz die Augen geschlossen hatte, sah sie mich verzweifelt an, weinte bittere Tränen und sprach mit bebenden Lippen.

„Warum hast du es nicht gesagt? Warum hast du mir deine Liebe nie gestanden? So vieles wäre anders, wenn du nur … oh mein Gott, ich hätte doch nicht … niemals … ich…“. Nun weinte sie so heftig, dass ich mir direkt Sorgen machte. Fuck, dies war der Tag ihrer Hochzeit, sollte sie nicht glücklich sein?

Ich war daran schuld, dass sie bitterlich weinend in ihrem Zimmer kniete und gottverdammt unglücklich war. Zur Hölle, warum hatte ich nicht einfach meine blöde Klappe gehalten??

Und plötzlich wurde mir bewusst, was ich gerade getan hatte. Verflucht, ich hatte alles zerstört. Die Tage und Wochen, die ich so darum bemüht war, den Traum meines Vaters und diese Hochzeit nicht platzen zu lassen – es war alles umsonst. Wie ein Häufchen Elend kniete Isabella nun vor mir, umringt von ihrem bauschigen, weißen Kleid und legte die Hände auf ihr Gesicht.

Sie ließ sich auf ihre Fersen sinken und bewegte sich minutenlang keinen Millimeter. Plötzlich begann sie, langsam ihren Kopf zu schütteln, murmelte etwas Unverständliches gegen ihre Handflächen, sah mich jedoch nicht an.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen, als ihre Hände kraftlos auf ihren Schoß fielen und sie mich völlig abwesend fixierte. Sie schaute durch mich hindurch, ihr Mund war leicht geöffnet, und alles, was ich eindeutig vernehmen konnte, war ein ständig wieder kehrendes „Er hat recht…“ Was zur Hölle??


BellaPOV


„Er hat recht, er hat recht, oh mein Gott, er hat recht“, kam immer wieder über meine tränennassen, aber dennoch trockenen Lippen. Was hatte ich getan, was war mit mir los?

Minutenlang ließ ich mir Edwards Worte durch den Kopf gehen, wog sie ab, was sprach dagegen? Was dafür?

Mir war schon länger klar, dass die Liebe, die ich für Carlisle empfand, nicht dasselbe war, was ich für Edward fühlte, doch scheinbar verdrängte ich das. Mein Herz war einsam und verlassen. Ich wollte doch nur beschützt und geliebt werden, Herrgott noch mal. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, wieder allein zu sein, und nachdem Edward mich nicht wollte, schenkte ich meine Liebe dem Mann, der mich wieder Mensch werden ließ. Der Kummer durch Freude ersetzt hatte, Trauer durch Liebe und Einsamkeit durch Wärme. Verdammt ja, ich liebte meinen Mann, aber nicht … so. Mein Gott, was hatte ich getan??

Obwohl ich mit meiner seltsamen Reaktion in der Kirche beinahe die ganze Trauung platzen ließ, bekam ich von Carlisle nur Küsse und ein verliebtes Lächeln. Mit keinem einzigen Wort hatte er mich gefragt, was vorgefallen war. Nichts.

Er liebte mich bedingungslos, und ich … liebte ihn auch. Aber eben … verdammt, Edward hatte recht … anders. Das Hauptmotiv meiner Liebe zu ihm bestand wohl in meiner Angst, wieder vollkommen allein zu sein, und das war falsch. So abgrundtief falsch.

„Isabella? Was hast du? Kannst du mich hören?“ Nur ganz langsam drang diese wundervolle, tiefe, samtig-raue Stimme an mein Ohr, und augenblicklich fühlte ich mich wohl. Sie war zwar sehr weit entfernt, doch ich konnte sie förmlich spüren, sie machte mich … glücklich.

Ich fühlte warme, weiche Haut an meiner Wange und schmiegte mich dagegen. Seufzend schloss ich meine Augen und sagte leise das, was ich schon seit Wochen sagen wollte, aber nicht den Mut dazu hatte.

„Ich liebe dich“.

Ein absolut unromantisches „Fuck“ riss mich aus meiner Lethargie, und nach minutenlanger geistiger Abwesenheit war ich wieder da.

„Fuck?“

„Ja, Fuck, Isabella“, schnaubte er, erhob sich ruckartig und fuhr mit den Händen ein paar Mal grob über sein Gesicht. „Weißt du eigentlich, was das bedeutet?“

Ich starrte ihn an und schüttelte den Kopf.

