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Samstag, 26. November 2011

(3) Die Stunde der Wahrheit

Ich ließ mir erst mal diese ganze Situation durch den Kopf gehen. Okay, ganz ruhig. Icequeen war die Verlobte meines eigenen Vaters. Ausgerechnet also die Frau, mit der ich den heißesten Sex meines Lebens gehabt hatte. Ich lebte hier mit ihnen unter einem Dach – meinem Elternhaus, und sie war meine zukünftige…Stiefmutter…ach, du heilige Scheiße, das ging doch gar nicht.

Ich wollte nichts von dieser Frau, sie konnte heiraten, wen sie wollte, aber verdammt nochmal nicht meinen Dad!!! Gott, diese Situation hier war wirklich mehr als beschissen, doch ich musste meinem Vater den Gefallen tun und mich zu ihnen gesellen, alles andere würde wohl auffallen.

Seufzend fuhr ich mir durchs Haar, atmete noch einmal tief durch, erhob mich und … steckte mir eine Lucky Strike zwischen die Lippen. Verdammt, niemals würde ich Icequeen als meine Stiefmutter akzeptieren können, niemals! Und ich war auch noch nicht soweit, mein Zimmer zu verlassen, also brauchte ich noch ein wenig Zeit und Nikotin, um wenigstens ein bisschen runterzukommen.

Angepisst schlenderte ich zur Glastür, die auf meine kleine Terrasse führte, öffnete sie, trat ein paar Schritte an die frische Luft und stützte meine Ellenbogen auf das Geländer. Ich nahm einen tiefen Zug von meiner Zigarette, bewunderte das schöne, grelle Orange der Glut, die  an der Spitze meiner Kippe leise vor sich hin knisterte, und blies den todbringenden Rauch in die Luft. Hm … was für eine Idee. Vielleicht könnte ich mich ja einfach hier zu Tode rauchen, dann hätte ich auch keinen Grund mehr, nach unten gehen zu müssen. Ich warf einen Blick in die weiß-rote Schachtel und kam seufzend zu dem Entschluss, dass fünf Zigaretten wohl nicht reichen würden, um sang- und klanglos abzutreten.

So nahm ich eben noch einen letzten Zug, blies den Qualm in den wolkenverhangenen Himmel, schnippte die Überreste meines kleinen Freundes gekonnt in die Botanik und machte mich auf den Weg nach unten.

Ich hörte bereits Icequeens Lachen, als ich an der Treppe eine Weile innehielt, ein letztes Mal tief Luft holte und mich auf den Weg in die Küche machte. Würde es die Möglichkeit geben, sich ein Lächeln ins Gesicht zu tackern, ich schwöre, ich hätte sie genutzt.

„Edward, da bist du ja“, begrüßte mich mein Vater hocherfreut und legte seinen Arm um IHRE Schulter. Fuck,  jetzt würde also die offizielle Vorstellung folgen, und irgendwie wurde mir gerade furchtbar schlecht.

„Edward, darf ich dir meine Verlobte vorstellen?“, begann er und drückte sie fest an sich, „Isabella Marie Swan, bald Cullen“. Stolz blickte er auf sie nieder, und ich musste zugeben, dass sie trotz des Altersunterschiedes von 17 Jahren irgendwie gut zueinander passten. Mein Dad sah für seine 45 Lenze wirklich fantastisch aus, also beschloss ich, den beiden meinen Segen zu geben. Wenn er sie liebte und sie ihn glücklich machte, dann sollte es eben so sein.

„Freut mich sehr, Sie kennen zu lernen, Isabella“, sagte ich also höflich und reichte ihr meine Hand. Sie schüttelte diese kurz, lächelte mich an, als wäre nie etwas zwischen uns gewesen, ließ mich wieder los und kuschelte sich an die Brust meines Dads.

„Bella. Bitte nenne mich Bella. Und vor allem sieze mich bitte nicht, ich werde doch bald deine Stiefmutter sein“, erwiderte sie glucksend, und ich hatte das Gefühl, als würde jeden Moment das leckere Sandwich aus meinem Gesicht fallen. Wir hatten uns gegenseitig stundenlang beinahe bewusstlos gefickt, und nun kam sie mir damit, bald meine Stiefmutter zu sein?? Verflucht, ich musste hier weg, aber sowas von dringend.

„Na, das ist doch wunderbar, oder?“, sagte Dad und strahlte mich an. Gott, wenn er wüsste...
„Dann lasst uns mal eine Flasche Wein öffnen und unsere Verlobung feiern“. Mit einem stolzen Grinsen öffnete er den niedrigen Schrank, den er zu einem Miniatur-Weinkeller umfunktioniert hatte, griff nach dem Objekt seiner Begierde, holte drei Gläser aus einer Vitrine und ließ uns allein.


Ich starrte Bella einfach nur an und schüttelte den Kopf.

„Du willst das wirklich, oder?“, wollte ich wissen.

„Was?“

„Na, meinen Vater heiraten“

„Natürlich“, erwiderte sie lächelnd, „ich liebe ihn“.

„Ach, und daher der Sex im Fahrstuhl, huh? Hast du eigentlich das Wort ‚Treue‘ in deinem Wortschatz?“

„Ja, das hab ich, Edward, aber das war … nun … eine Ausnahmesituation, die mir übrigens nicht leid tut“, erwiderte sie grinsend und zuckte mit den Schultern. „Weißt du, Carlisle ist ein sehr zärtlicher und umsichtiger Liebhaber“ Ich muss kotzen. „Der Sex mit dir hingegen war heiß wie Hölle, und ich mag das. Sehr“.

„Kommt ihr?“, rief mein Dad vom Wohnzimmer in die Küche, und ich zuckte vor Schreck zusammen.
Bella blieb total ruhig und ungerührt und drehte sich weg. „Wir kommen“, rief sie laut in die Richtung, aus der die Stimme meines Vaters kam, bedachte mich mit einem lasziven Zwinkern und näherte sich meinem Ohr.

„Obwohl das eigentlich gar nicht notwendig ist, denn wir sind bereits gekommen – fünf Mal …“, hauchte sie an meinem Hals, lachte leise und ließ mich einfach stehen. Oh mein Gott, was für eine verfluchte Scheiße, wie sollte ich mit dieser Situation hier umgehen? Könnte ich es irgendwann lernen, sie als meine Stiefmutter zu sehen? Nein, niemals.

Wäre es vielleicht doch besser, zu meiner Mum zu ziehen, um diese beiden Jungverliebten ihrer glücklichen Zweisamkeit zu überlassen? Hm … ich überlegte tatsächlich für ein paar Sekunden, doch die Antwort auf diese Frage war dieselbe wie zuvor. Nein, niemals. Gut, ich setzte also ein freundliches Lächeln auf und folgte den beiden ins Wohnzimmer, wo sie eng aneinander gekuschelt auf der Couch lümmelten und sich küssten. Gott, war mir schlecht.  

„Setz dich, Edward“, sagte Dad in dem Moment, als er sich von Bellas Lippen löste und ich gerade wieder kehrt machen wollte, um nicht quer über den dunkelgrauen Teppich zu kotzen. Verdammt, ich musste einfach lernen, mit dieser verfluchten Situation umzugehen, denn ich hatte keine Wahl. Also ließ ich mich elegant ins schwarze Leder fallen – natürlich den beiden gegenüber -, und machte gute Miene zum bösen Spiel.

„Nun, herzlichen Glückwunsch Dad und … Mom“, sagte ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht und hob das Glas. Mit Genugtuung stellte ich fest, dass Bella bei dem M-Wort kurz zusammenzuckte und mir einen seltsamen Blick zuwarf, der mich sogar kurz leise auflachen ließ.

„Danke, Sohn“. Mein Vater strahlte meine zukünftige Stiefmutter an, sie tat es ihm gleich. Ein paar Sekunden darauf stießen unsere Gläser aneinander, und ein melodisches Klirren erfüllte den Raum.

Es war bereits kurz nach halb vier, als ich mich entschuldigte und die illustre Runde verließ, um mich häuslich einzurichten und meine Sachen auszupacken. Das Sprechen und Gehen fiel mir etwas schwer, da wir letztendlich nicht eine, sondern drei Flaschen Wein vernichtet hatten.

Ich taumelte also vorsichtig, langsam und kichernd die Treppen hoch, betrat mein Zimmer, kickte lässig die Tür hinter mir zu und schmiss mich lachend auf mein Bett. Der Grund für meine gute Laune war der Plan, den ich soeben ausgeheckt hatte, und er amüsierte mich zutiefst.

Nach der zweiten Flasche Wein wurde mir bewusst, dass ich unter keinen Umständen Bella als meine Stiefmutter akzeptieren könnte, niemals, never ever. Ich konnte es nicht ertragen, wenn mein Dad sie anfasste oder küsste, es passte einfach nicht. Aber warum? Okay, ich hatte mit Icequeen den besten Sex meines Lebens, aber ich wollte doch nichts von ihr. Eigentlich konnte sie machen, was sie wollte, mit jedem vögeln, den sie begehrte, aber NICHT MIT MEINEM DAD, Herrgott nochmal.

Egal, ich würde sie heiß machen und versuchen, sie davon zu überzeugen, dass auch sie nicht meine Stiefmutter sein wollte. Ich musste sie einfach dazu bringen, von sich aus das Weite zu suchen. SIE war diejenige, die merken müsste, dass das so nicht geht. Und wenn sie ein wenig Anstand und Ehrgefühl hatte, dann würde sie das tun und Dad verlassen.

Aber würde sie damit nicht meinem Vater das Herz brechen? Das verliebte Herz, welches ihn so unglaublich glücklich machte und ihn förmlich aufblühen ließ? Oh fuck, was sollte ich bloß tun?

Das Lachen erstarb und gefror zu einem eiskalten, starren Blick, der sich zum Fenster richtete und auf die Regentropfen konzentrierte, die dagegen klatschten und unaufhörlich ihre Spuren wie silberne Fäden nach unten zogen. Minutenlang lag ich so da, seufzend, grübelnd, überlegend und gottverdammt frustriert, als ich mich erhob und leise vor mich hin fluchend ins Badezimmer ging. Dort angekommen fiel mir auf, dass mein Koffer nach wie vor verschlossen und unberührt in der Ecke stand, also tat ich das, warum ich eigentlich nach oben ging und packte aus.

Zwanzig Minuten später fühlte ich mich eigentlich ganz gut. Ich war endlich vollkommen zu Hause, und mein Zimmer wirkte so richtig bewohnt. Lächelnd ging ich erneut ins Bad und drehte die Dusche auf. Es war MEIN Bad, gehörte zu MEINEM Zimmer, und ich verstand letztendlich, dass ich mit niemandem mehr teilen musste.

Tanja war die Hölle, wenn es darum ging, diesen speziellen Raum in Anspruch zu nehmen. Ich musste mich sofort verpissen, wenn Madame es für notwendig erachtete, sich aufzustylen, in mühsamster Kleinarbeit ihr Haar Strähne für Strähne in die passende Richtung zu legen, oder sonstigen Kram zu erledigen. Und nun – es gehörte alles mir. Nur mir.

Mit einem zufriedenen Lächeln betrat ich die Dusche und pfiff leise vor mich hin, während ich meinen Körper einer gründlichen Pflege unterzog und diese wieder verließ. Ich trocknete mich ab, wickelte mir eines jener flauschigen, weißen Handtücher um die Hüften, welche mein aufmerksamer Dad für mich bereit gelegt hatte, und schlenderte zurück in mein Zimmer, welches ebenfalls mir gehörte. Mir ganz allein.

Auf dem Weg dorthin rubbelte ich mit einem kleineren Handtuch über mein nasses Haar und erschrak beinahe zu Tode, als ich es über eine Sessellehne legte und sah, wer sich außer mir noch in diesem Raum befand.