„Baby“, hauchte er leise, zog mich hoch und schaute mich verzweifelt an. „Du liebst mich genauso, wie ich dich liebe, und was haben wir nun davon? Was haben wir von unserer grenzenlosen Dummheit, die es uns untersagte, wie zwei erwachsene Menschen miteinander zu sprechen? Was haben wir davon, unsere Gefühle für uns behalten zu haben?“ Seine Stimme wurde immer leiser, seine Körperhaltung immer schlaffer und sein Blick immer trauriger. Obwohl ich genau wusste, worauf seine Rede hinaus lief, brachte ich kein Wort über die Lippen und starrte ihn weiterhin an.

„Du bist Mrs. Carlisle Cullen, Isabella. Unerreichbar für mich, eine verheiratete Frau. Das wars. Wir haben es verkackt, es ist vorbei, und nun müssen wir mit den Konsequenzen leben. Es ist zu spät…“flüsterte er nur noch, streichelte mir ein letztes Mal meine Wange, über die schon wieder unzählige Tränen rannen, und ging zur Tür.

Kurz, bevor er seine Hand auf die Klinke legte, drehte er sich noch einmal um und schaute mich an. Seine Augen schimmerten feucht, als er ein leises „Ich liebe dich“ in meine Richtung hauchte, und ein paar Sekunden später war ich allein.

Wie in Trance schleppte ich mich zum Bett und ließ mich einfach fallen. Gefühlte Stunden starrte ich an die cremeweiße Decke, konnte nicht denken, nichts fühlen, ja nicht einmal weinen. Edwards Geständnis hatte mich aller Sinne beraubt. Meine Augen waren geöffnet, doch ich konnte nicht sehen, nichts hören, außer einem dumpfen Rauschen, welches in meinen gedankenlosen Schädel drang. Ich war vor wenigen Minuten innerlich gestorben und konnte nichts dagegen tun.

Würde sich mein Brustkorb nicht heben und senken, würde ich denken, ich wäre tot. Allerdings hob und senkte er sich sehr rasch, und irgendwie bekam ich trotzdem keine Luft. Flach und viel zu schnell atmend rappelte ich mich hoch, schleppte mich taumelnd zum Fenster, öffnete es und gierte nach Sauerstoff. Mein Herz raste, mir wurde schwindelig, und ich wusste, dass eine Ohnmacht drohte, also krallte ich mich an der Fensterbank fest und versuchte, mich zu beruhigen, doch es gelang mir nicht.

Eine widerliche Übelkeit schnürte mir die Kehle zu und eine allumfassende Panik machte mich fast verrückt, als sich die Tür öffnete und ich mich ruckartig drehte.

„Liebes, was ist denn los? Edward hat gesagt, du hättest starke Krämpfe und es geht dir nicht gut. Kann ich dir irgendwie helfen?“ Besorgt und mit gerunzelter Stirn kam er rasch auf mich zu, nahm mich in seine Arme und drückte mich zärtlich an seine Brust.

Rasch beruhigte sich meine Atmung, mein Herzschlag war wieder einigermaßen normal, und ich fühlte mich … gut. Mit einem tiefen Seufzen schmiegte ich mich an meinen Mann, und plötzlich fühlte sich alles so richtig an. Verdammt, ich war so verwirrt.

Carlisle wich ein wenig zurück, sah mir in die Augen und lächelte mich an. Innerhalb von Sekunden gefror sein Lächeln allerdings, und seine Hände streichelten meine Wangen. „Du hast geweint, was ist passiert? Gott, Bella, rede mit mir“.

„Ach, ich bin einfach so genervt von meinen blöden Tagen. Erst diese beschissenen Krämpfe, die mich beinahe in die Knie zwangen, dann die Gewissheit, dass ich unsere Hochzeit mit meiner miesen Laune verderbe, und auch noch diese ewige Heulerei, die ich wegen der Hormone nicht zurückhalten kann. Es kotzt mich einfach alles an“, log ich sehr überzeugend und hasste mich so sehr dafür, dass ich am liebsten gestorben wäre. Was tat ich eigentlich hier, ich gottverdammtes Miststück?

„Oh, mein armer Liebling, das tut mir so leid. Soll ich dir einen Tee kochen? Möchtest du dich hinlegen, und ich bringe dir eine Wärmeflasche, die du auf deinen Bauch legen kannst? Bitte sag mir, wie ich dir helfen kann. Ich tue alles für dich“. Zärtlich lächelte er mich an, Liebe und Verständnis funkelten mir entgegen, und mir wurde bewusst, wie sehr ich ihn eigentlich brauchte.

„Mir geht es schon ein wenig besser, jetzt, wo du bei mir bist“, erwiderte ich leise und lächelte zurück, doch das Schlimmste an dem Ganzen war, dass es mir wirklich besser ging, seit er dieses Zimmer betreten hatte.

Ich legte meine Arme um seinen Nacken und küsste ihn mit allem, was ich für ihn empfand. Legte all die Liebe in diesen Kuss, die ich ihm geben konnte, und er seufzte glücklich in meinen Mund.

„Fühlst du dich gut genug, um wieder zu den anderen zu gehen?“, fragte er mich vorsichtig, nachdem wir den Kuss beendet hatten, und ich nickte.

„Ja, auf alle Fälle. Du kannst ruhig schon vorausgehen, ich muss nur noch mal schnell ins Bad“.

„In Ordnung, Liebes“. Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn, streichelte über mein Haar und verließ den Raum. Keuchend schloss ich meine Augen und fühlte mich plötzlich unheimlich schwach.

Intensiver als je zuvor spürte ich in diesem Augenblick meinen Dad. Auch Charlie küsste immer meine Stirn und streichelte über mein Haar, wenn wir uns verabschiedeten, und Himmel – ich wollte schreien, nur noch schreien. Es war, als würde Charlie neben mir stehen. Ich konnte ihn riechen, ihn fühlen, ich zitterte, weinte … er berührte mich …

„Bella? Liebes?“ Erschrocken riss ich meine Augen auf und fiel meiner Freundin um den Hals.

„Rose!! Bitte hilf mir, ich glaub, ich dreh durch. Ich halt das alles nicht mehr aus“, weinte ich haltlos an ihrem Hals.

„Oh mein Gott, Süße, was ist denn passiert? Was ist los mit dir?“
Entsetzt löste sie meine enge Umklammerung und schaute mich an. „Hat es etwas mit Edward zu tun?“ Ich nickte und schluchzte.

„Hm…das dachte ich mir. Er ist nämlich drauf und dran, im Alleingang den gesamten Whiskey-Vorrat zu vernichten. Willst du darüber reden, Schatz?“ Ich nickte wieder, da ich vor lauter Schluchzen und Zittern nicht sprechen konnte, und sanft zog sie mich zum Bett. „Setz dich hin und komm erst mal runter. Beruhige dich und hör auf zu weinen, in Ordnung?“ Während sie sprach, nahmen wir am Fußende Platz, und sie streichelte mir sanft über Rücken und Arme.

Ein paar Minuten später hatte ich die Kraft, wieder zu sprechen, und ich entschied mich, meine Erzählungen mit drei wegweisenden Worten zu beginnen: „Er liebt mich“. Rosalie keuchte auf, riss ihren Kopf zu mir und starrte mich ungläubig an.

„Bitte was? Er … oh mein Gott, Bella! Hat er dir das gesagt?“

„Ja“. Seufzend fixierte ich einen imaginären Punkt an der Wand und fuhr fort. „Und ich hab ihm meine Liebe ebenso gestanden, aber Rose, es ist zu spät. Wir waren beide zu stur, um unsere Gefühle zu offenbaren, wollten Carlisle schonen, doch nun ist es vorbei. Versteh mich bitte nicht falsch, ich liebe meinen Mann, aber diese Liebe … sie ist … anders“.

„Ich habs gewusst“.

„Du hast … was? Wie meinst du das, du hast es gewusst? WAS hast du gewusst?“.  Nun wurde ich nervös.

„Kleines, hör mir zu. Ich wollte dich niemals verletzen mit dem Verdacht, den ich schon länger hegte, aber ich konnte den Eindruck nicht loswerden, dass deine Liebe zu Carlisle eine andere ist, als die zu Edward. Natürlich liebst du deinen Mann, das will ich auch gar nicht bestreiten, aber ich denke doch, dass du in ihm eher eine Vaterfigur siehst. Liebes, ich weiß, wie sehr du nach Charlies Tod gelitten hast, und ich weiß auch, wie sehr du ihn heute noch vermisst. Carlisle gibt dir all die Gefühle wieder zurück, die Charlie dir gegeben hat, um dich rundum glücklich zu machen, stimmts?“ Vorsichtig blinzelte sie mich an, doch alles, was ich zustande brachte, war ein sehr schwaches Nicken.