Icequeen saß lächelnd auf meinem Bett. Das rechte Bein hatte sie über das linke geschlagen, der rechte Ellenbogen war darauf abgestützt, und das Kinn lag in ihrer Hand. Ihr lüsterner Blick glitt an meinem spärlich bedeckten Körper auf und ab und ihr Lächeln machte mir förmlich Angst.

„Was wird das hier, wenn es fertig ist?“, fragte ich sie mit hochgezogener Augenbraue und ging zu meinem Schrank, um so schnell wie möglich Kleider über meine nackte Haut zu ziehen.

„Nichts“, erwiderte sie vollkommen unberührt, doch ihr seltsames Lächeln änderte sich nicht. Sie blickfickte mich – minutenlang. Als wäre es die normalste Sache der Welt, scannten ihre Augen meinen Körper, immer und immer wieder. Rasch packte ich eine Boxershorts, eine frische Jeans und ein schlichtes, schwarzes Shirt, zog mich ins Bad zurück und kleidete mich an.

Als ich wieder mein Zimmer betrat, lehnte sie an der Wand neben der Tür. Mit vor der Brust überkreuzten Armen und übereinander geschlagenen Beinen grinste sie mich an und blickfickte weiter. Gott, was sollte das? Verdammt, diese Verrückte war kurz davor, meinen Vater zu heiraten, also warum zur Hölle tat sie das?

„Hör mal, das geht nicht, würdest du bitte mein Zimmer verlassen und aufhören, mich SO anzusehen? Du bist die Verlobte meines Vaters, Herrgott nochmal, was soll die ganze Scheiße?“

„Nun, du gefällst mir“, antwortete sie, als wäre das ganz normal, „und dich anzusehen wird wohl nicht verboten sein. Dagegen kannst du nichts machen, Edward. Ja, ich werde deinen Vater heiraten, denn ich liebe ihn, aber du …“. Sie hielt inne und sah mich einfach an. Ihr Lächeln gefror und ihre Augen wurden dunkel, als sie langsam auf mich zukam und mir plötzlich bewusst wurde, was hier demnächst passieren würde, wenn ich es zuließe.

Raschen Schrittes ging nun ich auf sie zu, drängte sie zurück an die Wand, presste sie mit meinem Oberkörper dagegen und starrte sie an.

Weißt du, was wirklich schade ist?“ Sie riss die Augen auf, keuchte, da wir uns in diesem Moment wirklich verflucht nahe waren und schüttelte den Kopf.

„Dass ich dich bei allen fünf Orgasmen nicht SEHEN konnte“. Nun schloss sie die Augen, lehnte ihren Kopf gegen die Wand und zuckte mit den Schultern.

„Das finde ich auch“, erwiderte sie leise. Grinsend ließ ich von ihr ab und holte das kleine Handtuch, welches ich über die Sessellehne gelegt hatte, um noch einmal über mein nasses Haar zu rubbeln. Sie lehnte nach wie vor vollkommen perplex an der Wand, als ich sie ersuchte, mein Zimmer zu verlassen und sich demjenigen zu widmen, zu dem sie gehörte.

„Carlisle  ist nicht da“, erklärte sie mir, „er wurde vom Krankenhaus wegen eines Notfalles angepiepst und musste weg“. In diesem Moment lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Dad war tatsächlich oft und vor allem auch überraschend unterwegs, da er als Chefarzt am Forks Community Hospital immer wieder kontaktiert wurde, wenn es Schwierigkeiten gab. Das hieß wiederum, dass es in Zukunft viel Zeit geben würde, in der ich mit Bella allein in diesem großen Haus wäre. Viel Zeit, um … Scheiße.

„Glaub bloß nicht, dass ich mit dir in die Kiste steigen werde, kaum, dass mein Dad in die Arbeit muss. Das kannst du dir abschminken, Lady. Du hast dich offensichtlich für ihn entschieden, also wäre ich dir sehr dankbar, wenn du mich in Ruhe lassen würdest. Und nun lass mich bitte allein“. Ich drehte mich um, ließ sie einfach stehen und ging zurück Richtung Bad.

Verdammt, ICH wollte SIE doch heiß machen, um sie zu überzeugen, meinen Dad NICHT zu heiraten, doch die Sache ging irgendwie schief. Dieses Biest wollte mich tatsächlich verführen, um eine Art Dreiecksbeziehung zu beginnen. Hochzeit mit dem Vater, Sex mit dem Sohn. Die war doch komplett durch geknallt.

Seufzend stützte ich mich auf den Rand des Waschbeckens und senkte meinen Kopf, während ich bemerkte, dass sie mir gefolgt war und plötzlich neben mir stand.

„Es ist … es tut mir leid. Ich wollte nicht … Ach, vergiss es, ich werde mich dir nicht mehr nähern, auf … DIESE Art“, stotterte sie herum und ließ mich endlich allein. Verdammt, was war das bloß für eine Scheiße hier?

Als sie noch in meinem Zimmer war, passte es mir nicht, doch nun, da sie es verlassen hatte, war es auch irgendwie … falsch. Wollte ich sie? Wollte ich ihren Körper und den Sex? Fuck, ich wusste es nicht.
Der Regen hatte mittlerweile aufgehört, und immer öfter blinzelte die Sonne hinter den dicken, grauen Wolken hervor. Die Luft war warm und feucht, was sich mit jedem Sonnenstrahl auch noch verstärkte. Langsam klarte sich der Himmel auf, doch meine Gedanken taten es nicht.

Seufzend und vollkommen verwirrt sank ich auf mein Bett, stützte meine Ellenbogen auf die Knie und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Während ich heftig darüber rieb, stellte ich mir im Geiste immer wieder die gleiche Frage – Wollte ich sie? Was waren das bloß für seltsame Empfindungen, die mich mit dieser Frau verbanden?

Zählen wir einmal die Fakten auf:
Sie hatte einen traumhaften Körper, ein wunderschönes Gesicht, der Sex mit ihr war fantastisch, und irgendwie zog sie mich magisch an.

Aber:
Sie war die Verlobte meines Vaters, würde demnächst meine Stiefmutter sein und … fuck, gehörte IHM. Ich hatte absolut nicht das Recht, so über sie zu denken, denn sie ging mich nichts an. Der Sex im Fahrstuhl war eine einmalige, nun gut, fünfmalige Sache, aber es war vorbei. Icequeen hatte sich für meinen Vater entschieden, und ich musste damit leben. Over and Out.

Scheiße, nein. Verfluchte, gottverdammte Scheiße, ich wollte mich mit diesen Fakten nicht abfinden, wollte sie ficken, wenn es mir danach war. Ich überlegte. Eine Minute. Zwei Minuten. Fünf Minuten.

Sollte ich es drauf ankommen lassen und sie nehmen, wann immer es Dads Abwesenheit erlaubte? Er würde es doch nicht erfahren, und wir … Fuck, was dachte ich da bloß? Gott, ich war ein Schwein, ein skrupelloses, selbstsüchtiges, gieriges Schwein. Und ja, ich war auch ein Mann, der ständig vom heißesten weiblichen Wesen umgeben war und es vermutlich über kurz oder lang nicht schaffen würde, dessen Reizen zu widerstehen. Verdammt, ich war am Arsch, aber sowas von.

Andererseits hatte ich aber auch keine Wahl, der ganzen Scheiße hier zu entrinnen. Meine Ehe hatte sich erledigt, und ich würde es ganz sicher bevorzugen, monatelang still und heimlich vor mich hin zu leiden, als jemals wieder einen Fuß in die gleichen Räume zu setzen, in denen Tanja sich befand. Ebenso wenig kam es für mich in Frage, ein von früh bis spät kontrolliertes Dasein bei meiner Mom zu fristen, also stand wohl fest, wie es weiterging.

Nachdem sich der kleine Wein-Rausch beinahe verflüchtigt und sich mein Magen lautstark zu Wort gemeldet hatte, verließ ich mein Zimmer und tapste regelrecht ängstlich die Treppen nach unten, um so schnell wie möglich in der Küche zu verschwinden. Ängstlich, weil ich der heißesten Braut ever nicht über den Weg laufen wollte. Yeah, Braut. Nämlich die meines Vaters. Fuck.

Gott sei Dank war ich vollkommen allein, als ich mir ein paar Eier verquirlte, sie mit ein wenig Schinken und Käse verfeinerte, würzte und das heißgeliebte Gemisch in eine erhitze Pfanne kippte. Fünfzehn Minuten später grinste ich zufrieden und satt vor mich hin und rieb mir den herrlich gefüllten Bauch. Aber wo war SIE hin verschwunden? Hatte sie sich vom Acker gemacht? War ihr dies alles ebenso zuviel geworden wie mir?

Kopfschüttelnd wegen der Tatsache, dass die Terrassentür weit offen stand, ging ich mit einem kleinen Rülpsen auf den Lippen dorthin und erstarrte, als ich den Grund dafür erkennen konnte.

Bella lag auf einem weißen Liegebett neben dem Pool, lediglich bekleidet mit einem dunkelblauen Hauch von Nichts und genoss die wenigen Sonnenstrahlen, mit denen wir hier in Forks verwöhnt wurden. Was wollte sie damit bezwecken? Nach dem Regen war alles hier draußen nass, und ein Blick in den Himmel sagte mir, dass der nächste Schauer wohl nicht lange auf sich warten lassen würde. Abgesehen davon hatte ich mich schon oft gefragt, warum wir eigentlich in diesem Regenloch einen Pool brauchten, doch nun wusste ich es. Allein dieser kurze, wahnsinnig heiße Anblick war diese Anschaffung wert, verdammt nochmal.

Ich lehnte mich mit verschränkten Armen und Beinen gegen die Terrassentür und ließ meinen nicht ganz  jugendfreien Blick über dieses Prachtweib gleiten. Über die zarten Rundungen ihrer leicht gebräunten und sehr spärlich bedeckten Brüste, ihren flachen Bauch, die endlosen, perfekt geformten Beine, die sie nun leicht angewinkelt hatte, und über dieses wunderschöne Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen, die Lippen leicht geöffnet, und sie erweckte den Eindruck, als würde sie schlafen. Konnte man das denn mit angewinkelten Beinen? Nun, es war mir egal.

Langsam und wie in Trance bewegte ich mich auf sie zu, konnte absolut nichts dagegen unternehmen. Mein Körper wollte mir nicht gehorchen, als ich mich dieser Göttin wider jegliches logische Denken näherte, einfach nur, um ihr nahe zu sein. Zur Hölle, diese Frau war die Verlobte meines Vaters, was machte ich hier?

„Würdest du mir bitte aus der Sonne gehen, Edward?“, sagte sie leise, blinzelte und lächelte mich an. Erschrocken stellte ich fest, dass ich tatsächlich vor ihr stand und mein Körper einen langen Schatten auf ihren warf.  Abgesehen davon hörte sich mein Name aus ihrem Mund an wie eine Symphonie und ich spürte, dass sich ein seltsames Unbehagen in meinem Körper ausbreitete. Wo kam das her? Irgendwie fühlte es sich an wie … Eifersucht? Gott, was sollte dieser Scheiß? War ich tatsächlich eifersüchtig auf meinen Dad, weil ER sie haben konnte und ich nicht? Fuck.

„Du solltest dich eincremen“, kam es aus meinem verfluchten Mund, der genauso wenig auf meinen logischen Verstand hörte wie der Rest meines verräterischen Körpers. Ich sollte umdrehen, einfach gehen und Bella sich selbst überlassen. Außerdem wäre es ohnehin absolut idiotisch, sich nach 17 Uhr, noch dazu in Forks, einzucremen. Dennoch kam, was kommen musste.