Verdammt, alle hatten mich längst durchschaut. Alle wussten Bescheid, nur ich hatte die Tatsachen verdrängt, die so offensichtlich waren, dass es rückwirkend schmerzte.

Gott, ich hatte Carlisle geheiratet, weil ich ihn liebte, ja. Aber nicht so, wie ich es sollte, denn DIESE Art der Liebe empfand ich für IHN. ER war es seit jeher, der mich faszinierte, in unbekannte Gebiete der Ekstase entführte und mich mit seinem Körper beinahe in den Wahnsinn trieb. ER war derjenige, bei dem mein Herz Purzelbäume schlug, der mir beim Sex Geräusche entlockte, die ich selber noch nicht kannte. Zur Hölle, ja, ER war der, den ich aus tiefstem Herzen liebte. Edward…

„Du hast recht. Ihr habt recht. Ich liebe Carlisle, aber nicht so, wie ich es sollte, und vor allem nicht so, wie er es verdient. Gott Rose, ich bin eine verfluchte Schlampe. Ich hab alles kaputt gemacht“, flüsterte ich leise vor mich hin, doch weinen konnte ich nicht. Da gab es keine Tränen mehr, die sich in meine Augen drängten, nur noch Schuld.

„Nein, Bella, du darfst das nicht sagen“, erwiderte Rose und zog mich fest an ihre Brust. „Es ist so vieles schief gelaufen. Wir hätten eher mit dir sprechen sollen, damit…“

„Es hätte nichts genutzt“, unterbrach ich sie seufzend, „Edward hat mir diesen Verdacht bereits an den Kopf geknallt, aber das einzige, was ich danach gemacht habe, war alles zu verdrängen. Ich wollte nicht akzeptieren, dass er recht haben könnte, und nun bin ich eine verheiratete Frau“.

Minutenlang herrschte eine bedrückende Stille. Ja, ich war letztendlich Mrs. Carlisle Cullen, und das würde ich auch sein. Mein Mann hatte nur das Beste verdient, und ich würde ihm eine gute Frau sein, würde ihn lieben und ehren, alles für ihn sein. So sehr es auch schmerzte, aber ich musste Edward vergessen, soweit es mir möglich war.

Ich hatte so vieles falsch gemacht, die Schuld lastete schwer auf meinen Schultern. Also hatte ich auch vieles wieder gut zu machen, und das würde ich auch, ab sofort. Meine Aufgabe war es nun, Carlisle glücklich zu machen, ihm meine ganze Liebe zu schenken und eine gute Frau zu sein.

„Lass uns zu den anderen gehen. Carlisle wird sicher schon auf mich warten“, sagte ich laut und vollkommen überzeugt. Rosalie zog aufgrund meines rasanten Stimmungswechsels eine Augenbraue hoch und sagte kein Wort.

Ich stand auf, lief rasch ins Bad, erneuerte mein ohnehin kaum vorhandenes Make-Up und ging gleich zur Tür. „Kommst du?“, fragte ich Rose, die nach wie vor verwirrt auf der Bettkante saß und sich langsam erhob.

„Bist du dir sicher? Ich meine, was ist bitte in den letzten Minuten in dir vorgegangen, dass du nun SO sprichst?“ Mit einem kleinen Lächeln drehte ich mich zu ihr.

„Ich hab Carlisle  geheiratet, weil ich ihn liebe. Er ist ein toller Mann und hat nur das Beste verdient, was ich ihm nun auch geben werde. Also, lass uns gehen“.

„Und Edward?“ Rosalie stand nun unmittelbar neben mir und wirkte noch verwirrter als zuvor.

„Es gibt keinen Edward“, sagte ich leise. „Nicht mehr…“. Dann trat ich aus dem Zimmer und ließ eine geschockte Rosalie zurück.



Für einen Augenblick ließ ich meine Augen über die gut gelaunten Gäste gleiten, und fand meinen Mann neben meinem Schwager Alec. „Da bist du ja, Liebling. Ooh, du schaust schon wieder viel besser aus, Gott sei Dank“, begrüßte er mich glücklich, legte einen Arm um meine Taille und zog mich eng an seine Brust.