„Ach, wir haben schon späten Nachmittag, ich denke nicht, dass die Sonne noch so gefährlich ist. Abgesehen davon bin ich sehr faul, was das Eincremen betrifft, aber du könntest mir ja zur Hand gehen“. Das hatte ich nun davon. Bravo, Cullen, wirklich gut gemacht. Und jetzt?

‚Schnapp dir die Sonnencreme und gib Gas, Tiger‘,flüsterte mir der kleine Teufel ins Ohr, der mich schon mehrmals dazu angestiftet hatte, heftig Mist zu bauen.

„Halt die Klappe“, sagte ich leise und zuckte zusammen.

„Was?!“. Bella stützte sich auf ihre Ellenbogen, blinzelte in die Sonne, die ich mittlerweile wieder auf ihren wundervollen Körper scheinen ließ und runzelte die Stirn. „Geht’s noch?“

„Es ist … tut mir leid, ich meinte nicht dich. Vergiss es einfach, wo ist die Creme?“ Da haben wir den Salat. Nun war ich geliefert. Ich müsste sie also anfassen, und ich war mir vollkommen bewusst, was das bedeutete.

‚Dein Dad ist nicht da, also tu, was du tun musst‘. Gott, dieser kleine Arsch ging mir wirklich auf den Sack. Dennoch müsste ich mir unbedingt abgewöhnen, auf seine beschissenen Kommentare zu antworten. Irgendwann würde ich wohl oder übel in einer Klapse landen, also hielt ich den Mund und nahm die gelbe Plastikflasche entgegen, die mir Bella grinsend in die Hand drückte.

„Dreh dich auf den Bauch“, forderte ich verdächtig heiser, tief und rau. Gut, sogar meine Stimme ließ mich also im Stich. Fantastisch. Dennoch wäre es besser, wenn sie mich nicht sehen konnte, da ich genau wusste, welche Folgen dieses Eincremen für mich hatte. Für mich und meinen … Fuck.

Begleitet von einem leisen Kichern tat sie, was ich von ihr verlangte und präsentierte mir wenige Sekunden ihren makellosen Rücken und … oh mein Gott, dieser Arsch…

Das kleine, dunkelblaue Dreieck des Strings war nicht mehr als eine lächerliche Ablenkung von dem, was sich darunter befand. Göttliche, knackige, ebenso leicht gebräunte Backen betörten meine Sinne und flehten mich beinahe an, sie zu kneten, zu küssen, lecken, kneifen, doch am liebsten hätte ich sie geschlagen. Geschlagen für das, was sie mir mit ihrem Körper antat. Ich schüttelte meinen Kopf bei dem Gedanken, was wäre, wenn sie es liebte, geschlagen zu werden. Immer heftiger riss ich meinen kranken Schädel hin und her, um diesen heißen Verdacht so rasch wie möglich wieder loszuwerden, und kurz darauf gelang es mir.

„Hey, wenn du nicht bald beginnst, wird die Nacht über uns hereinbrechen“, machte sie sich über mich lustig, also holte ich tief Luft, stellte mich neben das Bett und legte los.

Ich schob ihre vom Poolwasser nach wie vor nasse Mähne vorsichtig auf die Seite, träufelte ein wenig Sonnencreme auf ihren Rücken und hielt inne, denn ich hatte Angst davor, dass sie mich jeden Moment auffordern würde, ihr Bikini-Oberteil zu öffnen, um sie anständig eincremen zu …

„Du kannst ruhig das Oberteil öffnen. Ich verspreche, mich nicht zu bewegen“, gluckste sie und mir rutschte augenblicklich das Herz in die Hose. Dieses Miststück versuchte gerade, mich um den Finger zu wickeln, und so sicher wie das Amen in der Kirche würde sie sich sehr wohl bewegen und mir ihre Brüste … oh mein Gott. Nein, das konnte ich nicht. Zur Hölle, wo war mein Dad??

„Schon klar“, murmelte ich und fügte gespielt gelangweilt hinzu, „Bis wann wird dein Verlobter eigentlich wieder zu Hause sein?“. Ich öffnete vorsichtig und mit leicht zitternden Fingern die Masche an ihrem Rücken, die das kleine Stückchen Stoff an ihrem Körper hielt und legte die zwei Bänder neben sie auf das Bett.

„Ach, das wird dauern. Es geht um einen Verkehrsunfall mit mehreren Involvierten. Teilweise schwer verletzt. Carlisle meinte, er würde die ganze Nacht im Krankenhaus verbringen, und ich sollte nicht auf ihn warten“, sagte sie ebenso gelangweilt, zuckte mit den Schultern, so gut sie eben konnte und forderte mich erneut auf, endlich mit dem Eincremen loszulegen.

‚Du wirst oft mit ihr allein sein, was für ein Pech aber auch‘, flüsterte der  abartige, kleine Teufel in meinem kranken Hirn und pisste mich wirklich an. Obwohl – er hatte recht, aber sowas von.
Doch was  wäre ich für ein missratener Sohn, wenn ich diese Tatsache so eiskalt ausnutzen würde, um bei jeder Gelegenheit seine Verlobte zu vögeln? Nein, nein, nein, niemals würde ich das tun. Ich liebte meinen Dad und wäre dazu auch gar nicht in der Lage. Oder doch? Scheiße.

„Nun mach doch endlich, Herrgott nochmal“, fauchte sie mich an und hämmerte mit ihren zarten Füßen ungeduldig gegen das Bett. Dabei wackelte das knackige Fleisch ihres Arsches auf eine so betörende Art und Weise, dass ich kurzfristig die Luft anhalten musste, um ein Stöhnen zu verhindern.

Mit einem kaum hörbaren Schwall stieß ich die angehaltene Luft wieder aus, schwor mir selbst, dass ich sie eincremen und dann wieder abhauen würde, und begann, die Sonnencreme langsam und zärtlich auf ihrer Haut zu verteilen. Zärtlich?? War ich denn komplett verrückt geworden?

Gut, also erhöhte ich den Druck, und aus der zärtlichen Behandlung wurde eher eine kraftvolle, die einer Massage entsprach. Die Geräusche, die ich ihr nun allerdings entlockte, waren schlimmer als alles andere, was ich bisher durchgemacht hatte. Sie stöhnte, keuchte und seufzte, als meine großen Hände an ihrem schmalen Rücken gekonnt auf und ab glitten, und nun war es auch mein Schwanz, der sich regte und diese Situation gefährlich werden ließ. Ich müsste ab sofort unbedingt vermeiden, dass sie sich umdrehen und meine Erektion sehen würde, also ließ ich mir Zeit und verwickelte sie in ein Gespräch.

„Sag mal, warum warst du eigentlich gestern - an einem Sonntagabend - in diesem Fahrstuhl, und nicht bei deinem Date?“ Wieder dachte ich daran, dass diese fünf Kondome eigentlich für meinen Vater gedacht waren, und ich musste mich wirklich beherrschen, um ihr nicht quer über ihren perfekten Rücken zu kotzen.

„Falls es dir nicht aufgefallen ist“, begann sie, und ich war heilfroh über mein gelungenes Ablenkungsmanöver, „drückte ich auf die 12, denn ich arbeite da, mein lieber Stiefsohn“. Sie kicherte ein paar Sekunden leise vor sich hin und fuhr fort. Sehr witzig. „Nun, ich bin zur Hälfte Eigentümerin einer noch sehr jungen Kosmetikfirma und verbrachte den Nachmittag mit meiner Geschäftspartnerin. Shoppen und so, du weißt. Frauenzeug eben“, sie kicherte neckisch und fuhr fort.
„Nachdem ich mich von ihr verabschiedet hatte, wollte ich eigentlich gleich nach Forks fahren, doch dann fiel mir ein, dass ich diverse Unterlagen eines potentiellen Kunden mit nach Hause nehmen könnte, um sie dort zu prüfen, und deshalb war ich hier“. Oh Man, sie arbeitete im selben Bürokomplex wie ich? Nicht gut, gar nicht gut.

„Und wie lange schon? Ich meine, warum sind wir uns noch nie über den Weg gelaufen?“

„Wir haben unsere Räumlichkeiten erst vor einer Woche bezogen, deshalb sind wir uns vermutlich noch nicht begegnet, aber es könnte durchaus sein, dass dies noch des Öfteren geschehen wird“. Tolle Aussichten. Ich seufzte beinahe verzweifelt in mich hinein und bemerkte in diesem Moment, dass sich eine dicke, dunkelgraue Wolke vor die Sonne schob und sich der Himmel verdunkelte. Naja, eben Forks…

Rasch suchte ich nach den Bändern von Bellas Bikini-Oberteil, verschloss sie mit einer Masche und war furchtbar froh, ihren nackten Brüsten entkommen zu sein. „Oh Mann, ich hasse dieses Regenloch“. Leise fluchend setzte sie sich auf und klopfte mit der linken Hand neben sich. „Setz dich noch ein Weilchen zu mir“.

Nach ein paar Sekunden hoffnungslosen Zögerns nahm ich Platz und beobachtete hochgradig interessiert, dass sich der Himmel über uns zusehends verdunkelte und sich wieder einmal ein Unwetter zusammen braute.

„Nun hast du mir wohl umsonst den Rücken eingecremt, huh?“, fragte sie mit einem neckischen Grinsen im Gesicht, und ich wollte am liebsten laut schreiend das Weite suchen, um irgendwo im Niemandsland zu verschwinden und nie wieder aufzutauchen. Ich zuckte als Antwort lediglich mit den Schultern, was sollte ich denn schon großartig sagen?

„Arbeitest du eigentlich auch in diesem Haus?“ Gott, war ich froh über diesen Themenwechsel, also klärte ich sie sofort auf.

„Jap. Jazz – mein Bruder – und ich haben uns selbständig gemacht. Wir haben unseren Firmensitz im 18. Stock, und zwar seit über fünf Jahren“.

„Wow, das ist ja ziemlich cool. Und? Läuft die Firma gut?“

„Bestens, vielen Dank. Wir haben mittlerweile fünf Mitarbeiter, auf die wir uns zu hundert Prozent verlassen können, und die Auftragslage ist perfekt“. Der Smalltalk lief wirklich prächtig, und in diesem Moment waren wir einfach Freunde. Binnen weniger Minuten verstanden wir uns so gut, dass ich ihr alles über Tanja erzählte und wir uns einen ablachten, weil sie mich rausgeworfen hatte und ich auf meiner verhassten roten Couch schlafen musste.

„Wirst du dich scheiden lassen?“, wollte sie wissen, als eine zarte Gänsehaut ihren Körper überzog, da ein kühler Wind aufgekommen war.

„Ja“, antwortete ich und legte ihr das Handtuch über die Schultern, welches auf dem kleinen Tischchen neben dem Liegebett lag. „Aber ich habe keinen Bock auf die ganzen Rennereien und hoffe daher, dass sich meine Frau um alles kümmert. Sie bekommt dann eben meine Unterschrift, das muss reichen“

Kichernd schmiegte sie sich ins weiche Frottee, nannte mich einen schlimmen Finger und lehnte sich seufzend an meine Schulter. WTF??

„Sag einmal, warum bist du eigentlich hier? Solltest du nicht arbeiten?“, lenkte ich schnell ab und erwartete eine rasche Antwort.

„Wir warten noch auf einige Möbel, das Fax und unseren Kopierer, die Lieferung hat sich wohl verzögert. Rose - meine Geschäftspartnerin - kümmert sich um das Wichtigste, sie meinte, ich solle mir mit meinem Verlobten ein paar schöne Tage gönnen. Ab nächster Woche geht es dann richtig los. Deshalb wollte ich gestern Abend auch die Unterlagen holen, um sie daheim zu studieren. Und du?“, sagte sie nach wie vor an meiner Schulter lehnend und sah mich keine Sekunde an.