„Ja, ich fühl mich wieder gut“, erwiderte ich und drückte einen kleinen Kuss auf seinen Mund.

„Und morgen geht’s also ab auf die Malediven?“. Alec sah begeistert zwischen mir und Carlisle hin und her. Immerhin war er derjenige, der das Ziel unserer Flitterwochen empfahl, nachdem er selber mit Elizabeth dort geflittert hatte und ganz begeistert war.

„Ja, ich freu mich schon“, sagte ich ehrlich, da ich schon immer mal in den Genuss von weißen Sandstränden, Palmen und türkisblauem Meer kommen wollte. Zwar tat es mir sehr weh, von Edward Abschied zu nehmen, aber wenn ich wirklich durchziehen wollte, was ich mir vor ein paar Minuten vorgenommen hatte, dann musste das sein.

„Ich mich auch. Vor allem aufs Tauchen“, träumte mein Liebster vor sich hin, und kurz darauf waren die zwei Brüder in eine heftige Diskussion vertieft. Fische und Korallen wurden abgelöst von Schnorcheln, Flossen und Sauerstoffgeräten. Lächelnd hörte ich mir eine Weile an, was Alec aus eigener Erfahrung zu berichten hatte und schaute immer wieder in Carlisles strahlendes Gesicht.

Verdammt, so vieles war heute passiert, und jeder andere hätte wohl ohne Ende Fragen gestellt. Fragen, die ich niemals hätte beantworten können, doch er tat es nicht. Dieser wunderbare Mann an meiner Seite liebte mich einfach. Bedingungslos, und das beschämte mich.

„Hey Dad, hast du Edward gesehen?“, huschte plötzlich Jasper an uns vorbei, lächelte mich an und widmete sich dann wieder seinem Vater, der Alec noch rasch von einem coolen Motorboot erzählte, und dann zu seinem Sohnemann sah.

„Hat er denn nichts zu dir gesagt?“ Jazz schüttelte den Kopf.

„Ich weiß auch nicht, was mit ihm los war. Er hat sich literweise Whiskey in die Birne gekippt, hat etwa fünftausend Mal ‚Fuck’ gesagt, hat sich ein Taxi gerufen und war weg. Ich schwöre dir, am liebsten würde ich zu dieser Leah fahren und ihr mal anständig meine Meinung geigen“, sagte Carlisle wütend und ballte seine Hände zu Fäusten.

Jazz wiederum sah mich äußerst seltsam an, runzelte die Stirn und machte plötzlich einen auf cool. „Dad, darf ich kurz meine Stiefmutter entführen?“, sagte er grinsend, doch dieses Grinsen nahm ich ihm nicht ab.

„Natürlich, mein Sohn. Es gibt da ohnehin noch einiges, was ich wegen des Urlaubs mit Alec besprechen muss, und ich möchte nicht, dass meine bezaubernde Frau vor Langeweile stirbt“, witzelte mein Mann, hauchte mir einen zärtlichen Kuss auf den Mund und widmete sich wieder seinem Bruder. Alec legte seinen Arm brüderlich um Carlisles Schultern und die beiden schlenderten langsam davon.

„Bella, verdammt, was ist passiert? Weshalb beamt sich Edward voll weg, und außerdem, wo wart ihr so lang? Wieso ist …“.

„JAZZ“, unterbrach ich ihn ziemlich laut, „hol mal bitte Luft und hör mir zu, ja?“. Er hob entschuldigend die Hände, nickte und schaute mich aufmerksam an. „Ich sage dir jetzt in kurzen Worten, was vorgefallen ist, in Ordnung?“. Er nickte wieder. „Gut“.

„Edward hat mir vorhin seine Liebe gestanden, und ich tat es auch. Nun –  es ist zu spät, ich bin verheiratet und werde Carlisle eine gute Ehefrau sein, so, wie er es verdient. Es tut mir so leid…“. Seufzend beendete ich meine Kurzinformation und schluckte heftig, weil sich neuerlich Tränen in meine Augen drängten, die dort einfach nichts mehr verloren hatten. Ich wollte stark sein, für meinen Mann und meine Ehe, und ich würde es auch. Denn ich musste…

„Oh mein Gott…“, flüsterte Jazz mit einem entsetzten Ausdruck in seinem blassen Gesicht und keuchte auf.

Ich blinzelte durch meine nassen Wimpern, hauchte ein leises „Es tut mir leid…“, drehte mich um und ging weg.

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