„Schlicht und ergreifend: Urlaub“, erwiderte ich und zuckte mit den Schultern, vielleicht auch in der Hoffnung, sie würde aufhören, sich an mich zu kuscheln, doch es funktionierte nicht. Mit einem „Mmmmh“, kommentierte sie meine Erklärung und schwieg.

„Ach, Edward“, sagte sie nach einer gefühlten Ewigkeit leise und seufzte tief, „können wir nicht einfach … Freunde sein?“

„Wir könnten es ja versuchen. Es bleibt uns ohnehin nichts anderes übrig. Mom“. Wieder zuckte sie zusammen, und ich musste lachen. „Was?! Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass ich dich Mom nennen werde. Auch wenn du niemals auch nur annähernd diese Bezeichnung verdienen würdest, denn ich habe nur eine Mutter.  Dennoch werde ich es genießen, dir diesen Titel zu verpassen, tut mir leid“. Plötzlich schoss sie hoch, wickelte sich das große Handtuch um die Schultern, funkelte mich zornig an, packte wütend die Sonnencreme und lief hastig ins Haus.

Mit einem amüsierten Grinsen legte ich mich aufs Liegebett, überkreuzte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen. Gott, was für eine verfahrene Situation.

Das Gespräch mit Bella tat gut, und ich hatte wirklich das Gefühl, dass die Freunde-Sache klappen könnte, doch ganz sicher war ich mir immer noch nicht. In meinem tiefsten Inneren wusste ich, dass ich mehr von ihr wollte, doch ich durfte nicht. Es war meine Pflicht, mich von ihr fernzuhalten, und ich untersagte mir selbst, SO an sie zu denken. An sie und ihren gottverdammt perfekten  Körper, den unglaublich heißen, hemmungslosen Sex. Scheiße.

Ich erschrak, als ein dicker Regentropen auf meine Stirn klatschte und ergriff die Flucht. Der Regen in Forks konnte wirklich ausarten und binnen Sekunden zu einem Unwetter mutieren, also ging ich ins Haus, verriegelte die Terrassentür und lief die Treppen nach oben, um mich in meinem Zimmer zu verschanzen.

Kaum dort angekommen, klingelte mein Handy. Oh Man, Tanja.

„Ja?“, murmelte ich angepisst und schon ging es los.

„Baby, was ist los? Wo bist du? Warum meldest du dich nicht? Warum kommst du nicht nach Hause? Ich vermisse dich. Bitte – du kannst unsere wundervolle Beziehung doch nicht auf diese Art und Weise enden lassen. Also ehrlich, das…“

„Tanja“, unterbrach ich ihren nervigen Redeschwall, „es ist vorbei, wann begreifst du das endlich? Ich genieße die Freiheit hier bei meinem Dad, und ich werde nicht mehr in unsere gemeinsame Wohnung kommen. Vergiss es, Tanja. Du kannst sie behalten, wenn du willst, es ist mir egal, aber bitte lass mich einfach in Ruhe. Ich habe keinen Bock mehr darauf, in jeder einzelnen Sekunde überwacht und bespitzelt zu werden, es reicht. Außerdem bist du gefährlich, und ich habe keine Lust mehr auf deine diversen Wurfgeschosse. Ich will die Scheidung.“ Plötzlich war es mir egal, ob sie sich um den ganzen Papierkram kümmern würde oder ich selbst. Ich wollte diesen Scheiß einfach nur hinter mich bringen und meine Ruhe haben.

„Du … du…“, stotterte sie herum und verstummte. Während ich am anderen Ende der Leitung nur lautes Keuchen hörte, verdrehte ich die Augen und fuhr mir angepisst durchs Haar. Obwohl ich es eigentlich nicht mochte, in meinem Zimmer zu rauchen, steckte ich mir bereits zum zweiten Mal an diesem Tag eine Kippe an, holte den kleinen Aschenbecher, der auf der Kommode stand, stellte ihn auf den Nachttisch und schmiss mich seufzend aufs Bett.

„Ja, Tanja, du hast richtig gehört, ich will die Scheidung, und zwar so schnell wie möglich“. Funkstille.

„Oh nein, das kannst du nicht machen“.

„Oh doch, das kann ich“.

„Na gut“, und plötzlich war sie eiskalt, distanziert und sprach mit mir wie mit einem Fremden, „du hörst von meinem Anwalt, und glaub mir – du wirst diesen Schritt bitter bereuen“. Während ich leicht nervös an meiner Zigarette zog und den Rauch tief inhalierte, legte sie auf.

Okay, Anwalt. Fuck.
Hatte ich es doch ein wenig übertrieben? Würde sie nun versuchen, mich fertig zu machen? Ich brauchte einen guten Rat, und zwar schnell.

Ich wusste, dass Jazz mir jederzeit zur Verfügung stand, wenn es darum ging, diverse Problemchen auszumerzen, also drückte ich sofort auf die Kurzwahltaste 2.

„Hey, Bro, wie geht’s? Wie läufts mit unserer neuen Mom?“

„Naja, geht so. Ich erzähl dir ein anderes Mal mehr davon, aber nun brauche ich deine Hilfe“. Obwohl Jazz wusste, was ich im Fahrstuhl mit Icequeen getan hatte, war ihm die Tatsache natürlich nicht bekannt, dass es sich hierbei um unsere zukünftige Stiefmutter handelte, und so sollte es auch noch eine Weile bleiben. Also ging ich nicht näher auf diese Frage ein und lenkte ab.

„Ist etwas passiert?“

„Nein … ja, eigentlich schon. Ich will mich von Tanja scheiden lassen, und zwar so schnell wie möglich. Gerade eben hab ich mit ihr telefoniert, und dieses Miststück droht schon jetzt damit, mich fertig zu machen. Kennst du vielleicht einen guten Scheidungsanwalt, der mir in diesem Falle helfen könnte?“

„Hmmm….“, er überlegte eine Weile, doch ich wollte ihn auf keinen Fall dabei stören. Also kümmerte ich mich um meine Zigarette, rauchte sie zu Ende, drückte sie aus und vergewisserte mich nach einer guten Minute, ob er noch am Leben wäre. „Jazz?“

„Ja, warte einen Moment, ich habs gleich“. Ich hörte, dass er wie wild auf seiner Tastatur herumhämmerte, und dann hatte er scheinbar, was er suchte. „Yeah, hier ist sie“.

„Sie?“

„Edward, ein alter Schulfreund von uns – Emmett McCarthy, ich weiß nicht, ob du dich noch an ihn erinnern kannst – war vor kurzem in eine üble Scheidung verwickelt. Er hatte eine fantastische Anwältin an seiner Seite. Jung, euphorisch, brillant. Die Frau nimmt kein Blatt vor den Mund und hat Em wirklich vor dem Gröbsten bewahrt. Wir haben uns vor kurzem zufällig hier in Seattle getroffen, und er hat mir davon erzählt.“

Emmett McCarthy … hm … ich schloss für einen Moment die Augen, forschte im hintersten Winkel meines Gehirns nach dem Mann, der zu diesem Namen gehören könnte, und dann fiel es mir wieder ein. Wir waren zusammen auf der High School und verstanden uns recht gut, sahen uns aber seither nie mehr wieder, da er ins Ausland ging. Er war ein toller Kumpel, groß, durchtrainiert, unglaublich verfressen, und hatte ein furchtbar loses Mundwerk, welches ihm schon die eine oder andere Schlägerei eingebracht hatte. Yeah, das war Emmett McCarthy.

„Ja, ich kann mich erinnern“, sagte ich zu meinem Bruder, der nach wie vor auf der Tastatur herumklopfte und leise vor sich hin fluchte. „Ist alles okay bei dir?“. Plötzlich bekam ich ein schlechtes Gewissen, weil ich es mir hier in Forks gut gehen ließ, während Jazz sich allein in der Firma abkämpfen musste, doch er beruhigte mich sofort.

„Mach dir keine Sorgen, es läuft bestens. Also – was hältst du nun von meinem Vorschlag?“

„Hört sich gut an. Kennst du eigentlich diese Anwältin, von der Emmett so schwärmte?“

„Nein, natürlich nicht, woher denn auch? Obwohl – wenn ich es mir recht überlege, könnte ich mir vorstellen, ihre Dienste auch bald in Anspruch zu nehmen. Jessica macht mich krank, Bro, ich mach das nicht mehr lange mit.“

„Oh Man, das tut mir leid. Gibt es denn vielleicht auch so etwas wie Doppelscheidungen? Du weißt schon, wie bei den Hochzeiten. Möglicherweise bekommen wir einen Mengenrabatt“, gluckste ich ins Telefon, und wir kicherten eine Weile vor uns hin.

„Wer weiß? Wir könnten sie ja fragen. Also - Ich hab vorhin ihren Namen und die Adresse ihrer Kanzlei gegoogelt. Du kannst die Daten haben, wenn du Interesse hast“.

„Ja, bitte, her damit, ich hab ohnehin keine andere Wahl“. Ich seufzte, erhob mich, holte ein Blatt Papier und einen Stift. Mit diesen beiden Utensilien bewaffnet setzte ich mich zu meinem Schreibtisch und lauschte den Worten meines Bruders.

„Okay, ihr Name ist Alice Brandon, (Beta-A/N:  NEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIINNNNN *bekommt einen Heulkrampf* -->  Autsch… *schluck*) und du findest ihre Kanzlei in der 1708 Belle-vue Ave, hier in Seattle.  Ruf jedoch vorher an, denn die Frau ist heiß begehrt, du wirst einen Termin vereinbaren müssen. Also, hier ist die Nummer …“, er tippte ein paar Mal und meldete sich gleich wieder zu Wort, „206 957-2248. Wenn du tatsächlich dorthin gehen solltest, frag sie gleich, ob sie Mal Zeit hat, auch mir bei der Beendigung meiner Ehe beizustehen.“ Er begann, leise zu lachen. Ich stimmte zwar ein, wurde jedoch schnell wieder ernst. Wenn ich über die Ehen in unserer Familie nachdachte, kam ich jedes Mal schwer ins Grübeln. Mom und Dad – erledigt. Edward und Tanja – erledigt.  Jazz und Jess – was für eine lustige Kombination – erledigt.

Vielleicht wäre es für alle Cullens besser, Single zu bleiben, und wie lange würde es wohl dauern, bis ich sagen könnte Carlisle und Bella – erledigt?  Spekulierte ich jetzt sogar schon darauf, diese Beziehung enden zu lassen, bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte?

„Edward? Bist du noch da?“ Ich erschrak leicht, als die Stimme meines Bruders meine wirren Gedankengänge unterbrach, diskutierte noch eine Weile mit ihm und versprach, demnächst Mrs. Brandon um einen Termin zu bitten. Immerhin musste ich sicher gehen, von Tanja nicht restlos abgezockt zu werden, also blieb mir keine andere Wahl.

„Bis dann, Jazz, ich halte dich auf dem Laufenden, wir sehen uns“, dann legte ich auf. Er fragte mich ein zweites Mal, wie es denn mit Dads Verlobter lief, doch ich wollte nicht darüber sprechen. Ich lenkte das Gespräch gekonnt in eine andere Richtung und redete um den heißen Brei. Mein Bruder kannte Bella noch nicht, doch Dad hatte ihn bereits für den kommenden Samstag zum Essen eingeladen, um dies nachzuholen. Oh Man, wie sollte ich Jazz bloß beibringen, dass es sich bei Icequeen um unsere zukünftige Stiefmutter handelte??

Die Sorge vor der nahen Zukunft ließ mich beinahe verzweifeln. Ich drehte mich auf den Bauch, seufzte tief in mein Kissen und dachte nach. Über Bella, meinen Vater, unsere kaputten Ehen, Tanja, die Scheidung….

Träge zog ich mich bis auf die Boxershorts aus, und mit einem leisen „Scheiße“ auf den Lippen schlief ich ein.

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